Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

keit in ihnen übrig. Hingegen ist mir kein Fall
bekannt, wo in einem Glied, das nicht etwa
blos an der Oberfläche, sondern auch im Innern
aller Empfindlichkeit beraubt war, die Ernährung
noch fortgewährt hätte.

11. Alles Missverhältniss zwischen der Thä-
tigkeit der plastischen Kraft und den übrigen
Nervenwirkungen ist mit dem höchsten Leben un-
vereinbar. Doch kann innerhalb gewisser Grän-
zen die Gesundheit dabey bestehen. Je veränder-
licher aber die Thätigkeit jener Kraft ist, desto
leichter wird die Disharmonie zu einem krank-
haften Zustand anwachsen. Diese Veränderlich-
keit findet vorzüglich in der Jugend statt, wo
die bildende Kraft nicht blos für die Erhaltung,
sondern auch für die Ausbildung des Organismus
wirkt, und wo ihre Thätigkeit sich bald mehr
gegen diese, bald mehr gegen jene Theile wen-
det. Hier entstehen aus dieser Quelle Entwicke-
lungskrankheiten, Abweichungen vom ge-
sunden Zustand. die ohne wichtige äussere Ur-
sachen ausbrechen, und sich, gemäss dem obigen
Gesetz, dass die plastische Kraft vorzüglich mit
dem Bewegungsvermögen in Antagonismus steht,
besonders durch krampfhafte Zufälle äussern.

12. Zweckmässigkeit in ihren Wirkungen ist
ein anderer Charakter der plastischen Nervenkraft,
und diesen hat sie mit der ursprünglichen Bil-

dungs-

keit in ihnen übrig. Hingegen ist mir kein Fall
bekannt, wo in einem Glied, das nicht etwa
blos an der Oberfläche, sondern auch im Innern
aller Empfindlichkeit beraubt war, die Ernährung
noch fortgewährt hätte.

11. Alles Miſsverhältniſs zwischen der Thä-
tigkeit der plastischen Kraft und den übrigen
Nervenwirkungen ist mit dem höchsten Leben un-
vereinbar. Doch kann innerhalb gewisser Grän-
zen die Gesundheit dabey bestehen. Je veränder-
licher aber die Thätigkeit jener Kraft ist, desto
leichter wird die Disharmonie zu einem krank-
haften Zustand anwachsen. Diese Veränderlich-
keit findet vorzüglich in der Jugend statt, wo
die bildende Kraft nicht blos für die Erhaltung,
sondern auch für die Ausbildung des Organismus
wirkt, und wo ihre Thätigkeit sich bald mehr
gegen diese, bald mehr gegen jene Theile wen-
det. Hier entstehen aus dieser Quelle Entwicke-
lungskrankheiten, Abweichungen vom ge-
sunden Zustand. die ohne wichtige äuſsere Ur-
sachen ausbrechen, und sich, gemäſs dem obigen
Gesetz, daſs die plastische Kraft vorzüglich mit
dem Bewegungsvermögen in Antagonismus steht,
besonders durch krampfhafte Zufälle äuſsern.

12. Zweckmäſsigkeit in ihren Wirkungen ist
ein anderer Charakter der plastischen Nervenkraft,
und diesen hat sie mit der ursprünglichen Bil-

dungs-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0439" n="427"/>
keit in ihnen übrig. Hingegen ist mir kein Fall<lb/>
bekannt, wo in einem Glied, das nicht etwa<lb/>
blos an der Oberfläche, sondern auch im Innern<lb/>
aller Empfindlichkeit beraubt war, die Ernährung<lb/>
noch fortgewährt hätte.</p><lb/>
              <p>11. Alles Mi&#x017F;sverhältni&#x017F;s zwischen der Thä-<lb/>
tigkeit der plastischen Kraft und den übrigen<lb/>
Nervenwirkungen ist mit dem höchsten Leben un-<lb/>
vereinbar. Doch kann innerhalb gewisser Grän-<lb/>
zen die Gesundheit dabey bestehen. Je veränder-<lb/>
licher aber die Thätigkeit jener Kraft ist, desto<lb/>
leichter wird die Disharmonie zu einem krank-<lb/>
haften Zustand anwachsen. Diese Veränderlich-<lb/>
keit findet vorzüglich in der Jugend statt, wo<lb/>
die bildende Kraft nicht blos für die Erhaltung,<lb/>
sondern auch für die Ausbildung des Organismus<lb/>
wirkt, und wo ihre Thätigkeit sich bald mehr<lb/>
gegen diese, bald mehr gegen jene Theile wen-<lb/>
det. Hier entstehen aus dieser Quelle <hi rendition="#g">Entwicke-<lb/>
lungskrankheiten</hi>, Abweichungen vom ge-<lb/>
sunden Zustand. die ohne wichtige äu&#x017F;sere Ur-<lb/>
sachen ausbrechen, und sich, gemä&#x017F;s dem obigen<lb/>
Gesetz, da&#x017F;s die plastische Kraft vorzüglich mit<lb/>
dem Bewegungsvermögen in Antagonismus steht,<lb/>
besonders durch krampfhafte Zufälle äu&#x017F;sern.</p><lb/>
              <p>12. Zweckmä&#x017F;sigkeit in ihren Wirkungen ist<lb/>
ein anderer Charakter der plastischen Nervenkraft,<lb/>
und diesen hat sie mit der ursprünglichen Bil-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dungs-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[427/0439] keit in ihnen übrig. Hingegen ist mir kein Fall bekannt, wo in einem Glied, das nicht etwa blos an der Oberfläche, sondern auch im Innern aller Empfindlichkeit beraubt war, die Ernährung noch fortgewährt hätte. 11. Alles Miſsverhältniſs zwischen der Thä- tigkeit der plastischen Kraft und den übrigen Nervenwirkungen ist mit dem höchsten Leben un- vereinbar. Doch kann innerhalb gewisser Grän- zen die Gesundheit dabey bestehen. Je veränder- licher aber die Thätigkeit jener Kraft ist, desto leichter wird die Disharmonie zu einem krank- haften Zustand anwachsen. Diese Veränderlich- keit findet vorzüglich in der Jugend statt, wo die bildende Kraft nicht blos für die Erhaltung, sondern auch für die Ausbildung des Organismus wirkt, und wo ihre Thätigkeit sich bald mehr gegen diese, bald mehr gegen jene Theile wen- det. Hier entstehen aus dieser Quelle Entwicke- lungskrankheiten, Abweichungen vom ge- sunden Zustand. die ohne wichtige äuſsere Ur- sachen ausbrechen, und sich, gemäſs dem obigen Gesetz, daſs die plastische Kraft vorzüglich mit dem Bewegungsvermögen in Antagonismus steht, besonders durch krampfhafte Zufälle äuſsern. 12. Zweckmäſsigkeit in ihren Wirkungen ist ein anderer Charakter der plastischen Nervenkraft, und diesen hat sie mit der ursprünglichen Bil- dungs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/439
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/439>, abgerufen am 26.11.2024.