sammen. Trennen wir Zellgewebe von dem übri- gen lebenden Organismus, und reinigen dasselbe von dem Blute und andern fremdartigen Dingen, so äussert dasselbe keine Zusammenziehungen, oder sonstige Bewegungen, solange keine äussere Einwirkungen auf dasselbe statt finden. Jene Con- traktionen erfolgen aber, wenn es mit kaltem Was- ser, verdünnter Salpeter- oder Schwefelsäure be- sprengt wird, und zwar lassen sich dieselben so- lange hervorbringen, als das Zellgewebe noch feucht ist. Auch erfolgen sie noch, wenn gleich alle übrige Organe keine Spuhren des Lebens mehr äussern, und der Leichnam nur noch weich und biegsam ist (d).
Sind diese Contraktionen nun Lebenserschei- nungen? Mehrere Schriftsteller verneinen diese Frage, und berufen sich auf die Zusammenziehun- gen, welche die Kälte und jene Säuren auch in leb- losen Körpern hervorbringen. Allein dieser Um- stand kann hier nichts entscheiden. Nicht die Art der Reaktionen, sondern die Art, wie dieselben durch äussere Einwirkungen erregt werden, macht den Unterschied zwischen den vitalen und leblosen Bewegungen. Die Beantwortung jener Frage beru- het auf der Entscheidung des Punkts: ob bey jenen Bewegungen des Zellgewebes Lebenskraft mit im
Spie-
(d)Haller ibid. p. 444.
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sammen. Trennen wir Zellgewebe von dem übri- gen lebenden Organismus, und reinigen dasselbe von dem Blute und andern fremdartigen Dingen, so äussert dasselbe keine Zusammenziehungen, oder sonstige Bewegungen, solange keine äussere Einwirkungen auf dasselbe statt finden. Jene Con- traktionen erfolgen aber, wenn es mit kaltem Was- ser, verdünnter Salpeter- oder Schwefelsäure be- sprengt wird, und zwar lassen sich dieselben so- lange hervorbringen, als das Zellgewebe noch feucht ist. Auch erfolgen sie noch, wenn gleich alle übrige Organe keine Spuhren des Lebens mehr äussern, und der Leichnam nur noch weich und biegsam ist (d).
Sind diese Contraktionen nun Lebenserschei- nungen? Mehrere Schriftsteller verneinen diese Frage, und berufen sich auf die Zusammenziehun- gen, welche die Kälte und jene Säuren auch in leb- losen Körpern hervorbringen. Allein dieser Um- stand kann hier nichts entscheiden. Nicht die Art der Reaktionen, sondern die Art, wie dieselben durch äussere Einwirkungen erregt werden, macht den Unterschied zwischen den vitalen und leblosen Bewegungen. Die Beantwortung jener Frage beru- het auf der Entscheidung des Punkts: ob bey jenen Bewegungen des Zellgewebes Lebenskraft mit im
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(d)Haller ibid. p. 444.
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sammen. Trennen wir Zellgewebe von dem übri-
gen lebenden Organismus, und reinigen dasselbe
von dem Blute und andern fremdartigen Dingen,
so äussert dasselbe keine Zusammenziehungen,
oder sonstige Bewegungen, solange keine äussere
Einwirkungen auf dasselbe statt finden. Jene Con-
traktionen erfolgen aber, wenn es mit kaltem Was-
ser, verdünnter Salpeter- oder Schwefelsäure be-
sprengt wird, und zwar lassen sich dieselben so-
lange hervorbringen, als das Zellgewebe noch
feucht ist. Auch erfolgen sie noch, wenn gleich
alle übrige Organe keine Spuhren des Lebens mehr
äussern, und der Leichnam nur noch weich und
biegsam ist (d).
Sind diese Contraktionen nun Lebenserschei-
nungen? Mehrere Schriftsteller verneinen diese
Frage, und berufen sich auf die Zusammenziehun-
gen, welche die Kälte und jene Säuren auch in leb-
losen Körpern hervorbringen. Allein dieser Um-
stand kann hier nichts entscheiden. Nicht die Art
der Reaktionen, sondern die Art, wie dieselben
durch äussere Einwirkungen erregt werden, macht
den Unterschied zwischen den vitalen und leblosen
Bewegungen. Die Beantwortung jener Frage beru-
het auf der Entscheidung des Punkts: ob bey jenen
Bewegungen des Zellgewebes Lebenskraft mit im
Spie-
(d) Haller ibid. p. 444.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/135>, abgerufen am 04.12.2024.
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