der beiden großen Opfer: der Rückkehr Dunin's und der Abdankung Sedlnitzky's "Dagegen", so schloß er, "kann die Evacuation des Capitols gar bald vor sich gehen, dann aber nicht um eine andere Wohnung, son- dern um keine jemals wieder zu beziehen, was vielleicht zur größten Satis- faction beider Theile geschehen wird." *) Solche Drohungen aus dem Munde des gutherzigen Monarchen konnten wenig wirken, und leider stellte sich auch bald heraus, daß wieder einmal ein idealer Geniestreich Bunsen's vorlag. Der phantasiereiche Diplomat hatte in Wahrheit nur einen Censo, einen kündbaren Rentenvertrag mit Vorkaufsrecht, abge- schlossen; überdies war ein Theil des Palastes Fideicommiß und der Eigen- thümer Herzog Caffarelli wurde bald nachher als Verschwender unter Curatel gestellt. **) Die Curie besaß also der Waffen genug um den Ver- trag anzufechten, und es bedurfte noch sehr langwieriger, widerwärtiger Unterhandlungen, bis die Krone Preußen sich endlich in Sicherheit ihres theuer erworbenen Besitzthums erfreuen konnte.
Ebenso zäh zeigten sich die beiden Erzbischöfe in Geldsachen. Dunin verlangte nachträglich Diäten für seinen Berliner Aufenthalt, den er einst auf Befehl des verstorbenen Königs angetreten, dann aber durch seine Flucht eigenmächtig abgebrochen hatte; die Kosten dieser Flucht stellte er großmüthig nicht in Rechnung. Seine Forderung wurde bewilligt. ***) Hierdurch ermuthigt, verlangte Droste nachher Erstattung der 12,000 Thlr., die ihm während der vier Jahre seiner Abwesenheit zur Besoldung des Generalvicars von seinem Gehalte abgezogen worden waren. Das war mehr als Bodelschwingh ertragen konnte; er beschwor den König, die Nachsicht gegen den Halsstarrigen nicht zu weit zu treiben. Auch Mühler und Eichhorn erklärten: ein Rechtsanspruch sei nicht zuzugeben, höchstens im Wege der Gnade könne die Erstattung erfolgen; +) und so geschah sie denn auch, Friedrich Wilhelm's Großmuth gegen die römische Kirche kannte keine Grenzen. Das Verfahren wider die beiden Erzbischöfe hatte ins- gesammt 21,754 Thlr. 25 Sgr. 3 Pf. gekostet. Indem der König diese Rechnung gut hieß, befahl er zugleich, daß man in Zukunft für geheime polizeiliche Dienste nicht Privatpersonen, sondern Beamte von ungewöhn- licher Ehrenhaftigkeit verwenden solle. ++) Damit berührte er die faulste Stelle dieses unseligen Bischofsstreites, der das Volk der katholischen Pro- vinzen tief entsittlicht, ein ganzes Heer von Denuncianten hervorgerufen hatte. Capaccini selbst erzählte dem Grafen Brühl mit Ekel, was für nichtswürdige geheime Berichte über den preußischen Hof wie über einzelne Personen Tag für Tag im Vatican einliefen. +++) Um sich gegen dies
*) König Friedrich Wilhelm an Brühl, 17. Sept. 1840.
***) Dunin an Eichhorn, 27. Mai; Eichhorn's Bericht, 6. Juli 1841.
+) Berichte von Eichhorn 10. März, von Mühler und Eichhorn 15. Juni 1842.
++) Cabinetsordre an Wittgenstein, Bodelschwingh, Arnim, 1. Aug. 1842.
+++) Brühl's Bericht, 3. Sept. 1840.
