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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4: Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. Leipzig, 1889.

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XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm's.
XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm's.
Zu Bd. IV. 725.

... Meine Unterthanen besitzen in der geregelten Staats-Verwaltung, in dem
Staats-Rathe, in den Provinzial-Ständen, in der Städte-Ordnung, in den Communal-
Verfassungen, die Garantie für die ungestörte Ordnung und Gesetzlichkeit; ich habe ihnen
diese Institutionen aus freiem Willen ertheilt und die Gewalt und Macht des Throns
unbeschränkt erhalten.

Auf dieser Unbeschränktheit der Königlichen Macht beruht vorzugsweise die Stellung,
welche Preußen in dem allgemeinen Staaten-System einnimmt, und da eine Aenderung
dieses Grundpfeilers der Monarchie, letztere selbst nachtheilig berühren und wankend machen
würde, so bestimme ich hierdurch, daß kein künftiger Regent befugt seyn soll, ohne Zu-
ziehung sämmtlicher Agnaten in dem Königlichen Hause eine Aenderung oder Einleitung
zu treffen, wodurch eine Veränderung in der jetzigen Verfassung des Staats, namentlich
in Beziehung auf die ständischen Verhältnisse und die Beschränkung der Königl. Macht be-
wirkt oder begründet werden könnte.

In der Verordnung vom Jahre 1820 betreffend das Staats-Schulden-Wesen habe
ich festgesetzt, daß, wenn der Staat künftighin zu seiner Erhaltung oder zur Förderung
des allgemeinen Besten in die Nothwendigkeit kommen sollte, zur Aufnahme eines neuen
Darlehns zu schreiten, solches nur mit Zuziehung und unter Mitgarantie der künftigen
Reichsstände geschehen könne. Sollte, so lange ich die Regierung führe, in diesem einen
nur erwähnten Falle die Nothwendigkeit eintreten, eine Reichsständische Versammlung
zu diesem Behufe zusammen zu rufen, so werde ich solche aus den Provinzialständen
entnehmen. ... Es würde aus jedem der vier Stände der Provinzial-Stände-Versamm-
lung ein Abgeordneter nach der Mehrzahl der Stimmen durch das Plenum der Ver-
sammlung gewählt werden. ... Den Abgeordneten der Provinzial-Stände wird eine
gleiche Anzahl von Mitgliedern des Staats-Raths nach meiner Wahl beigegeben; in der
Versammlung, deren Präsident ich ernennen werde, wird nach dem Geschäftsreglement
bei dem Staats-Rath verhandelt. Andere Fragen, als über den einen, oben erwähnten
Gegenstand, werde ich einer solchen Versammlung nie vorlegen. . . . . Ich verpflichte
hierdurch meine Nachfolger in der Krone, nach den vorangegebenen Bestimmungen zu
verfahren. Diese Anordnungen sollen als ein Hausgesetz betrachtet werden. ...



Treitschke, Deutsche Geschichte. IV. 48
XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm’s.
XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm’s.
Zu Bd. IV. 725.

… Meine Unterthanen beſitzen in der geregelten Staats-Verwaltung, in dem
Staats-Rathe, in den Provinzial-Ständen, in der Städte-Ordnung, in den Communal-
Verfaſſungen, die Garantie für die ungeſtörte Ordnung und Geſetzlichkeit; ich habe ihnen
dieſe Inſtitutionen aus freiem Willen ertheilt und die Gewalt und Macht des Throns
unbeſchränkt erhalten.

Auf dieſer Unbeſchränktheit der Königlichen Macht beruht vorzugsweiſe die Stellung,
welche Preußen in dem allgemeinen Staaten-Syſtem einnimmt, und da eine Aenderung
dieſes Grundpfeilers der Monarchie, letztere ſelbſt nachtheilig berühren und wankend machen
würde, ſo beſtimme ich hierdurch, daß kein künftiger Regent befugt ſeyn ſoll, ohne Zu-
ziehung ſämmtlicher Agnaten in dem Königlichen Hauſe eine Aenderung oder Einleitung
zu treffen, wodurch eine Veränderung in der jetzigen Verfaſſung des Staats, namentlich
in Beziehung auf die ſtändiſchen Verhältniſſe und die Beſchränkung der Königl. Macht be-
wirkt oder begründet werden könnte.

