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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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7. Die Thätigkeit der plastischen Kraft wird,
wie jede der übrigen Nervenwirkungen, bey ei-
nerley Individuen zu verschiedenen Zeiten auf
verschiedene Art durch äussere Einflüsse verän-
dert. Die Miasmen und Contagien, diejenigen
Potenzen, wovon sie unter gewissen Umständen
aufs heftigste angegriffen wird, äussern unter an-
dern Umständen gar keine Wirkung auf sie. Die
Veränderung ihrer Thätigkeit durch äussere Ur-
sachen ist indess von ganz anderer Art als die
der Nervenwirkungen, welche Folgen der Reitz-
barkeit sind. Die Contagien einiger Krankheiten,
z. B. der Pocken und Masern, verursachen eine
Erhöhung derselben, die sich mit der Bildung
neuer Sekretionsorgane auf der Oberfläche der
Haut endigt, und mit dieser Bildung hört alle
Empfänglichkeit für eine neue Ansteckung auf,
Für andere Contagien, z. B. das der Pest, bleibt
hingegen die Empfänglichkeit ungeschwächt, so
oft auch das Nervensystem von ihnen ist angegrif-
fen worden. Manche Materien, die anfangs für
die plastische Kraft unbezwinglich waren, werden
durch Gewöhnung zur Assimilation fähig gemacht.
Dies sind Vorgänge, die sich unter die Gesetze
der Reitzbarkeit, denen das Leitungsvermögen der
Nerven unterworfen ist, nicht bringen lassen.

8. Es giebt für jeden Zustand des Organis-
mus ein bestimmtes Maass von Thätigkeit der

plasti-
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7. Die Thätigkeit der plastischen Kraft wird,
wie jede der übrigen Nervenwirkungen, bey ei-
nerley Individuen zu verschiedenen Zeiten auf
verschiedene Art durch äuſsere Einflüsse verän-
dert. Die Miasmen und Contagien, diejenigen
Potenzen, wovon sie unter gewissen Umständen
aufs heftigste angegriffen wird, äuſsern unter an-
dern Umständen gar keine Wirkung auf sie. Die
Veränderung ihrer Thätigkeit durch äuſsere Ur-
sachen ist indeſs von ganz anderer Art als die
der Nervenwirkungen, welche Folgen der Reitz-
barkeit sind. Die Contagien einiger Krankheiten,
z. B. der Pocken und Masern, verursachen eine
Erhöhung derselben, die sich mit der Bildung
neuer Sekretionsorgane auf der Oberfläche der
Haut endigt, und mit dieser Bildung hört alle
Empfänglichkeit für eine neue Ansteckung auf,
Für andere Contagien, z. B. das der Pest, bleibt
hingegen die Empfänglichkeit ungeschwächt, so
oft auch das Nervensystem von ihnen ist angegrif-
fen worden. Manche Materien, die anfangs für
die plastische Kraft unbezwinglich waren, werden
durch Gewöhnung zur Assimilation fähig gemacht.
Dies sind Vorgänge, die sich unter die Gesetze
der Reitzbarkeit, denen das Leitungsvermögen der
Nerven unterworfen ist, nicht bringen lassen.

8. Es giebt für jeden Zustand des Organis-
mus ein bestimmtes Maaſs von Thätigkeit der

plasti-
D d 3
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[421/0433] 7. Die Thätigkeit der plastischen Kraft wird, wie jede der übrigen Nervenwirkungen, bey ei- nerley Individuen zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Art durch äuſsere Einflüsse verän- dert. Die Miasmen und Contagien, diejenigen Potenzen, wovon sie unter gewissen Umständen aufs heftigste angegriffen wird, äuſsern unter an- dern Umständen gar keine Wirkung auf sie. Die Veränderung ihrer Thätigkeit durch äuſsere Ur- sachen ist indeſs von ganz anderer Art als die der Nervenwirkungen, welche Folgen der Reitz- barkeit sind. Die Contagien einiger Krankheiten, z. B. der Pocken und Masern, verursachen eine Erhöhung derselben, die sich mit der Bildung neuer Sekretionsorgane auf der Oberfläche der Haut endigt, und mit dieser Bildung hört alle Empfänglichkeit für eine neue Ansteckung auf, Für andere Contagien, z. B. das der Pest, bleibt hingegen die Empfänglichkeit ungeschwächt, so oft auch das Nervensystem von ihnen ist angegrif- fen worden. Manche Materien, die anfangs für die plastische Kraft unbezwinglich waren, werden durch Gewöhnung zur Assimilation fähig gemacht. Dies sind Vorgänge, die sich unter die Gesetze der Reitzbarkeit, denen das Leitungsvermögen der Nerven unterworfen ist, nicht bringen lassen. 8. Es giebt für jeden Zustand des Organis- mus ein bestimmtes Maaſs von Thätigkeit der plasti- D d 3

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/433>, abgerufen am 26.05.2024.