Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Uebung zurückführen, doch ganz nicht. Durch
Uebung wird nur die Empfänglichkeit für einer-
ley Eindrücke erhöhet. Aber bey vielen Blinden
war das Gefühl nicht blos verfeinert, sondern es
schien ein ganz neuer, dem Gesicht ähnlicher
Sinn bey ihnen erwacht zu seyn y).

10. Bey einer allgemeinen Erhöhung der Ner-
venthätigkeit kann keine örtliche Zunahme der-
selben eintreten, ohne dass das ganze Nervensy-
stem daran Theil nimmt. Im entzündlichen Sta-
dium fieberhafter Krankheiten wird das Fieber
durch blasenziehende Mittel und ähnliche örtliche
Reitze verstärkt. Ist aber die Nerventhätigkeit bis
auf einen gewissen Grad geschwächt, so nimmt
sie im übrigen Körper ab, indem sie in einzel-
nen Theilen wächst. Diese partielle Zunahme
kann unter gewissen Umständen einen hohen

Grad
y) Ich verweise wegen dieses Satzes auf Wienholt's
Vorlesungen über den natürlichen Somnambulismus
(A. a. O. Th. 3. Abth. 1.), wo für denselben sehr
triftige Gründe angeführt sind. In vielen Fällen,
besonders in denen, die Martin gesammelt hat,
scheinen zwar nach dem Verlust eines Sinns die übri-
gen blos innerhalb ihrer Sphäre erhöhet worden zu
seyn. Dass dies aber immer der Fall sey und nie
ein Sinn aus seinem Gebiet heraustrete, kann ich
nicht mit Stieglitz (Ueber den thierischen Magne-
tismus. S. 593.) annehmen.
C c 3

Uebung zurückführen, doch ganz nicht. Durch
Uebung wird nur die Empfänglichkeit für einer-
ley Eindrücke erhöhet. Aber bey vielen Blinden
war das Gefühl nicht blos verfeinert, sondern es
schien ein ganz neuer, dem Gesicht ähnlicher
Sinn bey ihnen erwacht zu seyn y).

10. Bey einer allgemeinen Erhöhung der Ner-
venthätigkeit kann keine örtliche Zunahme der-
selben eintreten, ohne daſs das ganze Nervensy-
stem daran Theil nimmt. Im entzündlichen Sta-
dium fieberhafter Krankheiten wird das Fieber
durch blasenziehende Mittel und ähnliche örtliche
Reitze verstärkt. Ist aber die Nerventhätigkeit bis
auf einen gewissen Grad geschwächt, so nimmt
sie im übrigen Körper ab, indem sie in einzel-
nen Theilen wächst. Diese partielle Zunahme
kann unter gewissen Umständen einen hohen

Grad
y) Ich verweise wegen dieses Satzes auf Wienholt’s
Vorlesungen über den natürlichen Somnambulismus
(A. a. O. Th. 3. Abth. 1.), wo für denselben sehr
triftige Gründe angeführt sind. In vielen Fällen,
besonders in denen, die Martin gesammelt hat,
scheinen zwar nach dem Verlust eines Sinns die übri-
gen blos innerhalb ihrer Sphäre erhöhet worden zu
seyn. Daſs dies aber immer der Fall sey und nie
ein Sinn aus seinem Gebiet heraustrete, kann ich
nicht mit Stieglitz (Ueber den thierischen Magne-
tismus. S. 593.) annehmen.
C c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0417" n="405"/>
Uebung zurückführen, doch ganz nicht. Durch<lb/>
Uebung wird nur die Empfänglichkeit für einer-<lb/>
ley Eindrücke erhöhet. Aber bey vielen Blinden<lb/>
war das Gefühl nicht blos verfeinert, sondern es<lb/>
schien ein ganz neuer, dem Gesicht ähnlicher<lb/>
Sinn bey ihnen erwacht zu seyn <note place="foot" n="y)">Ich verweise wegen dieses Satzes auf <hi rendition="#k">Wienholt</hi>&#x2019;s<lb/>
Vorlesungen über den natürlichen Somnambulismus<lb/>
(A. a. O. Th. 3. Abth. 1.), wo für denselben sehr<lb/>
triftige Gründe angeführt sind. In vielen Fällen,<lb/>
besonders in denen, die <hi rendition="#k">Martin</hi> gesammelt hat,<lb/>
scheinen zwar nach dem Verlust eines Sinns die übri-<lb/>
gen blos innerhalb ihrer Sphäre erhöhet worden zu<lb/>
seyn. Da&#x017F;s dies aber immer der Fall sey und nie<lb/>
ein Sinn aus seinem Gebiet heraustrete, kann ich<lb/>
nicht mit <hi rendition="#k">Stieglitz</hi> (Ueber den thierischen Magne-<lb/>
tismus. S. 593.) annehmen.</note>.</p><lb/>
              <p>10. Bey einer allgemeinen Erhöhung der Ner-<lb/>
venthätigkeit kann keine örtliche Zunahme der-<lb/>
selben eintreten, ohne da&#x017F;s das ganze Nervensy-<lb/>
stem daran Theil nimmt. Im entzündlichen Sta-<lb/>
dium fieberhafter Krankheiten wird das Fieber<lb/>
durch blasenziehende Mittel und ähnliche örtliche<lb/>
Reitze verstärkt. Ist aber die Nerventhätigkeit bis<lb/>
auf einen gewissen Grad geschwächt, so nimmt<lb/>
sie im übrigen Körper ab, indem sie in einzel-<lb/>
nen Theilen wächst. Diese partielle Zunahme<lb/>
kann unter gewissen Umständen einen hohen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Grad</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0417] Uebung zurückführen, doch ganz nicht. Durch Uebung wird nur die Empfänglichkeit für einer- ley Eindrücke erhöhet. Aber bey vielen Blinden war das Gefühl nicht blos verfeinert, sondern es schien ein ganz neuer, dem Gesicht ähnlicher Sinn bey ihnen erwacht zu seyn y). 10. Bey einer allgemeinen Erhöhung der Ner- venthätigkeit kann keine örtliche Zunahme der- selben eintreten, ohne daſs das ganze Nervensy- stem daran Theil nimmt. Im entzündlichen Sta- dium fieberhafter Krankheiten wird das Fieber durch blasenziehende Mittel und ähnliche örtliche Reitze verstärkt. Ist aber die Nerventhätigkeit bis auf einen gewissen Grad geschwächt, so nimmt sie im übrigen Körper ab, indem sie in einzel- nen Theilen wächst. Diese partielle Zunahme kann unter gewissen Umständen einen hohen Grad y) Ich verweise wegen dieses Satzes auf Wienholt’s Vorlesungen über den natürlichen Somnambulismus (A. a. O. Th. 3. Abth. 1.), wo für denselben sehr triftige Gründe angeführt sind. In vielen Fällen, besonders in denen, die Martin gesammelt hat, scheinen zwar nach dem Verlust eines Sinns die übri- gen blos innerhalb ihrer Sphäre erhöhet worden zu seyn. Daſs dies aber immer der Fall sey und nie ein Sinn aus seinem Gebiet heraustrete, kann ich nicht mit Stieglitz (Ueber den thierischen Magne- tismus. S. 593.) annehmen. C c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/417
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/417>, abgerufen am 19.05.2024.