Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Es wird dies um so wahrscheinlicher, wenn
man die ungeheure Menge von Insekten erwägt,
womit nach dem Zeugnisse aller Reisenden die
heissen Gegenden bedeckt sind. An den Ufern des
Senegal verdunkeln die Heerzüge der Heuschrecken
und Mücken oft die Sonne; die Marigoins und
Stechfliegen liegen auf der nackten Haut der Neger
oft in mehrern Schichten über einander; selbst der
sonst unfruchtbare Sand wimmelt von einer Art
kleiner Flöhe, und die Ameisen Vagvague verzeh-
ren in wenigen Tagen ein neues Haus (l). Bey
Thirsty-Sound in Neuholland fanden Banks und
Solander eine so unglaubliche Menge von Schmet-
terlingen, dass in einem kleinen Bezirke von drey
bis vier Morgen Landes auf allen Seiten wohl Mil-
lionen derselben in der Luft herumflatterten, und
ausserdem fast alle Aeste und Zweige der Bäume
davon voll waren (m).

Locale Umstände bringen aber freylich oft Aus-
nahmen von diesem Gesetze der zunehmenden Men-
ge der Arten mit zunehmender Entfernung von den
Polen, und zwar am häufigsten bey den Seepro-
dukten hervor. Wir haben schon im Anfange die-
ses Capitels ein Beyspiel der Art bey der Verglei-
chung der Mollusken und Würmer von Grönland
und Schweden gefunden. Ein anderes giebt der

Caspi-
(l) Adanson's Reise nach Senegal.
(m) Hawkesworth's Gesch. der Seereisen. B. 3. S. 121.

Es wird dies um so wahrscheinlicher, wenn
man die ungeheure Menge von Insekten erwägt,
womit nach dem Zeugnisse aller Reisenden die
heissen Gegenden bedeckt sind. An den Ufern des
Senegal verdunkeln die Heerzüge der Heuschrecken
und Mücken oft die Sonne; die Marigoins und
Stechfliegen liegen auf der nackten Haut der Neger
oft in mehrern Schichten über einander; selbst der
sonst unfruchtbare Sand wimmelt von einer Art
kleiner Flöhe, und die Ameisen Vagvague verzeh-
ren in wenigen Tagen ein neues Haus (l). Bey
Thirsty-Sound in Neuholland fanden Banks und
Solander eine so unglaubliche Menge von Schmet-
terlingen, daſs in einem kleinen Bezirke von drey
bis vier Morgen Landes auf allen Seiten wohl Mil-
lionen derselben in der Luft herumflatterten, und
ausserdem fast alle Aeste und Zweige der Bäume
davon voll waren (m).

Locale Umstände bringen aber freylich oft Aus-
nahmen von diesem Gesetze der zunehmenden Men-
ge der Arten mit zunehmender Entfernung von den
Polen, und zwar am häufigsten bey den Seepro-
dukten hervor. Wir haben schon im Anfange die-
ses Capitels ein Beyspiel der Art bey der Verglei-
chung der Mollusken und Würmer von Grönland
und Schweden gefunden. Ein anderes giebt der

Caspi-
(l) Adanson’s Reise nach Senegal.
(m) Hawkesworth’s Gesch. der Seereisen. B. 3. S. 121.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0210" n="200"/>
                <p>Es wird dies um so wahrscheinlicher, wenn<lb/>
man die ungeheure Menge von Insekten erwägt,<lb/>
womit nach dem Zeugnisse aller Reisenden die<lb/>
heissen Gegenden bedeckt sind. An den Ufern des<lb/>
Senegal verdunkeln die Heerzüge der Heuschrecken<lb/>
und Mücken oft die Sonne; die Marigoins und<lb/>
Stechfliegen liegen auf der nackten Haut der Neger<lb/>
oft in mehrern Schichten über einander; selbst der<lb/>
sonst unfruchtbare Sand wimmelt von einer Art<lb/>
kleiner Flöhe, und die Ameisen Vagvague verzeh-<lb/>
ren in wenigen Tagen ein neues Haus <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#k">Adanson</hi>&#x2019;s Reise nach Senegal.</note>. Bey<lb/>
Thirsty-Sound in Neuholland fanden <hi rendition="#k">Banks</hi> und<lb/><hi rendition="#k">Solander</hi> eine so unglaubliche Menge von Schmet-<lb/>
terlingen, da&#x017F;s in einem kleinen Bezirke von drey<lb/>
bis vier Morgen Landes auf allen Seiten wohl Mil-<lb/>
lionen derselben in der Luft herumflatterten, und<lb/>
ausserdem fast alle Aeste und Zweige der Bäume<lb/>
davon voll waren <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#k">Hawkesworth</hi>&#x2019;s Gesch. der Seereisen. B. 3. S. 121.</note>.</p><lb/>
                <p>Locale Umstände bringen aber freylich oft Aus-<lb/>
nahmen von diesem Gesetze der zunehmenden Men-<lb/>
ge der Arten mit zunehmender Entfernung von den<lb/>
Polen, und zwar am häufigsten bey den Seepro-<lb/>
dukten hervor. Wir haben schon im Anfange die-<lb/>
ses Capitels ein Beyspiel der Art bey der Verglei-<lb/>
chung der Mollusken und Würmer von Grönland<lb/>
und Schweden gefunden. Ein anderes giebt der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Caspi-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0210] Es wird dies um so wahrscheinlicher, wenn man die ungeheure Menge von Insekten erwägt, womit nach dem Zeugnisse aller Reisenden die heissen Gegenden bedeckt sind. An den Ufern des Senegal verdunkeln die Heerzüge der Heuschrecken und Mücken oft die Sonne; die Marigoins und Stechfliegen liegen auf der nackten Haut der Neger oft in mehrern Schichten über einander; selbst der sonst unfruchtbare Sand wimmelt von einer Art kleiner Flöhe, und die Ameisen Vagvague verzeh- ren in wenigen Tagen ein neues Haus (l). Bey Thirsty-Sound in Neuholland fanden Banks und Solander eine so unglaubliche Menge von Schmet- terlingen, daſs in einem kleinen Bezirke von drey bis vier Morgen Landes auf allen Seiten wohl Mil- lionen derselben in der Luft herumflatterten, und ausserdem fast alle Aeste und Zweige der Bäume davon voll waren (m). Locale Umstände bringen aber freylich oft Aus- nahmen von diesem Gesetze der zunehmenden Men- ge der Arten mit zunehmender Entfernung von den Polen, und zwar am häufigsten bey den Seepro- dukten hervor. Wir haben schon im Anfange die- ses Capitels ein Beyspiel der Art bey der Verglei- chung der Mollusken und Würmer von Grönland und Schweden gefunden. Ein anderes giebt der Caspi- (l) Adanson’s Reise nach Senegal. (m) Hawkesworth’s Gesch. der Seereisen. B. 3. S. 121.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/210
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/210>, abgerufen am 24.04.2024.