Palaſt Caffarelli.
der beiden großen Opfer: der Rückkehr Dunin’s und der Abdankung Sedlnitzky’s „Dagegen“, ſo ſchloß er, „kann die Evacuation des Capitols gar bald vor ſich gehen, dann aber nicht um eine andere Wohnung, ſon- dern um keine jemals wieder zu beziehen, was vielleicht zur größten Satis- faction beider Theile geſchehen wird.“ *) Solche Drohungen aus dem Munde des gutherzigen Monarchen konnten wenig wirken, und leider ſtellte ſich auch bald heraus, daß wieder einmal ein idealer Genieſtreich Bunſen’s vorlag. Der phantaſiereiche Diplomat hatte in Wahrheit nur einen Cenſo, einen kündbaren Rentenvertrag mit Vorkaufsrecht, abge- ſchloſſen; überdies war ein Theil des Palaſtes Fideicommiß und der Eigen- thümer Herzog Caffarelli wurde bald nachher als Verſchwender unter Curatel geſtellt. **) Die Curie beſaß alſo der Waffen genug um den Ver- trag anzufechten, und es bedurfte noch ſehr langwieriger, widerwärtiger Unterhandlungen, bis die Krone Preußen ſich endlich in Sicherheit ihres theuer erworbenen Beſitzthums erfreuen konnte.
Ebenſo zäh zeigten ſich die beiden Erzbiſchöfe in Geldſachen. Dunin verlangte nachträglich Diäten für ſeinen Berliner Aufenthalt, den er einſt auf Befehl des verſtorbenen Königs angetreten, dann aber durch ſeine Flucht eigenmächtig abgebrochen hatte; die Koſten dieſer Flucht ſtellte er großmüthig nicht in Rechnung. Seine Forderung wurde bewilligt. ***) Hierdurch ermuthigt, verlangte Droſte nachher Erſtattung der 12,000 Thlr., die ihm während der vier Jahre ſeiner Abweſenheit zur Beſoldung des Generalvicars von ſeinem Gehalte abgezogen worden waren. Das war mehr als Bodelſchwingh ertragen konnte; er beſchwor den König, die Nachſicht gegen den Halsſtarrigen nicht zu weit zu treiben. Auch Mühler und Eichhorn erklärten: ein Rechtsanſpruch ſei nicht zuzugeben, höchſtens im Wege der Gnade könne die Erſtattung erfolgen; †) und ſo geſchah ſie denn auch, Friedrich Wilhelm’s Großmuth gegen die römiſche Kirche kannte keine Grenzen. Das Verfahren wider die beiden Erzbiſchöfe hatte ins- geſammt 21,754 Thlr. 25 Sgr. 3 Pf. gekoſtet. Indem der König dieſe Rechnung gut hieß, befahl er zugleich, daß man in Zukunft für geheime polizeiliche Dienſte nicht Privatperſonen, ſondern Beamte von ungewöhn- licher Ehrenhaftigkeit verwenden ſolle. ††) Damit berührte er die faulſte Stelle dieſes unſeligen Biſchofsſtreites, der das Volk der katholiſchen Pro- vinzen tief entſittlicht, ein ganzes Heer von Denuncianten hervorgerufen hatte. Capaccini ſelbſt erzählte dem Grafen Brühl mit Ekel, was für nichtswürdige geheime Berichte über den preußiſchen Hof wie über einzelne Perſonen Tag für Tag im Vatican einliefen. †††) Um ſich gegen dies
*) König Friedrich Wilhelm an Brühl, 17. Sept. 1840.
***) Dunin an Eichhorn, 27. Mai; Eichhorn’s Bericht, 6. Juli 1841.
†) Berichte von Eichhorn 10. März, von Mühler und Eichhorn 15. Juni 1842.
††) Cabinetsordre an Wittgenſtein, Bodelſchwingh, Arnim, 1. Aug. 1842.
†††) Brühl’s Bericht, 3. Sept. 1840.
