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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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heit eben so viel, wo nicht mehr, geschadet,
als genützt haben. Nur der Ruhm derer blieb
unbefleckt, die sich nicht anmaassten, das gan-
ze unermessliche Gebäude der Natur erleuch-
ten zu wollen, sondern ihren Zeitgenossen und
der Nachwelt zuriefen: diese Seiten glauben
wir erleuchtet zu haben; aber trauet auch dem
Lichte nicht zu viel, dass es euch nicht blende;
dort hingegen ist noch völlige Dunkelheit, und
dahin Licht zu bringen, wird euer Geschäft
seyn! Diese nützten ihren Zeitgenossen und
der Nachwelt selbst durch ihre Irrthümer. Und
zu dieser letztern Classe wünschte der Verfas-
ser zu gehören.

Von diesen Seiten hat also der Leser hof-
fentlich nichts zu besorgen. Was er aber wirk-
lich zu befürchten hat, ist leider! ein grosses
Werk, also freylich ein grosses Uebel. In-
zwischen, wir müssen grosse Bücher haben,
um kleine zu erhalten. Eines der erstern hofft
der Verfasser über den Gegenstand, worüber
er zu arbeiten sich vorgesetzt hat, einst zu be-
endigen. Aber zu einem kleinern hält er seine
Lebenszeit nicht für hinreichend. Doch wird
er auch nicht durch überflüssige Citate, oder

durch

heit eben so viel, wo nicht mehr, geschadet,
als genützt haben. Nur der Ruhm derer blieb
unbefleckt, die sich nicht anmàaſsten, das gan-
ze unermeſsliche Gebäude der Natur erleuch-
ten zu wollen, sondern ihren Zeitgenossen und
der Nachwelt zuriefen: diese Seiten glauben
wir erleuchtet zu haben; aber trauet auch dem
Lichte nicht zu viel, daſs es euch nicht blende;
dort hingegen ist noch völlige Dunkelheit, und
dahin Licht zu bringen, wird euer Geschäft
seyn! Diese nützten ihren Zeitgenossen und
der Nachwelt selbst durch ihre Irrthümer. Und
zu dieser letztern Classe wünschte der Verfas-
ser zu gehören.

Von diesen Seiten hat also der Leser hof-
fentlich nichts zu besorgen. Was er aber wirk-
lich zu befürchten hat, ist leider! ein groſses
Werk, also freylich ein groſses Uebel. In-
zwischen, wir müssen groſse Bücher haben,
um kleine zu erhalten. Eines der erstern hofft
der Verfasser über den Gegenstand, worüber
er zu arbeiten sich vorgesetzt hat, einst zu be-
endigen. Aber zu einem kleinern hält er seine
Lebenszeit nicht für hinreichend. Doch wird
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[X/0016] heit eben so viel, wo nicht mehr, geschadet, als genützt haben. Nur der Ruhm derer blieb unbefleckt, die sich nicht anmàaſsten, das gan- ze unermeſsliche Gebäude der Natur erleuch- ten zu wollen, sondern ihren Zeitgenossen und der Nachwelt zuriefen: diese Seiten glauben wir erleuchtet zu haben; aber trauet auch dem Lichte nicht zu viel, daſs es euch nicht blende; dort hingegen ist noch völlige Dunkelheit, und dahin Licht zu bringen, wird euer Geschäft seyn! Diese nützten ihren Zeitgenossen und der Nachwelt selbst durch ihre Irrthümer. Und zu dieser letztern Classe wünschte der Verfas- ser zu gehören. Von diesen Seiten hat also der Leser hof- fentlich nichts zu besorgen. Was er aber wirk- lich zu befürchten hat, ist leider! ein groſses Werk, also freylich ein groſses Uebel. In- zwischen, wir müssen groſse Bücher haben, um kleine zu erhalten. Eines der erstern hofft der Verfasser über den Gegenstand, worüber er zu arbeiten sich vorgesetzt hat, einst zu be- endigen. Aber zu einem kleinern hält er seine Lebenszeit nicht für hinreichend. Doch wird er auch nicht durch überflüssige Citate, oder durch

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/16>, abgerufen am 29.03.2024.