wenn sie nach so vielen Zufällen den Ort ihrer Be- stimmung erreicht haben, entweder Jahre lang in den weiblichen Zeugungsorganen liegen können, ohne die Fähigkeit zur Entwickelung zu verlieh- ren, oder sie müssen, so wie sie in den Eyer- stöcken abgesetzt sind, gleich wieder eingesogen werden, und neuen Platz machen. Doch schon genug der Absurditäten! Und gesetzt diese Unge- reimtheiten liessen sich reimen, wie kämen die Fa- denrundwürmer, die Pfriemenschwänze und so viele andere Würmer, die sich nicht durch Eyer, sondern durch lebendige Junge fortpflanzen, in den Körper des Embryo?
Es vereinigt sich also Alles, um uns zu über- zeugen, dass die ersten Eingeweidewürmer, die sich im thierischen Körper erzeugen, nicht von ähnlichen Organismen herstammen, sondern aus den Säften jenes Körpers ohne Voreltern gebildet werden. Und hiermit sehen wir einen Weg zur Erklärung von hundert Thatsachen bey der Ent- stehung jener Würmer, die bey den übrigen Hypo- thesen immer unerklärt bleiben müssen. "Wie," frägt z. B. Goeze(i), "mag die Entstehungsart des "kugelförmigen Bandwurms mit der Decke beschaf- "fen seyn? Spuhren von Eyern habe ich in kei- "nem einzigen entdecken können. Gewiss ist es, "dass die Entstehungsart des Wurms vom Kleinen,
"und
(i) A. a. O. S. 207.
wenn sie nach so vielen Zufällen den Ort ihrer Be- stimmung erreicht haben, entweder Jahre lang in den weiblichen Zeugungsorganen liegen können, ohne die Fähigkeit zur Entwickelung zu verlieh- ren, oder sie müssen, so wie sie in den Eyer- stöcken abgesetzt sind, gleich wieder eingesogen werden, und neuen Platz machen. Doch schon genug der Absurditäten! Und gesetzt diese Unge- reimtheiten liessen sich reimen, wie kämen die Fa- denrundwürmer, die Pfriemenschwänze und so viele andere Würmer, die sich nicht durch Eyer, sondern durch lebendige Junge fortpflanzen, in den Körper des Embryo?
Es vereinigt sich also Alles, um uns zu über- zeugen, daſs die ersten Eingeweidewürmer, die sich im thierischen Körper erzeugen, nicht von ähnlichen Organismen herstammen, sondern aus den Säften jenes Körpers ohne Voreltern gebildet werden. Und hiermit sehen wir einen Weg zur Erklärung von hundert Thatsachen bey der Ent- stehung jener Würmer, die bey den übrigen Hypo- thesen immer unerklärt bleiben müssen. “Wie,” frägt z. B. Goeze(i), “mag die Entstehungsart des „kugelförmigen Bandwurms mit der Decke beschaf- „fen seyn? Spuhren von Eyern habe ich in kei- „nem einzigen entdecken können. Gewiſs ist es, „daſs die Entstehungsart des Wurms vom Kleinen,
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(i) A. a. O. S. 207.
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wenn sie nach so vielen Zufällen den Ort ihrer Be-
stimmung erreicht haben, entweder Jahre lang in
den weiblichen Zeugungsorganen liegen können,
ohne die Fähigkeit zur Entwickelung zu verlieh-
ren, oder sie müssen, so wie sie in den Eyer-
stöcken abgesetzt sind, gleich wieder eingesogen
werden, und neuen Platz machen. Doch schon
genug der Absurditäten! Und gesetzt diese Unge-
reimtheiten liessen sich reimen, wie kämen die Fa-
denrundwürmer, die Pfriemenschwänze und so
viele andere Würmer, die sich nicht durch Eyer,
sondern durch lebendige Junge fortpflanzen, in den
Körper des Embryo?
Es vereinigt sich also Alles, um uns zu über-
zeugen, daſs die ersten Eingeweidewürmer, die
sich im thierischen Körper erzeugen, nicht von
ähnlichen Organismen herstammen, sondern aus
den Säften jenes Körpers ohne Voreltern gebildet
werden. Und hiermit sehen wir einen Weg zur
Erklärung von hundert Thatsachen bey der Ent-
stehung jener Würmer, die bey den übrigen Hypo-
thesen immer unerklärt bleiben müssen. “Wie,”
frägt z. B. Goeze (i), “mag die Entstehungsart des
„kugelförmigen Bandwurms mit der Decke beschaf-
„fen seyn? Spuhren von Eyern habe ich in kei-
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(i) A. a. O. S. 207.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/380>, abgerufen am 24.11.2024.
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