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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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gen verursacht. Es bleibt also zwar ein Grund-
gesetz der Biologie, dass die Erregbarkeit bey fort-
dauernder Erregung vermindert wird, doch ein
Gesetz, das nur von einerley, nicht von verschie-
denartigen Reitzen gilt.

Wenn die bisherigen Sätze richtig sind, so
muss die Reitzbarkeit des einzelnen Theils immer
abhängig von der Beschaffenheit des ganzen Kör-
pers und von andern vorhergegangenen Einwir-
kungen seyn. So verhält es sich in der That
auch. Nie wirkt ein Reitz zu der einen Zeit
ganz wie zu der andern. Ich habe viele Versuche
über den Einfluss des Opiums, der Belladonna,
des Kirschlorbeerwassers und des Weingeists auf
die Reitzbarkeit der willkührlichen Muskeln und
des Herzens an Fröschen gemacht, von keinem
dieser Mittel aber eine beständige Wirkung wahr-
genommen. Bald erhöheten sie die Erregbarkeit,
bald deprimirten sie dieselbe, und bald brachten
sie gar keine Veränderung hervor. Man hat jene
Wahrheit nicht gehörig anerkannt oder anerken-
nen wollen, und nach einzelnen Erfahrungen Ge-
setze der Muskelbewegung aufgestellt, die nichts
weniger als allgemein sind. Besonders trifft die-
ser Vorwurf Ritter'n, der aus seinen Versuchen

über
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gen verursacht. Es bleibt also zwar ein Grund-
gesetz der Biologie, daſs die Erregbarkeit bey fort-
dauernder Erregung vermindert wird, doch ein
Gesetz, das nur von einerley, nicht von verschie-
denartigen Reitzen gilt.

Wenn die bisherigen Sätze richtig sind, so
muſs die Reitzbarkeit des einzelnen Theils immer
abhängig von der Beschaffenheit des ganzen Kör-
pers und von andern vorhergegangenen Einwir-
kungen seyn. So verhält es sich in der That
auch. Nie wirkt ein Reitz zu der einen Zeit
ganz wie zu der andern. Ich habe viele Versuche
über den Einfluſs des Opiums, der Belladonna,
des Kirschlorbeerwassers und des Weingeists auf
die Reitzbarkeit der willkührlichen Muskeln und
des Herzens an Fröschen gemacht, von keinem
dieser Mittel aber eine beständige Wirkung wahr-
genommen. Bald erhöheten sie die Erregbarkeit,
bald deprimirten sie dieselbe, und bald brachten
sie gar keine Veränderung hervor. Man hat jene
Wahrheit nicht gehörig anerkannt oder anerken-
nen wollen, und nach einzelnen Erfahrungen Ge-
setze der Muskelbewegung aufgestellt, die nichts
weniger als allgemein sind. Besonders trifft die-
ser Vorwurf Ritter’n, der aus seinen Versuchen

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[311/0323] gen verursacht. Es bleibt also zwar ein Grund- gesetz der Biologie, daſs die Erregbarkeit bey fort- dauernder Erregung vermindert wird, doch ein Gesetz, das nur von einerley, nicht von verschie- denartigen Reitzen gilt. Wenn die bisherigen Sätze richtig sind, so muſs die Reitzbarkeit des einzelnen Theils immer abhängig von der Beschaffenheit des ganzen Kör- pers und von andern vorhergegangenen Einwir- kungen seyn. So verhält es sich in der That auch. Nie wirkt ein Reitz zu der einen Zeit ganz wie zu der andern. Ich habe viele Versuche über den Einfluſs des Opiums, der Belladonna, des Kirschlorbeerwassers und des Weingeists auf die Reitzbarkeit der willkührlichen Muskeln und des Herzens an Fröschen gemacht, von keinem dieser Mittel aber eine beständige Wirkung wahr- genommen. Bald erhöheten sie die Erregbarkeit, bald deprimirten sie dieselbe, und bald brachten sie gar keine Veränderung hervor. Man hat jene Wahrheit nicht gehörig anerkannt oder anerken- nen wollen, und nach einzelnen Erfahrungen Ge- setze der Muskelbewegung aufgestellt, die nichts weniger als allgemein sind. Besonders trifft die- ser Vorwurf Ritter’n, der aus seinen Versuchen über U 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/323>, abgerufen am 19.05.2024.