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Palaſt Caffarelli.
der beiden großen Opfer: der Rückkehr Dunin’s und der Abdankung
Sedlnitzky’s „Dagegen“, ſo ſchloß er, „kann die Evacuation des Capitols
gar bald vor ſich gehen, dann aber nicht um eine andere Wohnung, ſon-
dern um keine jemals wieder zu beziehen, was vielleicht zur größten Satis-
faction beider Theile geſchehen wird.“ *) Solche Drohungen aus dem
Munde des gutherzigen Monarchen konnten wenig wirken, und leider
ſtellte ſich auch bald heraus, daß wieder einmal ein idealer Genieſtreich
Bunſen’s vorlag. Der phantaſiereiche Diplomat hatte in Wahrheit nur
einen Cenſo, einen kündbaren Rentenvertrag mit Vorkaufsrecht, abge-
ſchloſſen; überdies war ein Theil des Palaſtes Fideicommiß und der Eigen-
thümer Herzog Caffarelli wurde bald nachher als Verſchwender unter
Curatel geſtellt. **) Die Curie beſaß alſo der Waffen genug um den Ver-
trag anzufechten, und es bedurfte noch ſehr langwieriger, widerwärtiger
Unterhandlungen, bis die Krone Preußen ſich endlich in Sicherheit ihres
theuer erworbenen Beſitzthums erfreuen konnte.
Ebenſo zäh zeigten ſich die beiden Erzbiſchöfe in Geldſachen. Dunin
verlangte nachträglich Diäten für ſeinen Berliner Aufenthalt, den er einſt
auf Befehl des verſtorbenen Königs angetreten, dann aber durch ſeine
Flucht eigenmächtig abgebrochen hatte; die Koſten dieſer Flucht ſtellte er
großmüthig nicht in Rechnung. Seine Forderung wurde bewilligt. ***)
Hierdurch ermuthigt, verlangte Droſte nachher Erſtattung der 12,000 Thlr.,
die ihm während der vier Jahre ſeiner Abweſenheit zur Beſoldung des
Generalvicars von ſeinem Gehalte abgezogen worden waren. Das war
mehr als Bodelſchwingh ertragen konnte; er beſchwor den König, die
Nachſicht gegen den Halsſtarrigen nicht zu weit zu treiben. Auch Mühler
und Eichhorn erklärten: ein Rechtsanſpruch ſei nicht zuzugeben, höchſtens
im Wege der Gnade könne die Erſtattung erfolgen; †) und ſo geſchah ſie
denn auch, Friedrich Wilhelm’s Großmuth gegen die römiſche Kirche kannte
keine Grenzen. Das Verfahren wider die beiden Erzbiſchöfe hatte ins-
geſammt 21,754 Thlr. 25 Sgr. 3 Pf. gekoſtet. Indem der König dieſe
Rechnung gut hieß, befahl er zugleich, daß man in Zukunft für geheime
polizeiliche Dienſte nicht Privatperſonen, ſondern Beamte von ungewöhn-
licher Ehrenhaftigkeit verwenden ſolle. ††) Damit berührte er die faulſte
Stelle dieſes unſeligen Biſchofsſtreites, der das Volk der katholiſchen Pro-
vinzen tief entſittlicht, ein ganzes Heer von Denuncianten hervorgerufen
hatte. Capaccini ſelbſt erzählte dem Grafen Brühl mit Ekel, was für
nichtswürdige geheime Berichte über den preußiſchen Hof wie über einzelne
Perſonen Tag für Tag im Vatican einliefen. †††) Um ſich gegen dies
*) König Friedrich Wilhelm an Brühl, 17. Sept. 1840.
**) Brühl’s Bericht nebſt Denkſchrift, 6. Sept. 1841.
***) Dunin an Eichhorn, 27. Mai; Eichhorn’s Bericht, 6. Juli 1841.
†) Berichte von Eichhorn 10. März, von Mühler und Eichhorn 15. Juni 1842.
††) Cabinetsordre an Wittgenſtein, Bodelſchwingh, Arnim, 1. Aug. 1842.
†††) Brühl’s Bericht, 3. Sept. 1840.
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 5: Bis zur März-Revolution. Leipzig, 1894, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte05_1894/309>, abgerufen am 23.07.2024.
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