Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

So wie es für die Wärme einen gewissen Zu-
stand giebt, den wir mit dem Namen des Ge-
bundenseyns derselben bezeichnen, so fand daher
auch für die Lebenskraft in den frühesten Zei-
ten der Erde ein ähnlicher Zustand statt. Aber
Gebundenseyn der Wärme ist nicht aufgehoben,
sondern nur anders modificirte Thätigkeit dersel-
ben. Eben diese Bewandniss muss es in jenen
Zeiten mit der Lebenskraft gehabt haben. Leben
war damals ein Attribut der ganzen Erde; der
Charakter dieses Zustandes war damals vielleicht
auch in der Struktur der Erde noch deutlich
ausgedrückt (p); es fand noch keine Trennung
zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt;
diese entstand erst, als sich einzelne Organismen
von der Erde losrissen, und kleinere, in sich
geschlossene Welten darstellten. Aber auch jetzt
noch ist der Gegensatz des Lebendigen und des

Leblo-
(p) Metallurgi passim vulgari ratione venas pro trun-
cis ramisque habent, quasi vegetatione crevissent:
scilicet quia delineatas a mensoribus hanc speciem
aliquando praebere vident. Nec dubium est, cum
prima telluris tenerae stamina duceret sapientissimus
conditor, aliquid formationi animali aut plantae
simile contigisse, sed incendiis et eluvionibus ac
ruinis nunc ita detortum perturbatumque in hac
superficie et velut cute, ut aegerrime nosci possit.
Leibnitii Protog. p. 17. 18.
C 4

So wie es für die Wärme einen gewissen Zu-
stand giebt, den wir mit dem Namen des Ge-
bundenseyns derselben bezeichnen, so fand daher
auch für die Lebenskraft in den frühesten Zei-
ten der Erde ein ähnlicher Zustand statt. Aber
Gebundenseyn der Wärme ist nicht aufgehoben,
sondern nur anders modificirte Thätigkeit dersel-
ben. Eben diese Bewandniſs muſs es in jenen
Zeiten mit der Lebenskraft gehabt haben. Leben
war damals ein Attribut der ganzen Erde; der
Charakter dieses Zustandes war damals vielleicht
auch in der Struktur der Erde noch deutlich
ausgedrückt (p); es fand noch keine Trennung
zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt;
diese entstand erst, als sich einzelne Organismen
von der Erde losrissen, und kleinere, in sich
geschlossene Welten darstellten. Aber auch jetzt
noch ist der Gegensatz des Lebendigen und des

Leblo-
(p) Metallurgi passim vulgari ratione venas pro trun-
cis ramisque habent, quasi vegetatione crevissent:
scilicet quia delineatas a mensoribus hanc speciem
aliquando praebere vident. Nec dubium est, cum
prima telluris tenerae stamina duceret sapientissimus
conditor, aliquid formationi animali aut plantae
simile contigisse, sed incendiis et eluvionibus ac
ruinis nunc ita detortum perturbatumque in hac
superficie et velut cute, ut aegerrime nosci possit.
Leibnitii Protog. p. 17. 18.
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0049" n="39"/>
            <p>So wie es für die Wärme einen gewissen Zu-<lb/>
stand giebt, den wir mit dem Namen des Ge-<lb/>
bundenseyns derselben bezeichnen, so fand daher<lb/>
auch für die Lebenskraft in den frühesten Zei-<lb/>
ten der Erde ein ähnlicher Zustand statt. Aber<lb/>
Gebundenseyn der Wärme ist nicht aufgehoben,<lb/>
sondern nur anders modificirte Thätigkeit dersel-<lb/>
ben. Eben diese Bewandni&#x017F;s mu&#x017F;s es in jenen<lb/>
Zeiten mit der Lebenskraft gehabt haben. Leben<lb/>
war damals ein Attribut der ganzen Erde; der<lb/>
Charakter dieses Zustandes war damals vielleicht<lb/>
auch in der Struktur der Erde noch deutlich<lb/>
ausgedrückt <note place="foot" n="(p)">Metallurgi passim vulgari ratione venas pro trun-<lb/>
cis ramisque habent, quasi vegetatione crevissent:<lb/>
scilicet quia delineatas a mensoribus hanc speciem<lb/>
aliquando praebere vident. Nec dubium est, cum<lb/>
prima telluris tenerae stamina duceret sapientissimus<lb/>
conditor, aliquid formationi animali aut plantae<lb/>
simile contigisse, sed incendiis et eluvionibus ac<lb/>
ruinis nunc ita detortum perturbatumque in hac<lb/>
superficie et velut cute, ut aegerrime nosci possit.<lb/><hi rendition="#k">Leibnitii</hi> Protog. p. 17. 18.</note>; es fand noch keine Trennung<lb/>
zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt;<lb/>
diese entstand erst, als sich einzelne Organismen<lb/>
von der Erde losrissen, und kleinere, in sich<lb/>
geschlossene Welten darstellten. Aber auch jetzt<lb/>
noch ist der Gegensatz des Lebendigen und des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leblo-</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0049] So wie es für die Wärme einen gewissen Zu- stand giebt, den wir mit dem Namen des Ge- bundenseyns derselben bezeichnen, so fand daher auch für die Lebenskraft in den frühesten Zei- ten der Erde ein ähnlicher Zustand statt. Aber Gebundenseyn der Wärme ist nicht aufgehoben, sondern nur anders modificirte Thätigkeit dersel- ben. Eben diese Bewandniſs muſs es in jenen Zeiten mit der Lebenskraft gehabt haben. Leben war damals ein Attribut der ganzen Erde; der Charakter dieses Zustandes war damals vielleicht auch in der Struktur der Erde noch deutlich ausgedrückt (p); es fand noch keine Trennung zwischen dem Lebendigen und Leblosen statt; diese entstand erst, als sich einzelne Organismen von der Erde losrissen, und kleinere, in sich geschlossene Welten darstellten. Aber auch jetzt noch ist der Gegensatz des Lebendigen und des Leblo- (p) Metallurgi passim vulgari ratione venas pro trun- cis ramisque habent, quasi vegetatione crevissent: scilicet quia delineatas a mensoribus hanc speciem aliquando praebere vident. Nec dubium est, cum prima telluris tenerae stamina duceret sapientissimus conditor, aliquid formationi animali aut plantae simile contigisse, sed incendiis et eluvionibus ac ruinis nunc ita detortum perturbatumque in hac superficie et velut cute, ut aegerrime nosci possit. Leibnitii Protog. p. 17. 18. C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/49
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/49>, abgerufen am 27.11.2024.