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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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So wenig diese Erfahrungen für meine Mei-
nung, dass die Flusssäure ein Bestandtheil des
Magensafts ist, etwas beweisen, so kann ich doch
diese Vermuthung noch nicht aufgeben. Ich sehe
noch immer nicht ein, von welcher andern Säure
als der Flusssäure die starken auflösenden Wirkun-
gen des Magensafts mancher Thiere herrühren kön-
nen. Es lassen sich ausser ihr blos noch Schwe-
fel-, Salz-, Phosphor- und Milchsäure in diesem
Saft annehmen. Aber keine der letztern ist kräf-
tig genug zu jenen Wirkungen. Die Säure des
Magensafts muss auch flüchtiger Art seyn, da die
Reaktion derselben gegen Pflanzenpigmente mit
der auflösenden Kraft des gastrischen Safts nicht
in Verhältniss steht. Diese Flüchtigkeit lässt sich
aber ebenfalls nur von der Flusssäure annehmen.
Dass wirklich diese Säure auch als Gas im thieri-
schen Körper vorkömmt, dafür geben die Bey-
spiele von einer ätzenden Wirkung, welche die
Ausdünstung der Augen mancher Menschen auf
Brillen äusserten d), einen Beweis, Beyspiele, die

sich
d) De Witry hat eine solche Beobachtung in den
Mem. de l' Acad. de Bruxelles vom Jahre 1787 bekannt
gemacht, und dabey mehrere ältere Beyspiele dieser
Art angeführt. Eine Uebersetzung seines Aufsatzes
findet man in Lichtenberg's und Voigt's Magazin
für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte
(B. V. St. 1. S. 116.).
T t 3

So wenig diese Erfahrungen für meine Mei-
nung, daſs die Fluſssäure ein Bestandtheil des
Magensafts ist, etwas beweisen, so kann ich doch
diese Vermuthung noch nicht aufgeben. Ich sehe
noch immer nicht ein, von welcher andern Säure
als der Fluſssäure die starken auflösenden Wirkun-
gen des Magensafts mancher Thiere herrühren kön-
nen. Es lassen sich ausser ihr blos noch Schwe-
fel-, Salz-, Phosphor- und Milchsäure in diesem
Saft annehmen. Aber keine der letztern ist kräf-
tig genug zu jenen Wirkungen. Die Säure des
Magensafts muſs auch flüchtiger Art seyn, da die
Reaktion derselben gegen Pflanzenpigmente mit
der auflösenden Kraft des gastrischen Safts nicht
in Verhältniſs steht. Diese Flüchtigkeit läſst sich
aber ebenfalls nur von der Fluſssäure annehmen.
Daſs wirklich diese Säure auch als Gas im thieri-
schen Körper vorkömmt, dafür geben die Bey-
spiele von einer ätzenden Wirkung, welche die
Ausdünstung der Augen mancher Menschen auf
Brillen äusserten d), einen Beweis, Beyspiele, die

sich
d) De Witry hat eine solche Beobachtung in den
Mém. de l’ Acad. de Bruxelles vom Jahre 1787 bekannt
gemacht, und dabey mehrere ältere Beyspiele dieser
Art angeführt. Eine Uebersetzung seines Aufsatzes
findet man in Lichtenberg’s und Voigt’s Magazin
für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte
(B. V. St. 1. S. 116.).
T t 3
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[661/0677] So wenig diese Erfahrungen für meine Mei- nung, daſs die Fluſssäure ein Bestandtheil des Magensafts ist, etwas beweisen, so kann ich doch diese Vermuthung noch nicht aufgeben. Ich sehe noch immer nicht ein, von welcher andern Säure als der Fluſssäure die starken auflösenden Wirkun- gen des Magensafts mancher Thiere herrühren kön- nen. Es lassen sich ausser ihr blos noch Schwe- fel-, Salz-, Phosphor- und Milchsäure in diesem Saft annehmen. Aber keine der letztern ist kräf- tig genug zu jenen Wirkungen. Die Säure des Magensafts muſs auch flüchtiger Art seyn, da die Reaktion derselben gegen Pflanzenpigmente mit der auflösenden Kraft des gastrischen Safts nicht in Verhältniſs steht. Diese Flüchtigkeit läſst sich aber ebenfalls nur von der Fluſssäure annehmen. Daſs wirklich diese Säure auch als Gas im thieri- schen Körper vorkömmt, dafür geben die Bey- spiele von einer ätzenden Wirkung, welche die Ausdünstung der Augen mancher Menschen auf Brillen äusserten d), einen Beweis, Beyspiele, die sich d) De Witry hat eine solche Beobachtung in den Mém. de l’ Acad. de Bruxelles vom Jahre 1787 bekannt gemacht, und dabey mehrere ältere Beyspiele dieser Art angeführt. Eine Uebersetzung seines Aufsatzes findet man in Lichtenberg’s und Voigt’s Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte (B. V. St. 1. S. 116.). T t 3

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/677>, abgerufen am 03.05.2024.