Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im
ersten Bande der Biologie (S. 363.) gesehen ha-
ben, die Regel statt, dass die Länge des Nah-
rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben
im geraden Verhältniss mit der Zahl der Gelenke
steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus),
zwey sehr verschiedene Insektenarten, die aber
in der Bildung der Bewegungsorgane einander ver-
wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des
Magens ziemlich nahe. Allein auch diese Bezie-
hung wird durch andere Umstände modifizirt. Die
Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form
der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der
Gestalt des Nahrungscanals so weit wie möglich
von einander entfernt.

Aus allem diesem folgt, dass es Formen des
Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung
auf die Verdauung haben, sondern welche Re-
sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind,
worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga-
nismus steht. Bey manchen Thieren lassen sich
die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewiss-
heit angeben. So zerästeln sich auf der innern
Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis
ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber
hier dient jener Canal zugleich als Respirations-
organ, und vorzüglich als solches ist er so reich
an Blutgefässen. So giebt es bey den Schmetter-

lingen

Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im
ersten Bande der Biologie (S. 363.) gesehen ha-
ben, die Regel statt, daſs die Länge des Nah-
rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben
im geraden Verhältniſs mit der Zahl der Gelenke
steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus),
zwey sehr verschiedene Insektenarten, die aber
in der Bildung der Bewegungsorgane einander ver-
wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des
Magens ziemlich nahe. Allein auch diese Bezie-
hung wird durch andere Umstände modifizirt. Die
Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form
der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der
Gestalt des Nahrungscanals so weit wie möglich
von einander entfernt.

Aus allem diesem folgt, daſs es Formen des
Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung
auf die Verdauung haben, sondern welche Re-
sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind,
worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga-
nismus steht. Bey manchen Thieren lassen sich
die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewiſs-
heit angeben. So zerästeln sich auf der innern
Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis
ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber
hier dient jener Canal zugleich als Respirations-
organ, und vorzüglich als solches ist er so reich
an Blutgefäſsen. So giebt es bey den Schmetter-

lingen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0411" n="395"/>
Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im<lb/>
ersten Bande der Biologie (S. 363.) gesehen ha-<lb/>
ben, die Regel statt, da&#x017F;s die Länge des Nah-<lb/>
rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben<lb/>
im geraden Verhältni&#x017F;s mit der Zahl der Gelenke<lb/>
steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus),<lb/>
zwey sehr verschiedene Insektenarten, die aber<lb/>
in der Bildung der Bewegungsorgane einander ver-<lb/>
wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des<lb/>
Magens ziemlich nahe. Allein auch diese Bezie-<lb/>
hung wird durch andere Umstände modifizirt. Die<lb/>
Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form<lb/>
der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der<lb/>
Gestalt des Nahrungscanals so weit wie möglich<lb/>
von einander entfernt.</p><lb/>
                <p>Aus allem diesem folgt, da&#x017F;s es Formen des<lb/>
Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung<lb/>
auf die Verdauung haben, sondern welche Re-<lb/>
sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind,<lb/>
worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga-<lb/>
nismus steht. Bey manchen Thieren lassen sich<lb/>
die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewi&#x017F;s-<lb/>
heit angeben. So zerästeln sich auf der innern<lb/>
Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis<lb/>
ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber<lb/>
hier dient jener Canal zugleich als Respirations-<lb/>
organ, und vorzüglich als solches ist er so reich<lb/>
an Blutgefä&#x017F;sen. So giebt es bey den Schmetter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lingen</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0411] Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im ersten Bande der Biologie (S. 363.) gesehen ha- ben, die Regel statt, daſs die Länge des Nah- rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben im geraden Verhältniſs mit der Zahl der Gelenke steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus), zwey sehr verschiedene Insektenarten, die aber in der Bildung der Bewegungsorgane einander ver- wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des Magens ziemlich nahe. Allein auch diese Bezie- hung wird durch andere Umstände modifizirt. Die Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der Gestalt des Nahrungscanals so weit wie möglich von einander entfernt. Aus allem diesem folgt, daſs es Formen des Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung auf die Verdauung haben, sondern welche Re- sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind, worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga- nismus steht. Bey manchen Thieren lassen sich die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewiſs- heit angeben. So zerästeln sich auf der innern Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber hier dient jener Canal zugleich als Respirations- organ, und vorzüglich als solches ist er so reich an Blutgefäſsen. So giebt es bey den Schmetter- lingen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/411
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/411>, abgerufen am 23.11.2024.