Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Zeit auch die Reitzbarkeit. Mimosen, die, unter
dem Wasser gehalten, ihre Empfänglichkeit für
Reitze verloren haben, äussern indess noch regel-
mässig die Bewegungen des Einschlafens und Er-
wachens, bis sie endlich im Zustand einer bestän-
digen Expansion absterben f).

Alle diese Erscheinungen der Mimosa pudica
und der übrigen, einen hohen Grad von Reitz-
barkeit besitzenden Pflanzen scheinen isolirt zu
stehen, wenn man sie blos auf ihren höchsten
Stufen betrachtet. Uebersieht man aber die ganze,
bisher aufgezählte Folge von automatischen Pflan-
zenbewegungen, so wird es einleuchtend, dass
jene blos Modifikationen einer allgemeinen Eigen-
schaft der vegetabilischen Natur sind. Wir fan-
den, dass jedes Gewächs bey seinem Wachsthum
einen gewissen Grad von Licht zu erreichen sucht.
Dieses Erreichen geschieht durch eine Ausdehnung
in die Länge. Die meisten Pflanzen folgen aber
auch dem Licht durch ein Drehen ihrer Blätter,
also durch eine Ausdehnung auf der einen und
eine Verkürzung auf der andern Seite. Bey einer
kleinern Anzahl findet ein regelmässiger Wechsel
von Wachen und Schlaf, also von Ausdehnung
und Verkürzung statt, und bey vielen von denen,
welche diese Bewegungen äussern, haben noch
andere Einflüsse als Licht und Finsterniss auf je-

nen
f) Sigwart. S. 35.

Zeit auch die Reitzbarkeit. Mimosen, die, unter
dem Wasser gehalten, ihre Empfänglichkeit für
Reitze verloren haben, äuſsern indeſs noch regel-
mäſsig die Bewegungen des Einschlafens und Er-
wachens, bis sie endlich im Zustand einer bestän-
digen Expansion absterben f).

Alle diese Erscheinungen der Mimosa pudica
und der übrigen, einen hohen Grad von Reitz-
barkeit besitzenden Pflanzen scheinen isolirt zu
stehen, wenn man sie blos auf ihren höchsten
Stufen betrachtet. Uebersieht man aber die ganze,
bisher aufgezählte Folge von automatischen Pflan-
zenbewegungen, so wird es einleuchtend, daſs
jene blos Modifikationen einer allgemeinen Eigen-
schaft der vegetabilischen Natur sind. Wir fan-
den, daſs jedes Gewächs bey seinem Wachsthum
einen gewissen Grad von Licht zu erreichen sucht.
Dieses Erreichen geschieht durch eine Ausdehnung
in die Länge. Die meisten Pflanzen folgen aber
auch dem Licht durch ein Drehen ihrer Blätter,
also durch eine Ausdehnung auf der einen und
eine Verkürzung auf der andern Seite. Bey einer
kleinern Anzahl findet ein regelmäſsiger Wechsel
von Wachen und Schlaf, also von Ausdehnung
und Verkürzung statt, und bey vielen von denen,
welche diese Bewegungen äuſsern, haben noch
andere Einflüsse als Licht und Finsterniſs auf je-

nen
f) Sigwart. S. 35.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0238" n="226"/>
Zeit auch die Reitzbarkeit. Mimosen, die, unter<lb/>
dem Wasser gehalten, ihre Empfänglichkeit für<lb/>
Reitze verloren haben, äu&#x017F;sern inde&#x017F;s noch regel-<lb/>
mä&#x017F;sig die Bewegungen des Einschlafens und Er-<lb/>
wachens, bis sie endlich im Zustand einer bestän-<lb/>
digen Expansion absterben <note place="foot" n="f)"><hi rendition="#k">Sigwart</hi>. S. 35.</note>.</p><lb/>
                <p>Alle diese Erscheinungen der Mimosa pudica<lb/>
und der übrigen, einen hohen Grad von Reitz-<lb/>
barkeit besitzenden Pflanzen scheinen isolirt zu<lb/>
stehen, wenn man sie blos auf ihren höchsten<lb/>
Stufen betrachtet. Uebersieht man aber die ganze,<lb/>
bisher aufgezählte Folge von automatischen Pflan-<lb/>
zenbewegungen, so wird es einleuchtend, da&#x017F;s<lb/>
jene blos Modifikationen einer allgemeinen Eigen-<lb/>
schaft der vegetabilischen Natur sind. Wir fan-<lb/>
den, da&#x017F;s jedes Gewächs bey seinem Wachsthum<lb/>
einen gewissen Grad von Licht zu erreichen sucht.<lb/>
Dieses Erreichen geschieht durch eine Ausdehnung<lb/>
in die Länge. Die meisten Pflanzen folgen aber<lb/>
auch dem Licht durch ein Drehen ihrer Blätter,<lb/>
also durch eine Ausdehnung auf der einen und<lb/>
eine Verkürzung auf der andern Seite. Bey einer<lb/>
kleinern Anzahl findet ein regelmä&#x017F;siger Wechsel<lb/>
von Wachen und Schlaf, also von Ausdehnung<lb/>
und Verkürzung statt, und bey vielen von denen,<lb/>
welche diese Bewegungen äu&#x017F;sern, haben noch<lb/>
andere Einflüsse als Licht und Finsterni&#x017F;s auf je-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0238] Zeit auch die Reitzbarkeit. Mimosen, die, unter dem Wasser gehalten, ihre Empfänglichkeit für Reitze verloren haben, äuſsern indeſs noch regel- mäſsig die Bewegungen des Einschlafens und Er- wachens, bis sie endlich im Zustand einer bestän- digen Expansion absterben f). Alle diese Erscheinungen der Mimosa pudica und der übrigen, einen hohen Grad von Reitz- barkeit besitzenden Pflanzen scheinen isolirt zu stehen, wenn man sie blos auf ihren höchsten Stufen betrachtet. Uebersieht man aber die ganze, bisher aufgezählte Folge von automatischen Pflan- zenbewegungen, so wird es einleuchtend, daſs jene blos Modifikationen einer allgemeinen Eigen- schaft der vegetabilischen Natur sind. Wir fan- den, daſs jedes Gewächs bey seinem Wachsthum einen gewissen Grad von Licht zu erreichen sucht. Dieses Erreichen geschieht durch eine Ausdehnung in die Länge. Die meisten Pflanzen folgen aber auch dem Licht durch ein Drehen ihrer Blätter, also durch eine Ausdehnung auf der einen und eine Verkürzung auf der andern Seite. Bey einer kleinern Anzahl findet ein regelmäſsiger Wechsel von Wachen und Schlaf, also von Ausdehnung und Verkürzung statt, und bey vielen von denen, welche diese Bewegungen äuſsern, haben noch andere Einflüsse als Licht und Finsterniſs auf je- nen f) Sigwart. S. 35.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/238
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/238>, abgerufen am 22.11.2024.