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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885.

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Preußen nimmt den Kampf auf.
gethan, um den Art. 19 der Bundesakte auszuführen und uns also den
Preußen in die Hände geliefert.*)


Nunmehr nahm Preußen den Handschuh auf. Der Berliner Hof
hatte den ersten Verhandlungen der mitteldeutschen Staaten mit der ge-
wohnten ruhigen Zurückhaltung zugesehen. Ein sächsisch-thüringischer Ver-
ein war unschädlich; erst durch Hannovers Zutritt gewann der Verein
eine gefährliche Ausdehnung. Man wollte in Berlin nicht glauben, daß
dies nahe befreundete Cabinet, dem Preußen soeben jene neuen Straßenzüge
und Handelserleichterungen angeboten hatte, einem gegen Preußen gerich-
teten Bunde sich anschließen werde. Da trat Hannover zu den Verbün-
deten über, während Bernstorff noch eine freundliche Antwort auf sein
Anerbieten erwartete. Sofort verschwand jeder Zweifel über den Cha-
rakter des Vereins. Motz in seiner feurig kühnen Weise forderte sogleich,
daß man die Gegner als Gegner behandle, und erklärte: "Sollte dieser
Verein zu Stande kommen, so ist Preußen in der Lage, sein Zollsystem
für abgeschlossen zu halten, und keineswegs in der Lage, diesen neutralen
Verein seiner Absicht gemäß unter imponirenden Bedingungen aufzu-
nehmen."**)

Obgleich bisher nur dürftige Nachrichten über die Pläne des Vereins
eingelaufen waren, so errieth der Finanzminister doch auf den ersten Blick,
daß die Zerstörung des preußischen Durchfuhrhandels in der Absicht der
Verbündeten liege. Deshalb, fuhr er fort, muß der Transit fortan mehr
als bisher im Lande gehalten, der Straßenbau rüstig gefördert, nament-
lich die Chaussirung der wichtigen Straße von Magdeburg nach Zeitz
rasch vollendet werden. Die nach Hannover gerichteten Anerbietungen
sind als nicht geschehen zu betrachten. Noch entschiedener spricht er in
einem Schreiben an Bernstorff "Es ist gewiß ein bemerkenswerthes Zeichen
der Zeit, daß in der Mitte und vorzugsweise im Norden Deutschlands,
im Schooße des Deutschen Bundes und dennoch unter der Fahne Oester-
reichs, für den ostensibeln Zweck einer angeblichen Vervollkommnung der
Verhältnisse dieses Bundes eine Coalition sich bildet, welche Preußen von
ihren Plänen und Berathungen ausschließt und auf alle Weise zu er-
kennen giebt, nicht nur, daß sie eine Ausführung und Erweiterung all-
gemeiner Bundesmaximen auch ohne Preußens Theilnahme für möglich
hält, sondern auch, daß Preußen eben als störendes Princip jener Aus-
führung und Erweiterung zu betrachten, und deshalb die Aufstellung einer
förmlichen Oppositionsmasse gegen dasselbe anräthlich sei." Darum dürfen

*) Blittersdorff's Berichte, 2. März, 20. Mai 1829.
**) Motz und Schuckmann an das Auswärtige Amt, 22. Mai 1828.

Preußen nimmt den Kampf auf.
gethan, um den Art. 19 der Bundesakte auszuführen und uns alſo den
Preußen in die Hände geliefert.*)


Nunmehr nahm Preußen den Handſchuh auf. Der Berliner Hof
hatte den erſten Verhandlungen der mitteldeutſchen Staaten mit der ge-
wohnten ruhigen Zurückhaltung zugeſehen. Ein ſächſiſch-thüringiſcher Ver-
ein war unſchädlich; erſt durch Hannovers Zutritt gewann der Verein
eine gefährliche Ausdehnung. Man wollte in Berlin nicht glauben, daß
dies nahe befreundete Cabinet, dem Preußen ſoeben jene neuen Straßenzüge
und Handelserleichterungen angeboten hatte, einem gegen Preußen gerich-
teten Bunde ſich anſchließen werde. Da trat Hannover zu den Verbün-
deten über, während Bernſtorff noch eine freundliche Antwort auf ſein
Anerbieten erwartete. Sofort verſchwand jeder Zweifel über den Cha-
rakter des Vereins. Motz in ſeiner feurig kühnen Weiſe forderte ſogleich,
daß man die Gegner als Gegner behandle, und erklärte: „Sollte dieſer
Verein zu Stande kommen, ſo iſt Preußen in der Lage, ſein Zollſyſtem
für abgeſchloſſen zu halten, und keineswegs in der Lage, dieſen neutralen
Verein ſeiner Abſicht gemäß unter imponirenden Bedingungen aufzu-
nehmen.“**)

Obgleich bisher nur dürftige Nachrichten über die Pläne des Vereins
eingelaufen waren, ſo errieth der Finanzminiſter doch auf den erſten Blick,
daß die Zerſtörung des preußiſchen Durchfuhrhandels in der Abſicht der
Verbündeten liege. Deshalb, fuhr er fort, muß der Tranſit fortan mehr
als bisher im Lande gehalten, der Straßenbau rüſtig gefördert, nament-
lich die Chauſſirung der wichtigen Straße von Magdeburg nach Zeitz
raſch vollendet werden. Die nach Hannover gerichteten Anerbietungen
ſind als nicht geſchehen zu betrachten. Noch entſchiedener ſpricht er in
einem Schreiben an Bernſtorff „Es iſt gewiß ein bemerkenswerthes Zeichen
der Zeit, daß in der Mitte und vorzugsweiſe im Norden Deutſchlands,
im Schooße des Deutſchen Bundes und dennoch unter der Fahne Oeſter-
reichs, für den oſtenſibeln Zweck einer angeblichen Vervollkommnung der
Verhältniſſe dieſes Bundes eine Coalition ſich bildet, welche Preußen von
ihren Plänen und Berathungen ausſchließt und auf alle Weiſe zu er-
kennen giebt, nicht nur, daß ſie eine Ausführung und Erweiterung all-
gemeiner Bundesmaximen auch ohne Preußens Theilnahme für möglich
hält, ſondern auch, daß Preußen eben als ſtörendes Princip jener Aus-
führung und Erweiterung zu betrachten, und deshalb die Aufſtellung einer
förmlichen Oppoſitionsmaſſe gegen daſſelbe anräthlich ſei.“ Darum dürfen

*) Blittersdorff’s Berichte, 2. März, 20. Mai 1829.
**) Motz und Schuckmann an das Auswärtige Amt, 22. Mai 1828.
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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/677>, abgerufen am 25.11.2024.