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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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Tode verliert, in Krankheiten und nach nieder-
schlagenden Gemüthsbewegungen abnimmt, hin-
gegen durch Freude, Liebe, Wein u. s. w. ver-
mehrt wird. In mehrern einzelnen Theilen zeigt
sich dieses Anschwellen unter gewissen Umstän-
den noch weit auffallender, z. B. in den Augen
der Thiere überhaupt und im Kamm der Hähne
beym Zorn, in den weiblichen Brustwarzen beym
Säugen und in den Zeugungstheilen beym Ge-
schlechtstrieb.

Woher diese Erscheinung? Ist sie etwa, wie
die Zusammenziehung, Wirkung einer lebendigen
Kraft, oder blos eine, von vermehrtem Andrang
der Säfte herrührende, mechanische Ausdehnung?
Die meisten frühern Schriftsteller waren der letz-
tern Meinung. Nur Pechlin r) wagte es, in Be-
treff der Diastole des Herzens ihnen zu wider-
sprechen. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhun-
derts erklärte Krause s) die Ausdehnung der thieri-
schen Theile für eine lebendige Thätigkeit. Bar-
thez
t) führte diesen Gedanken weiter aus. Heben-

streit
r) De fabrica et usu cordis. Art. 12. Kilonii. 1676. In
Halleri Disp. anat. select. Vol. II. p. 326.
s) In dessen Uebersetzung der Hallerschen Abhandl.
von den empfindlichen u. reitzbaren Theilen des
menschl. K. Leipz. 1756.
t) Nouveaux Elemens de la science de l'homme. Mont-
pellier. 1778. p. 72.
Q 5

Tode verliert, in Krankheiten und nach nieder-
schlagenden Gemüthsbewegungen abnimmt, hin-
gegen durch Freude, Liebe, Wein u. s. w. ver-
mehrt wird. In mehrern einzelnen Theilen zeigt
sich dieses Anschwellen unter gewissen Umstän-
den noch weit auffallender, z. B. in den Augen
der Thiere überhaupt und im Kamm der Hähne
beym Zorn, in den weiblichen Brustwarzen beym
Säugen und in den Zeugungstheilen beym Ge-
schlechtstrieb.

Woher diese Erscheinung? Ist sie etwa, wie
die Zusammenziehung, Wirkung einer lebendigen
Kraft, oder blos eine, von vermehrtem Andrang
der Säfte herrührende, mechanische Ausdehnung?
Die meisten frühern Schriftsteller waren der letz-
tern Meinung. Nur Pechlin r) wagte es, in Be-
treff der Diastole des Herzens ihnen zu wider-
sprechen. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhun-
derts erklärte Krause s) die Ausdehnung der thieri-
schen Theile für eine lebendige Thätigkeit. Bar-
thez
t) führte diesen Gedanken weiter aus. Heben-

streit
r) De fabrica et usu cordis. Art. 12. Kilonii. 1676. In
Halleri Disp. anat. select. Vol. II. p. 326.
s) In dessen Uebersetzung der Hallerschen Abhandl.
von den empfindlichen u. reitzbaren Theilen des
menschl. K. Leipz. 1756.
t) Nouveaux Elémens de la science de l’homme. Mont-
pellier. 1778. p. 72.
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[249/0261] Tode verliert, in Krankheiten und nach nieder- schlagenden Gemüthsbewegungen abnimmt, hin- gegen durch Freude, Liebe, Wein u. s. w. ver- mehrt wird. In mehrern einzelnen Theilen zeigt sich dieses Anschwellen unter gewissen Umstän- den noch weit auffallender, z. B. in den Augen der Thiere überhaupt und im Kamm der Hähne beym Zorn, in den weiblichen Brustwarzen beym Säugen und in den Zeugungstheilen beym Ge- schlechtstrieb. Woher diese Erscheinung? Ist sie etwa, wie die Zusammenziehung, Wirkung einer lebendigen Kraft, oder blos eine, von vermehrtem Andrang der Säfte herrührende, mechanische Ausdehnung? Die meisten frühern Schriftsteller waren der letz- tern Meinung. Nur Pechlin r) wagte es, in Be- treff der Diastole des Herzens ihnen zu wider- sprechen. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhun- derts erklärte Krause s) die Ausdehnung der thieri- schen Theile für eine lebendige Thätigkeit. Bar- thez t) führte diesen Gedanken weiter aus. Heben- streit r) De fabrica et usu cordis. Art. 12. Kilonii. 1676. In Halleri Disp. anat. select. Vol. II. p. 326. s) In dessen Uebersetzung der Hallerschen Abhandl. von den empfindlichen u. reitzbaren Theilen des menschl. K. Leipz. 1756. t) Nouveaux Elémens de la science de l’homme. Mont- pellier. 1778. p. 72. Q 5

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/261>, abgerufen am 09.05.2024.