Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Hirn- und Rückenmarkssubstanz enthält
geronnenen Eyweissstoff, dessen Erhärtung mit
dem Alter zunimmt, und durch alle die Mittel,
die sonst auf denselben wirken, z. B. Hitze, mi-
neralische Säuren, Weingeist, Naphten und Me-
talloxyde, vermehrt wird. Dieser Stoff coagulirt
immer in parallelen Schichten, wie man an jedem
hart gesottenem Ey und an allem, in der Hitze
geronnenem Blutwasser sieht. Solche Schichten
findet man in jedem Gehirn, das während des
Lebens von Alter einen gewissen Grad von Härte
angenommen hat, oder nach dem Tode dem Ein-
fluss der erwähnten Mittel ist ausgesetzt worden.
In einem völlig erhärteten Gehirn entsteht von
ihnen der muschlige Bruch, wovon Reil in sei-
nen Aufsätzen über das Gehirn d) spricht, bey
dessen Untersuchung er Salpetersäure, Alcohol und
andere der stärksten zusammenziehenden Mittel
anwandte. In einem Gehirn, das noch einige
Weichheit besitzt, nehmen sie, mit dem Stiel des
anatomischen Messers geschabt, oder nach gewis-
sen Richtungen durchschnitten, die Gestalt von
Fasern an. Von solcher Art sind viele der Fa-
sern, die Gall im Gehirn entdeckt zu haben
glaubt. Aber der grösste Theil dieses Eingewei-
des hat nicht eine fasrige, sondern blättrige Tex-
tur. Aus Blättern bestehen alle Windungen des

gro-
d) Archiv für die Physiologie. B. VIII, IX, XI.
X 2

Die Hirn- und Rückenmarkssubstanz enthält
geronnenen Eyweiſsstoff, dessen Erhärtung mit
dem Alter zunimmt, und durch alle die Mittel,
die sonst auf denselben wirken, z. B. Hitze, mi-
neralische Säuren, Weingeist, Naphten und Me-
talloxyde, vermehrt wird. Dieser Stoff coagulirt
immer in parallelen Schichten, wie man an jedem
hart gesottenem Ey und an allem, in der Hitze
geronnenem Blutwasser sieht. Solche Schichten
findet man in jedem Gehirn, das während des
Lebens von Alter einen gewissen Grad von Härte
angenommen hat, oder nach dem Tode dem Ein-
fluſs der erwähnten Mittel ist ausgesetzt worden.
In einem völlig erhärteten Gehirn entsteht von
ihnen der muschlige Bruch, wovon Reil in sei-
nen Aufsätzen über das Gehirn d) spricht, bey
dessen Untersuchung er Salpetersäure, Alcohol und
andere der stärksten zusammenziehenden Mittel
anwandte. In einem Gehirn, das noch einige
Weichheit besitzt, nehmen sie, mit dem Stiel des
anatomischen Messers geschabt, oder nach gewis-
sen Richtungen durchschnitten, die Gestalt von
Fasern an. Von solcher Art sind viele der Fa-
sern, die Gall im Gehirn entdeckt zu haben
glaubt. Aber der gröſste Theil dieses Eingewei-
des hat nicht eine fasrige, sondern blättrige Tex-
tur. Aus Blättern bestehen alle Windungen des

gro-
d) Archiv für die Physiologie. B. VIII, IX, XI.
X 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0335" n="323"/>
            <p>Die Hirn- und Rückenmarkssubstanz enthält<lb/>
geronnenen Eywei&#x017F;sstoff, dessen Erhärtung mit<lb/>
dem Alter zunimmt, und durch alle die Mittel,<lb/>
die sonst auf denselben wirken, z. B. Hitze, mi-<lb/>
neralische Säuren, Weingeist, Naphten und Me-<lb/>
talloxyde, vermehrt wird. Dieser Stoff coagulirt<lb/>
immer in parallelen Schichten, wie man an jedem<lb/>
hart gesottenem Ey und an allem, in der Hitze<lb/>
geronnenem Blutwasser sieht. Solche Schichten<lb/>
findet man in jedem Gehirn, das während des<lb/>
Lebens von Alter einen gewissen Grad von Härte<lb/>
angenommen hat, oder nach dem Tode dem Ein-<lb/>
flu&#x017F;s der erwähnten Mittel ist ausgesetzt worden.<lb/>
In einem völlig erhärteten Gehirn entsteht von<lb/>
ihnen der muschlige Bruch, wovon <hi rendition="#k">Reil</hi> in sei-<lb/>
nen Aufsätzen über das Gehirn <note place="foot" n="d)">Archiv für die Physiologie. B. VIII, IX, XI.</note> spricht, bey<lb/>
dessen Untersuchung er Salpetersäure, Alcohol und<lb/>
andere der stärksten zusammenziehenden Mittel<lb/>
anwandte. In einem Gehirn, das noch einige<lb/>
Weichheit besitzt, nehmen sie, mit dem Stiel des<lb/>
anatomischen Messers geschabt, oder nach gewis-<lb/>
sen Richtungen durchschnitten, die Gestalt von<lb/>
Fasern an. Von solcher Art sind viele der Fa-<lb/>
sern, die <hi rendition="#k">Gall</hi> im Gehirn entdeckt zu haben<lb/>
glaubt. Aber der grö&#x017F;ste Theil dieses Eingewei-<lb/>
des hat nicht eine fasrige, sondern blättrige Tex-<lb/>
tur. Aus Blättern bestehen alle Windungen des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gro-</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0335] Die Hirn- und Rückenmarkssubstanz enthält geronnenen Eyweiſsstoff, dessen Erhärtung mit dem Alter zunimmt, und durch alle die Mittel, die sonst auf denselben wirken, z. B. Hitze, mi- neralische Säuren, Weingeist, Naphten und Me- talloxyde, vermehrt wird. Dieser Stoff coagulirt immer in parallelen Schichten, wie man an jedem hart gesottenem Ey und an allem, in der Hitze geronnenem Blutwasser sieht. Solche Schichten findet man in jedem Gehirn, das während des Lebens von Alter einen gewissen Grad von Härte angenommen hat, oder nach dem Tode dem Ein- fluſs der erwähnten Mittel ist ausgesetzt worden. In einem völlig erhärteten Gehirn entsteht von ihnen der muschlige Bruch, wovon Reil in sei- nen Aufsätzen über das Gehirn d) spricht, bey dessen Untersuchung er Salpetersäure, Alcohol und andere der stärksten zusammenziehenden Mittel anwandte. In einem Gehirn, das noch einige Weichheit besitzt, nehmen sie, mit dem Stiel des anatomischen Messers geschabt, oder nach gewis- sen Richtungen durchschnitten, die Gestalt von Fasern an. Von solcher Art sind viele der Fa- sern, die Gall im Gehirn entdeckt zu haben glaubt. Aber der gröſste Theil dieses Eingewei- des hat nicht eine fasrige, sondern blättrige Tex- tur. Aus Blättern bestehen alle Windungen des gro- d) Archiv für die Physiologie. B. VIII, IX, XI. X 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/335
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/335>, abgerufen am 23.11.2024.