Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

einigen Schein für sich haben: Eine, wobey die
giftigen Ausdünstungen der Schlangen für die
Ursache ihrer Einwirkung auf andere Thiere an-
genommen wird, und eine zweyte, wobey man
voraussetzt, dass die Zauberkraft der Schlangen
sich nur auf Vögel erstreckt, die Nester mit
Jungen in der Nähe haben, und dass die Angst
dieser Thiere und ihr Herabkommen zur Schlange
blos Wirkungen der elterlichen Liebe sind, die
das Thier antreibt, seine bedroheten Jungen mit
eigener Lebensgefahr zu vertheidigen v). Für die
erstere Erklärung scheint zwar dies zu sprechen,
dass die Ausdünstung der Klapperschlange giftiger
Art ist. Allein nach den Beobachtungen von Mi-
chaelis
w) äussert dieses Gift betäubende Wir-
kungen, also ganz andere als die, welche der
Blick der Schlange hervorbringt. Thiere, die
jener mit einer Klapperschlange in einerley Be-
hälter setzte, wurden still, schläfrig und wie be-
rauscht. Vögel. Eichhörnchen u. s. w. hingegen,
die von einer Schlange angestarrt werden, blei-
ben nicht unbeweglich, sondern hüpfen von Zweig

zu
v) Beyde Erklärungen rühren von Kalm her (Ab-
handl. der Schwed. Akad. J. 1753. S. 63.) Die letz-
tere hat Barton in seiner angeführten, sehr ober-
flächlichen Schrift, nicht nur ohne Nennung des
wackern Kalm als ihren Urhebers, sondern selbst
mit Herabsetzung desselben, weiter ausgeführt.
w) A. a. O. S. 105.

einigen Schein für sich haben: Eine, wobey die
giftigen Ausdünstungen der Schlangen für die
Ursache ihrer Einwirkung auf andere Thiere an-
genommen wird, und eine zweyte, wobey man
voraussetzt, daſs die Zauberkraft der Schlangen
sich nur auf Vögel erstreckt, die Nester mit
Jungen in der Nähe haben, und daſs die Angst
dieser Thiere und ihr Herabkommen zur Schlange
blos Wirkungen der elterlichen Liebe sind, die
das Thier antreibt, seine bedroheten Jungen mit
eigener Lebensgefahr zu vertheidigen v). Für die
erstere Erklärung scheint zwar dies zu sprechen,
daſs die Ausdünstung der Klapperschlange giftiger
Art ist. Allein nach den Beobachtungen von Mi-
chaelis
w) äuſsert dieses Gift betäubende Wir-
kungen, also ganz andere als die, welche der
Blick der Schlange hervorbringt. Thiere, die
jener mit einer Klapperschlange in einerley Be-
hälter setzte, wurden still, schläfrig und wie be-
rauscht. Vögel. Eichhörnchen u. s. w. hingegen,
die von einer Schlange angestarrt werden, blei-
ben nicht unbeweglich, sondern hüpfen von Zweig

zu
v) Beyde Erklärungen rühren von Kalm her (Ab-
handl. der Schwed. Akad. J. 1753. S. 63.) Die letz-
tere hat Barton in seiner angeführten, sehr ober-
flächlichen Schrift, nicht nur ohne Nennung des
wackern Kalm als ihren Urhebers, sondern selbst
mit Herabsetzung desselben, weiter ausgeführt.
w) A. a. O. S. 105.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0475" n="463"/>
einigen Schein für sich haben: Eine, wobey die<lb/>
giftigen Ausdünstungen der Schlangen für die<lb/>
Ursache ihrer Einwirkung auf andere Thiere an-<lb/>
genommen wird, und eine zweyte, wobey man<lb/>
voraussetzt, da&#x017F;s die Zauberkraft der Schlangen<lb/>
sich nur auf Vögel erstreckt, die Nester mit<lb/>
Jungen in der Nähe haben, und da&#x017F;s die Angst<lb/>
dieser Thiere und ihr Herabkommen zur Schlange<lb/>
blos Wirkungen der elterlichen Liebe sind, die<lb/>
das Thier antreibt, seine bedroheten Jungen mit<lb/>
eigener Lebensgefahr zu vertheidigen <note place="foot" n="v)">Beyde Erklärungen rühren von <hi rendition="#k">Kalm</hi> her (Ab-<lb/>
handl. der Schwed. Akad. J. 1753. S. 63.) Die letz-<lb/>
tere hat <hi rendition="#k">Barton</hi> in seiner angeführten, sehr ober-<lb/>
flächlichen Schrift, nicht nur ohne Nennung des<lb/>
wackern <hi rendition="#k">Kalm</hi> als ihren Urhebers, sondern selbst<lb/>
mit Herabsetzung desselben, weiter ausgeführt.</note>. Für die<lb/>
erstere Erklärung scheint zwar dies zu sprechen,<lb/>
da&#x017F;s die Ausdünstung der Klapperschlange giftiger<lb/>
Art ist. Allein nach den Beobachtungen von <hi rendition="#k">Mi-<lb/>
chaelis</hi> <note place="foot" n="w)">A. a. O. S. 105.</note> äu&#x017F;sert dieses Gift betäubende Wir-<lb/>
kungen, also ganz andere als die, welche der<lb/>
Blick der Schlange hervorbringt. Thiere, die<lb/>
jener mit einer Klapperschlange in einerley Be-<lb/>
hälter setzte, wurden still, schläfrig und wie be-<lb/>
rauscht. Vögel. Eichhörnchen u. s. w. hingegen,<lb/>
die von einer Schlange angestarrt werden, blei-<lb/>
ben nicht unbeweglich, sondern hüpfen von Zweig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0475] einigen Schein für sich haben: Eine, wobey die giftigen Ausdünstungen der Schlangen für die Ursache ihrer Einwirkung auf andere Thiere an- genommen wird, und eine zweyte, wobey man voraussetzt, daſs die Zauberkraft der Schlangen sich nur auf Vögel erstreckt, die Nester mit Jungen in der Nähe haben, und daſs die Angst dieser Thiere und ihr Herabkommen zur Schlange blos Wirkungen der elterlichen Liebe sind, die das Thier antreibt, seine bedroheten Jungen mit eigener Lebensgefahr zu vertheidigen v). Für die erstere Erklärung scheint zwar dies zu sprechen, daſs die Ausdünstung der Klapperschlange giftiger Art ist. Allein nach den Beobachtungen von Mi- chaelis w) äuſsert dieses Gift betäubende Wir- kungen, also ganz andere als die, welche der Blick der Schlange hervorbringt. Thiere, die jener mit einer Klapperschlange in einerley Be- hälter setzte, wurden still, schläfrig und wie be- rauscht. Vögel. Eichhörnchen u. s. w. hingegen, die von einer Schlange angestarrt werden, blei- ben nicht unbeweglich, sondern hüpfen von Zweig zu v) Beyde Erklärungen rühren von Kalm her (Ab- handl. der Schwed. Akad. J. 1753. S. 63.) Die letz- tere hat Barton in seiner angeführten, sehr ober- flächlichen Schrift, nicht nur ohne Nennung des wackern Kalm als ihren Urhebers, sondern selbst mit Herabsetzung desselben, weiter ausgeführt. w) A. a. O. S. 105.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/475
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/475>, abgerufen am 05.05.2024.