In der Verordnung vom Jahre 1820 betreffend das Staats-Schulden-Weſen habe
ich feſtgeſetzt, daß, wenn der Staat künftighin zu ſeiner Erhaltung oder zur Förderung
des allgemeinen Beſten in die Nothwendigkeit kommen ſollte, zur Aufnahme eines neuen
Darlehns zu ſchreiten, ſolches nur mit Zuziehung und unter Mitgarantie der künftigen
Reichsſtände geſchehen könne. Sollte, ſo lange ich die Regierung führe, in dieſem einen
nur erwähnten Falle die Nothwendigkeit eintreten, eine Reichsſtändiſche Verſammlung
zu dieſem Behufe zuſammen zu rufen, ſo werde ich ſolche aus den Provinzialſtänden
entnehmen. … Es würde aus jedem der vier Stände der Provinzial-Stände-Verſamm-
lung ein Abgeordneter nach der Mehrzahl der Stimmen durch das Plenum der Ver-
ſammlung gewählt werden. … Den Abgeordneten der Provinzial-Stände wird eine
gleiche Anzahl von Mitgliedern des Staats-Raths nach meiner Wahl beigegeben; in der
Verſammlung, deren Präſident ich ernennen werde, wird nach dem Geſchäftsreglement
bei dem Staats-Rath verhandelt. Andere Fragen, als über den einen, oben erwähnten
Gegenſtand, werde ich einer ſolchen Verſammlung nie vorlegen. . . . . Ich verpflichte
hierdurch meine Nachfolger in der Krone, nach den vorangegebenen Beſtimmungen zu
verfahren. Dieſe Anordnungen ſollen als ein Hausgeſetz betrachtet werden. …



Treitſchke, Deutſche Geſchichte. IV. 48
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[753/0767] XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm’s. XXV. Aus den Aufzeichnungen König Friedrich Wilhelm’s. Zu Bd. IV. 725. … Meine Unterthanen beſitzen in der geregelten Staats-Verwaltung, in dem Staats-Rathe, in den Provinzial-Ständen, in der Städte-Ordnung, in den Communal- Verfaſſungen, die Garantie für die ungeſtörte Ordnung und Geſetzlichkeit; ich habe ihnen dieſe Inſtitutionen aus freiem Willen ertheilt und die Gewalt und Macht des Throns unbeſchränkt erhalten. Auf dieſer Unbeſchränktheit der Königlichen Macht beruht vorzugsweiſe die Stellung, welche Preußen in dem allgemeinen Staaten-Syſtem einnimmt, und da eine Aenderung dieſes Grundpfeilers der Monarchie, letztere ſelbſt nachtheilig berühren und wankend machen würde, ſo beſtimme ich hierdurch, daß kein künftiger Regent befugt ſeyn ſoll, ohne Zu- ziehung ſämmtlicher Agnaten in dem Königlichen Hauſe eine Aenderung oder Einleitung zu treffen, wodurch eine Veränderung in der jetzigen Verfaſſung des Staats, namentlich in Beziehung auf die ſtändiſchen Verhältniſſe und die Beſchränkung der Königl. Macht be- wirkt oder begründet werden könnte. In der Verordnung vom Jahre 1820 betreffend das Staats-Schulden-Weſen habe ich feſtgeſetzt, daß, wenn der Staat künftighin zu ſeiner Erhaltung oder zur Förderung des allgemeinen Beſten in die Nothwendigkeit kommen ſollte, zur Aufnahme eines neuen Darlehns zu ſchreiten, ſolches nur mit Zuziehung und unter Mitgarantie der künftigen Reichsſtände geſchehen könne. Sollte, ſo lange ich die Regierung führe, in dieſem einen nur erwähnten Falle die Nothwendigkeit eintreten, eine Reichsſtändiſche Verſammlung zu dieſem Behufe zuſammen zu rufen, ſo werde ich ſolche aus den Provinzialſtänden entnehmen. … Es würde aus jedem der vier Stände der Provinzial-Stände-Verſamm- lung ein Abgeordneter nach der Mehrzahl der Stimmen durch das Plenum der Ver- ſammlung gewählt werden. … Den Abgeordneten der Provinzial-Stände wird eine gleiche Anzahl von Mitgliedern des Staats-Raths nach meiner Wahl beigegeben; in der Verſammlung, deren Präſident ich ernennen werde, wird nach dem Geſchäftsreglement bei dem Staats-Rath verhandelt. Andere Fragen, als über den einen, oben erwähnten Gegenſtand, werde ich einer ſolchen Verſammlung nie vorlegen. . . . . Ich verpflichte hierdurch meine Nachfolger in der Krone, nach den vorangegebenen Beſtimmungen zu verfahren. Dieſe Anordnungen ſollen als ein Hausgeſetz betrachtet werden. … Treitſchke, Deutſche Geſchichte. IV. 48

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4: Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. Leipzig, 1889, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte04_1889/767>, abgerufen am 28.03.2024.