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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

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beugten sich mit den freyen Enden stossweise von der Rech-
ten zur Linken und von der Linken zur Rechten. Doch
krümmten sie sich auch nach jeder andern Richtung. Oft
drehten sie sich so, dass ihr freyes Ende einen Cirkel, und
ihr Ganzes einen Kegel beschrieb; oft erschienen sie in
schlangenförmiger Gestalt; oft näherte sich ihr bewegli-
ches Ende dem unbeweglichen so, dass sie das Ansehn von
biegsamen Stäben erhielten, deren Enden gegen einander
gebogen sind. Bey der pendelförmigen Bewegung machte
gewöhnlich das freye Ende eine hakenförmige Krümmung.
Zugleich fand hierbey eine fortschreitende Bewegung statt,
vermöge welcher das eine Ende, womit der Faden am
Schlamme sass, entweder in diesen tiefer eindrang, oder sich
aus demselben herausbegab, und die man bey einer flüch-
tigen Beobachtung leicht für eine Verkürzung, oder für
ein Wachsthum der Conferve ansieht. Zuweilen sahe ich
einen Faden, der bisher unbeweglich gelegen hatte, seine
Bewegungen auf einmal stossweise anfangen, Die Tempe-
ratur und das Verdünsten des Wassers schien auf die
Schnelligkeit und Stärke der Bewegungen Einfluss zu ha-
ben. Ich beobachtete nehmlich, dass ein Haufen von Fä-
den, den ich lange vor einem offenen Fenster betrachtet
hatte, ohne heftige Bewegungen darin wahrzunehmen,
sich stärker zu krümmen anfing, als die Thüre des Zim-
mers geöffnet wurde, und davon ein Luftzug entstand, der
das Vergrösserungsglas traf.

In dem letztern Zustande, worin die Fäden der Con-
ferve eine blaugrüne Farbe haben, gingen ihre Bewegun-
gen nicht so lebhaft, wie in dem erstern, vor sich. Als
ich in einem Wassertropfen, der einen Haufen jener Fä-
den enthielt, etwas weissen Zucker auflöste, rollten sich
diese auf, wurden steif und unbeweglich, und bekamen
ein gegliedertes Ansehn.

S. 384.

Umständlicher sind Girod-Chantran's Beobachtun-

gen

beugten sich mit den freyen Enden stoſsweise von der Rech-
ten zur Linken und von der Linken zur Rechten. Doch
krümmten sie sich auch nach jeder andern Richtung. Oft
drehten sie sich so, daſs ihr freyes Ende einen Cirkel, und
ihr Ganzes einen Kegel beschrieb; oft erschienen sie in
schlangenförmiger Gestalt; oft näherte sich ihr bewegli-
ches Ende dem unbeweglichen so, daſs sie das Ansehn von
biegsamen Stäben erhielten, deren Enden gegen einander
gebogen sind. Bey der pendelförmigen Bewegung machte
gewöhnlich das freye Ende eine hakenförmige Krümmung.
Zugleich fand hierbey eine fortschreitende Bewegung statt,
vermöge welcher das eine Ende, womit der Faden am
Schlamme saſs, entweder in diesen tiefer eindrang, oder sich
aus demselben herausbegab, und die man bey einer flüch-
tigen Beobachtung leicht für eine Verkürzung, oder für
ein Wachsthum der Conferve ansieht. Zuweilen sahe ich
einen Faden, der bisher unbeweglich gelegen hatte, seine
Bewegungen auf einmal stoſsweise anfangen, Die Tempe-
ratur und das Verdünsten des Wassers schien auf die
Schnelligkeit und Stärke der Bewegungen Einfluſs zu ha-
ben. Ich beobachtete nehmlich, daſs ein Haufen von Fä-
den, den ich lange vor einem offenen Fenster betrachtet
hatte, ohne heftige Bewegungen darin wahrzunehmen,
sich stärker zu krümmen anfing, als die Thüre des Zim-
mers geöffnet wurde, und davon ein Luftzug entstand, der
das Vergröſserungsglas traf.

In dem letztern Zustande, worin die Fäden der Con-
ferve eine blaugrüne Farbe haben, gingen ihre Bewegun-
gen nicht so lebhaft, wie in dem erstern, vor sich. Als
ich in einem Wassertropfen, der einen Haufen jener Fä-
den enthielt, etwas weissen Zucker auflöste, rollten sich
diese auf, wurden steif und unbeweglich, und bekamen
ein gegliedertes Ansehn.

S. 384.

Umständlicher sind Girod-Chantran’s Beobachtun-

gen
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[506/0516] beugten sich mit den freyen Enden stoſsweise von der Rech- ten zur Linken und von der Linken zur Rechten. Doch krümmten sie sich auch nach jeder andern Richtung. Oft drehten sie sich so, daſs ihr freyes Ende einen Cirkel, und ihr Ganzes einen Kegel beschrieb; oft erschienen sie in schlangenförmiger Gestalt; oft näherte sich ihr bewegli- ches Ende dem unbeweglichen so, daſs sie das Ansehn von biegsamen Stäben erhielten, deren Enden gegen einander gebogen sind. Bey der pendelförmigen Bewegung machte gewöhnlich das freye Ende eine hakenförmige Krümmung. Zugleich fand hierbey eine fortschreitende Bewegung statt, vermöge welcher das eine Ende, womit der Faden am Schlamme saſs, entweder in diesen tiefer eindrang, oder sich aus demselben herausbegab, und die man bey einer flüch- tigen Beobachtung leicht für eine Verkürzung, oder für ein Wachsthum der Conferve ansieht. Zuweilen sahe ich einen Faden, der bisher unbeweglich gelegen hatte, seine Bewegungen auf einmal stoſsweise anfangen, Die Tempe- ratur und das Verdünsten des Wassers schien auf die Schnelligkeit und Stärke der Bewegungen Einfluſs zu ha- ben. Ich beobachtete nehmlich, daſs ein Haufen von Fä- den, den ich lange vor einem offenen Fenster betrachtet hatte, ohne heftige Bewegungen darin wahrzunehmen, sich stärker zu krümmen anfing, als die Thüre des Zim- mers geöffnet wurde, und davon ein Luftzug entstand, der das Vergröſserungsglas traf. In dem letztern Zustande, worin die Fäden der Con- ferve eine blaugrüne Farbe haben, gingen ihre Bewegun- gen nicht so lebhaft, wie in dem erstern, vor sich. Als ich in einem Wassertropfen, der einen Haufen jener Fä- den enthielt, etwas weissen Zucker auflöste, rollten sich diese auf, wurden steif und unbeweglich, und bekamen ein gegliedertes Ansehn. S. 384. Umständlicher sind Girod-Chantran’s Beobachtun- gen

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/516>, abgerufen am 26.04.2024.