Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

In Betreff der Säugthiere und Vögel ist es sehr
wahrscheinlich, dass die Veränderung der Farbe,
welche viele von denen, die den Norden bewohnen,
im Winter erleiden, nicht bey allen von dem ver-
minderten Einflusse des Lichts, sondern bey man-
chen auch von Mangel an Nahrung herrührt. Man
weiss sicher, sagt der jüngere Gmelin (q), dass
Thiere, welche hungern müssen, das beste Pelz-
werk geben. Die Siberischen Tartaren nehmen
die Füchse aus ihren Gruben, entziehen ihnen die
Nahrung, und ihr Fell verbessert sich. So lange
der Wolf genug zu fressen hat, werden seine Haa-
re weder schön, noch weiss. Einige gefrässige
Raubvögel bekommen dichte und weisse Federn,
wenn ihnen im Winter kleine Vögel fehlen; hinge-
gen der Adler und der Uhu verändern ihre Farbe
niemals, weil sie sich vom Raube vierfüssiger
Thiere nähren deren sie im Winter so gut, als im
Sommer, habhaft werden können. Oeffnet man
im Winter diejenigen Thiere, deren Haare oder
Federn in dieser Jahreszeit vollkommner werden,
so findet man, dass sie mager und mit vieler Feuch-
tigkeit angefüllt sind. Säugthiere und Vögel, die
immer zu fressen haben, verändern ihre Farbe nie-
mals. Deswegen hat man unter einem gemässigten
oder warmen Himmelsstriche keine Beyspiele von
solchen Wintertrachten, wie man im Norden sieht:
denn dort kann es niemals an Nahrung fehlen.

Des-
(q) Reise durch Russland. Th. 1. S. 38 ff.

In Betreff der Säugthiere und Vögel ist es sehr
wahrscheinlich, daſs die Veränderung der Farbe,
welche viele von denen, die den Norden bewohnen,
im Winter erleiden, nicht bey allen von dem ver-
minderten Einflusse des Lichts, sondern bey man-
chen auch von Mangel an Nahrung herrührt. Man
weiſs sicher, sagt der jüngere Gmelin (q), daſs
Thiere, welche hungern müssen, das beste Pelz-
werk geben. Die Siberischen Tartaren nehmen
die Füchse aus ihren Gruben, entziehen ihnen die
Nahrung, und ihr Fell verbessert sich. So lange
der Wolf genug zu fressen hat, werden seine Haa-
re weder schön, noch weiſs. Einige gefräſsige
Raubvögel bekommen dichte und weisse Federn,
wenn ihnen im Winter kleine Vögel fehlen; hinge-
gen der Adler und der Uhu verändern ihre Farbe
niemals, weil sie sich vom Raube vierfüſsiger
Thiere nähren deren sie im Winter so gut, als im
Sommer, habhaft werden können. Oeffnet man
im Winter diejenigen Thiere, deren Haare oder
Federn in dieser Jahreszeit vollkommner werden,
so findet man, daſs sie mager und mit vieler Feuch-
tigkeit angefüllt sind. Säugthiere und Vögel, die
immer zu fressen haben, verändern ihre Farbe nie-
mals. Deswegen hat man unter einem gemäſsigten
oder warmen Himmelsstriche keine Beyspiele von
solchen Wintertrachten, wie man im Norden sieht:
denn dort kann es niemals an Nahrung fehlen.

Des-
(q) Reise durch Ruſsland. Th. 1. S. 38 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0501" n="491"/>
                <p>In Betreff der Säugthiere und Vögel ist es sehr<lb/>
wahrscheinlich, da&#x017F;s die Veränderung der Farbe,<lb/>
welche viele von denen, die den Norden bewohnen,<lb/>
im Winter erleiden, nicht bey allen von dem ver-<lb/>
minderten Einflusse des Lichts, sondern bey man-<lb/>
chen auch von Mangel an Nahrung herrührt. Man<lb/>
wei&#x017F;s sicher, sagt der jüngere <hi rendition="#k">Gmelin</hi> <note place="foot" n="(q)">Reise durch Ru&#x017F;sland. Th. 1. S. 38 ff.</note>, da&#x017F;s<lb/>
Thiere, welche hungern müssen, das beste Pelz-<lb/>
werk geben. Die Siberischen Tartaren nehmen<lb/>
die Füchse aus ihren Gruben, entziehen ihnen die<lb/>
Nahrung, und ihr Fell verbessert sich. So lange<lb/>
der Wolf genug zu fressen hat, werden seine Haa-<lb/>
re weder schön, noch wei&#x017F;s. Einige gefrä&#x017F;sige<lb/>
Raubvögel bekommen dichte und weisse Federn,<lb/>
wenn ihnen im Winter kleine Vögel fehlen; hinge-<lb/>
gen der Adler und der Uhu verändern ihre Farbe<lb/>
niemals, weil sie sich vom Raube vierfü&#x017F;siger<lb/>
Thiere nähren deren sie im Winter so gut, als im<lb/>
Sommer, habhaft werden können. Oeffnet man<lb/>
im Winter diejenigen Thiere, deren Haare oder<lb/>
Federn in dieser Jahreszeit vollkommner werden,<lb/>
so findet man, da&#x017F;s sie mager und mit vieler Feuch-<lb/>
tigkeit angefüllt sind. Säugthiere und Vögel, die<lb/>
immer zu fressen haben, verändern ihre Farbe nie-<lb/>
mals. Deswegen hat man unter einem gemä&#x017F;sigten<lb/>
oder warmen Himmelsstriche keine Beyspiele von<lb/>
solchen Wintertrachten, wie man im Norden sieht:<lb/>
denn dort kann es niemals an Nahrung fehlen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Des-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[491/0501] In Betreff der Säugthiere und Vögel ist es sehr wahrscheinlich, daſs die Veränderung der Farbe, welche viele von denen, die den Norden bewohnen, im Winter erleiden, nicht bey allen von dem ver- minderten Einflusse des Lichts, sondern bey man- chen auch von Mangel an Nahrung herrührt. Man weiſs sicher, sagt der jüngere Gmelin (q), daſs Thiere, welche hungern müssen, das beste Pelz- werk geben. Die Siberischen Tartaren nehmen die Füchse aus ihren Gruben, entziehen ihnen die Nahrung, und ihr Fell verbessert sich. So lange der Wolf genug zu fressen hat, werden seine Haa- re weder schön, noch weiſs. Einige gefräſsige Raubvögel bekommen dichte und weisse Federn, wenn ihnen im Winter kleine Vögel fehlen; hinge- gen der Adler und der Uhu verändern ihre Farbe niemals, weil sie sich vom Raube vierfüſsiger Thiere nähren deren sie im Winter so gut, als im Sommer, habhaft werden können. Oeffnet man im Winter diejenigen Thiere, deren Haare oder Federn in dieser Jahreszeit vollkommner werden, so findet man, daſs sie mager und mit vieler Feuch- tigkeit angefüllt sind. Säugthiere und Vögel, die immer zu fressen haben, verändern ihre Farbe nie- mals. Deswegen hat man unter einem gemäſsigten oder warmen Himmelsstriche keine Beyspiele von solchen Wintertrachten, wie man im Norden sieht: denn dort kann es niemals an Nahrung fehlen. Des- (q) Reise durch Ruſsland. Th. 1. S. 38 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/501
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/501>, abgerufen am 25.11.2024.