Es findet aber unter den Insekten eine grosse Verschiedenheit in der Abhängigkeit des Lebens von dem Zutritt der Luft zu den Respirations- organen statt. Eine Weidenraupe, die ich in ei- nem Glase voll Wasser verschlossen hatte, lebte darin über vier und zwanzig Stunden, und ihre entblössten Muskeln änsserten, als ich sie hierauf zergliederte, noch ziemlich starke Contraktio- nen l). Eine gemeine Assel (Oniscus Asellus L.) und eine Scolopendra forficata, die ich wieder- holt in Oel tauchte, litten wenig oder nichts von dieser Operation, da ein Carabus ruficornis gleich nach dem Eintauchen sehr ermattet und ohnge- fähr nach einer Stunde völlig todt war. In einem andern Versuch bestrich ich bey einer Larve des Scarabaeus nasicornis die Stigmate wiederholt mit Oel, und brachte eine andere unter ein umge- stürztes Glas voll Wasser. Beyde Thiere lebten
noch
l)Lyonnet (Traite de la chenille du saule. p. 78.) will eine solche Raupe unter Wasser sogar nach acht Ta- gen, und unter der Luftpumpe nach zwey Stunden noch lebend gefunden haben. Er fügt die Bemer- kung hinzu, dass Weidenraupen, die er unter Was- ser gebracht hatte, gleich in der ersten Stunde nach dem Untertauchen alle Bewegung verloren hätten. Hiermit stimmen meine Erfahrungen nicht überein. Die oben erwähnte Raupe bewegte sich noch meh- rere Stunden unter dem Wasser.
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Es findet aber unter den Insekten eine groſse Verschiedenheit in der Abhängigkeit des Lebens von dem Zutritt der Luft zu den Respirations- organen statt. Eine Weidenraupe, die ich in ei- nem Glase voll Wasser verschlossen hatte, lebte darin über vier und zwanzig Stunden, und ihre entblöſsten Muskeln änsserten, als ich sie hierauf zergliederte, noch ziemlich starke Contraktio- nen l). Eine gemeine Assel (Oniscus Asellus L.) und eine Scolopendra forficata, die ich wieder- holt in Oel tauchte, litten wenig oder nichts von dieser Operation, da ein Carabus ruficornis gleich nach dem Eintauchen sehr ermattet und ohnge- fähr nach einer Stunde völlig todt war. In einem andern Versuch bestrich ich bey einer Larve des Scarabaeus nasicornis die Stigmate wiederholt mit Oel, und brachte eine andere unter ein umge- stürztes Glas voll Wasser. Beyde Thiere lebten
noch
l)Lyonnet (Traité de la chenille du saule. p. 78.) will eine solche Raupe unter Wasser sogar nach acht Ta- gen, und unter der Luftpumpe nach zwey Stunden noch lebend gefunden haben. Er fügt die Bemer- kung hinzu, daſs Weidenraupen, die er unter Was- ser gebracht hatte, gleich in der ersten Stunde nach dem Untertauchen alle Bewegung verloren hätten. Hiermit stimmen meine Erfahrungen nicht überein. Die oben erwähnte Raupe bewegte sich noch meh- rere Stunden unter dem Wasser.
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Es findet aber unter den Insekten eine groſse
Verschiedenheit in der Abhängigkeit des Lebens
von dem Zutritt der Luft zu den Respirations-
organen statt. Eine Weidenraupe, die ich in ei-
nem Glase voll Wasser verschlossen hatte, lebte
darin über vier und zwanzig Stunden, und ihre
entblöſsten Muskeln änsserten, als ich sie hierauf
zergliederte, noch ziemlich starke Contraktio-
nen l). Eine gemeine Assel (Oniscus Asellus L.)
und eine Scolopendra forficata, die ich wieder-
holt in Oel tauchte, litten wenig oder nichts von
dieser Operation, da ein Carabus ruficornis gleich
nach dem Eintauchen sehr ermattet und ohnge-
fähr nach einer Stunde völlig todt war. In einem
andern Versuch bestrich ich bey einer Larve des
Scarabaeus nasicornis die Stigmate wiederholt mit
Oel, und brachte eine andere unter ein umge-
stürztes Glas voll Wasser. Beyde Thiere lebten
noch
l) Lyonnet (Traité de la chenille du saule. p. 78.) will
eine solche Raupe unter Wasser sogar nach acht Ta-
gen, und unter der Luftpumpe nach zwey Stunden
noch lebend gefunden haben. Er fügt die Bemer-
kung hinzu, daſs Weidenraupen, die er unter Was-
ser gebracht hatte, gleich in der ersten Stunde nach
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Hiermit stimmen meine Erfahrungen nicht überein.
Die oben erwähnte Raupe bewegte sich noch meh-
rere Stunden unter dem Wasser.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/167>, abgerufen am 24.11.2024.
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