2. Der Zustand der Turgescenz wird durch den Einfluss des arteriellen Bluts hervorgebracht und unterhalten, und der Reitz wirkt, indem er un- mittelbar, oder durch Vermittelung des Nerven diese Turgescenz aufhebt.
So viel ist gewiss, dass es zur Entstehung blo- sser Zusammenziehungen keines Nerveneinflusses bedarf. Pallasb) beobachtete, dass sich verschie- dene Spongien, selbst wenn sie schon viele Jahre ausserhalb ihrem Element aufgehoben gewesen sind, mit einer bewunderungswürdigen Schnellig- keit und Gewalt augenblicklich zusammenziehen, als ob sie lebten, wenn man sie in kaltem Was- ser weichen lässt, bis sie zu ihrer völligen Aus- dehnung gelangen, und dann mit siedend heissem Wasser übergiesst. Hier ist ein Beweis, dass es auch ohne Vitalität Bewegungen geben kann, die den Zusammenziehungen der Muskeln ganz ähn- lich sind, und dass, wie im 1ten Band der Biolo- gie (S. 61.) erinnert ist, nicht die Art der Reaktio- nen, sondern die gleichförmige Fortdauer dersel- ben bey ungleichförmigen Einwirkungen den Cha- rakter des Lebens ausmacht.
Dieser Charakter kömmt zwar den automati- schen Bewegungen der Gewächse zu, die ohne Nerven vor sich gehen. Allein die Pflanzenreitz-
bar-
b) Neue Nordische Beyträge. B. 2. S. 355.
2. Der Zustand der Turgescenz wird durch den Einfluſs des arteriellen Bluts hervorgebracht und unterhalten, und der Reitz wirkt, indem er un- mittelbar, oder durch Vermittelung des Nerven diese Turgescenz aufhebt.
So viel ist gewiſs, daſs es zur Entstehung blo- ſser Zusammenziehungen keines Nerveneinflusses bedarf. Pallasb) beobachtete, daſs sich verschie- dene Spongien, selbst wenn sie schon viele Jahre auſserhalb ihrem Element aufgehoben gewesen sind, mit einer bewunderungswürdigen Schnellig- keit und Gewalt augenblicklich zusammenziehen, als ob sie lebten, wenn man sie in kaltem Was- ser weichen läſst, bis sie zu ihrer völligen Aus- dehnung gelangen, und dann mit siedend heiſsem Wasser übergieſst. Hier ist ein Beweis, daſs es auch ohne Vitalität Bewegungen geben kann, die den Zusammenziehungen der Muskeln ganz ähn- lich sind, und daſs, wie im 1ten Band der Biolo- gie (S. 61.) erinnert ist, nicht die Art der Reaktio- nen, sondern die gleichförmige Fortdauer dersel- ben bey ungleichförmigen Einwirkungen den Cha- rakter des Lebens ausmacht.
Dieser Charakter kömmt zwar den automati- schen Bewegungen der Gewächse zu, die ohne Nerven vor sich gehen. Allein die Pflanzenreitz-
bar-
b) Neue Nordische Beyträge. B. 2. S. 355.
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2. Der Zustand der Turgescenz wird durch den
Einfluſs des arteriellen Bluts hervorgebracht und
unterhalten, und der Reitz wirkt, indem er un-
mittelbar, oder durch Vermittelung des Nerven
diese Turgescenz aufhebt.
So viel ist gewiſs, daſs es zur Entstehung blo-
ſser Zusammenziehungen keines Nerveneinflusses
bedarf. Pallas b) beobachtete, daſs sich verschie-
dene Spongien, selbst wenn sie schon viele Jahre
auſserhalb ihrem Element aufgehoben gewesen
sind, mit einer bewunderungswürdigen Schnellig-
keit und Gewalt augenblicklich zusammenziehen,
als ob sie lebten, wenn man sie in kaltem Was-
ser weichen läſst, bis sie zu ihrer völligen Aus-
dehnung gelangen, und dann mit siedend heiſsem
Wasser übergieſst. Hier ist ein Beweis, daſs es
auch ohne Vitalität Bewegungen geben kann, die
den Zusammenziehungen der Muskeln ganz ähn-
lich sind, und daſs, wie im 1ten Band der Biolo-
gie (S. 61.) erinnert ist, nicht die Art der Reaktio-
nen, sondern die gleichförmige Fortdauer dersel-
ben bey ungleichförmigen Einwirkungen den Cha-
rakter des Lebens ausmacht.
Dieser Charakter kömmt zwar den automati-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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