dargethan ist, dass jene Phänomene nicht Coeffekte irgend einer dritten Ursache sind. Im erstern Fal- le, wo die beobachteten Phänomene der Folge nach mit einander in Verbindung stehen, lässt sich die- ser Beweis auf dem Wege der Induktion nur daraus fuhren, dass bey dem Gleichbleiben oder der Ver- änderung des einen Phänomens auch ein Gleichblei- ben oder eine Veränderung des andern statt findet. Nun beziehen sich die meisten Beobachtungen des Arztes auf die Frage: ob zwischen gewissen Ein- wirkungen der Aussenwelt auf den menschlichen Körper und gewissen Erscheinungen des letztern eine Causalverbindung statt findet? Der Arzt kann also nur da auf eine solche Verbindung schliessen, wo diese Erscheinungen und jene Einwirkungen so mit einander verbunden sind, dass bey einer quan- titativen oder qualitativen Veränderung der letztern eine ähnliche Veränderung der erstern eintritt. Der Natur des lebenden Organismus gemäss, die in der Gleichförmigkeit der Erscheinungen bey ungleich- förmigen Einwirkungen der Aussenwelt besteht, findet aber bey ihm nie ein gleiches Verhältniss zwi- schen den Einwirkungen und Gegenwirkungen statt, als nur da, wo jene gewisse Schranken über- schreiten. Hier ist also durch Induktion zu keinen auch nur wahrscheinlichen Resultaten zu gelangen. Um diese zu erhalten, müsste der Arzt jene Einwir- kungen nach Gefallen verstärken, schwächen und verändern, also Versuche mit dem menschlichen
Kör-
dargethan ist, daſs jene Phänomene nicht Coeffekte irgend einer dritten Ursache sind. Im erstern Fal- le, wo die beobachteten Phänomene der Folge nach mit einander in Verbindung stehen, läſst sich die- ser Beweis auf dem Wege der Induktion nur daraus fuhren, daſs bey dem Gleichbleiben oder der Ver- änderung des einen Phänomens auch ein Gleichblei- ben oder eine Veränderung des andern statt findet. Nun beziehen sich die meisten Beobachtungen des Arztes auf die Frage: ob zwischen gewissen Ein- wirkungen der Aussenwelt auf den menschlichen Körper und gewissen Erscheinungen des letztern eine Causalverbindung statt findet? Der Arzt kann also nur da auf eine solche Verbindung schliessen, wo diese Erscheinungen und jene Einwirkungen so mit einander verbunden sind, daſs bey einer quan- titativen oder qualitativen Veränderung der letztern eine ähnliche Veränderung der erstern eintritt. Der Natur des lebenden Organismus gemäſs, die in der Gleichförmigkeit der Erscheinungen bey ungleich- förmigen Einwirkungen der Aussenwelt besteht, findet aber bey ihm nie ein gleiches Verhältniſs zwi- schen den Einwirkungen und Gegenwirkungen statt, als nur da, wo jene gewisse Schranken über- schreiten. Hier ist also durch Induktion zu keinen auch nur wahrscheinlichen Resultaten zu gelangen. Um diese zu erhalten, müſste der Arzt jene Einwir- kungen nach Gefallen verstärken, schwächen und verändern, also Versuche mit dem menschlichen
Kör-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0146"n="126"/>
dargethan ist, daſs jene Phänomene nicht Coeffekte<lb/>
irgend einer dritten Ursache sind. Im erstern Fal-<lb/>
le, wo die beobachteten Phänomene der Folge nach<lb/>
mit einander in Verbindung stehen, läſst sich die-<lb/>
ser Beweis auf dem Wege der Induktion nur daraus<lb/>
fuhren, daſs bey dem Gleichbleiben oder der Ver-<lb/>
änderung des einen Phänomens auch ein Gleichblei-<lb/>
ben oder eine Veränderung des andern statt findet.<lb/>
Nun beziehen sich die meisten Beobachtungen des<lb/>
Arztes auf die Frage: ob zwischen gewissen Ein-<lb/>
wirkungen der Aussenwelt auf den menschlichen<lb/>
Körper und gewissen Erscheinungen des letztern<lb/>
eine Causalverbindung statt findet? Der Arzt kann<lb/>
also nur da auf eine solche Verbindung schliessen,<lb/>
wo diese Erscheinungen und jene Einwirkungen so<lb/>
mit einander verbunden sind, daſs bey einer quan-<lb/>
titativen oder qualitativen Veränderung der letztern<lb/>
eine ähnliche Veränderung der erstern eintritt. Der<lb/>
Natur des lebenden Organismus gemäſs, die in der<lb/>
Gleichförmigkeit der Erscheinungen bey ungleich-<lb/>
förmigen Einwirkungen der Aussenwelt besteht,<lb/>
findet aber bey ihm nie ein gleiches Verhältniſs zwi-<lb/>
schen den Einwirkungen und Gegenwirkungen<lb/>
statt, als nur da, wo jene gewisse Schranken über-<lb/>
schreiten. Hier ist also durch Induktion zu keinen<lb/>
auch nur wahrscheinlichen Resultaten zu gelangen.<lb/>
Um diese zu erhalten, müſste der Arzt jene Einwir-<lb/>
kungen nach Gefallen verstärken, schwächen und<lb/>
verändern, also Versuche mit dem menschlichen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Kör-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[126/0146]
dargethan ist, daſs jene Phänomene nicht Coeffekte
irgend einer dritten Ursache sind. Im erstern Fal-
le, wo die beobachteten Phänomene der Folge nach
mit einander in Verbindung stehen, läſst sich die-
ser Beweis auf dem Wege der Induktion nur daraus
fuhren, daſs bey dem Gleichbleiben oder der Ver-
änderung des einen Phänomens auch ein Gleichblei-
ben oder eine Veränderung des andern statt findet.
Nun beziehen sich die meisten Beobachtungen des
Arztes auf die Frage: ob zwischen gewissen Ein-
wirkungen der Aussenwelt auf den menschlichen
Körper und gewissen Erscheinungen des letztern
eine Causalverbindung statt findet? Der Arzt kann
also nur da auf eine solche Verbindung schliessen,
wo diese Erscheinungen und jene Einwirkungen so
mit einander verbunden sind, daſs bey einer quan-
titativen oder qualitativen Veränderung der letztern
eine ähnliche Veränderung der erstern eintritt. Der
Natur des lebenden Organismus gemäſs, die in der
Gleichförmigkeit der Erscheinungen bey ungleich-
förmigen Einwirkungen der Aussenwelt besteht,
findet aber bey ihm nie ein gleiches Verhältniſs zwi-
schen den Einwirkungen und Gegenwirkungen
statt, als nur da, wo jene gewisse Schranken über-
schreiten. Hier ist also durch Induktion zu keinen
auch nur wahrscheinlichen Resultaten zu gelangen.
Um diese zu erhalten, müſste der Arzt jene Einwir-
kungen nach Gefallen verstärken, schwächen und
verändern, also Versuche mit dem menschlichen
Kör-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/146>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.