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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Bis zum zweiten Pariser Frieden. Leipzig, 1879.

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II. 2. Belle Alliance.
die Wunden des ungeheuren Kampfes auszuheilen. Wer aber den feurigen
Idealismus des Befreiungskrieges noch im Herzen bewahrte, der tröstete
sich des Glaubens: jetzt sei die Stunde gekommen, da das Volk selber die
Leitung des deutschen Staates übernehmen müsse. Es klang wie die
Weissagung der Kämpfe und Leiden des kommenden Jahrzehnts, wenn
einer der Besten aus dem jungen Geschlechte, der Kieler Historiker F. C.
Dahlmann, zur Siegesfeier die in Form und Inhalt den Geist der Zeit
bezeichnenden Worte sprach: "Friede und Freude kann nicht sicher wieder-
kehren auf Erden, bis, wie die Kriege volksmäßig und dadurch siegreich
geworden sind, auch die Friedenszeiten es werden, bis auch in diesen der
Volksgeist gefragt und in Ehren gehalten wird, bis das Licht guter Ver-
fassungen herantritt und die kümmerlichen Lampen der Cabinette über-
strahlt." --


II. 2. Belle Alliance.
die Wunden des uṅgeheuren Kampfes auszuheilen. Wer aber den feurigen
Idealismus des Befreiungskrieges noch im Herzen bewahrte, der tröſtete
ſich des Glaubens: jetzt ſei die Stunde gekommen, da das Volk ſelber die
Leitung des deutſchen Staates übernehmen müſſe. Es klang wie die
Weiſſagung der Kämpfe und Leiden des kommenden Jahrzehnts, wenn
einer der Beſten aus dem jungen Geſchlechte, der Kieler Hiſtoriker F. C.
Dahlmann, zur Siegesfeier die in Form und Inhalt den Geiſt der Zeit
bezeichnenden Worte ſprach: „Friede und Freude kann nicht ſicher wieder-
kehren auf Erden, bis, wie die Kriege volksmäßig und dadurch ſiegreich
geworden ſind, auch die Friedenszeiten es werden, bis auch in dieſen der
Volksgeiſt gefragt und in Ehren gehalten wird, bis das Licht guter Ver-
faſſungen herantritt und die kümmerlichen Lampen der Cabinette über-
ſtrahlt.“ —


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[790/0806] II. 2. Belle Alliance. die Wunden des uṅgeheuren Kampfes auszuheilen. Wer aber den feurigen Idealismus des Befreiungskrieges noch im Herzen bewahrte, der tröſtete ſich des Glaubens: jetzt ſei die Stunde gekommen, da das Volk ſelber die Leitung des deutſchen Staates übernehmen müſſe. Es klang wie die Weiſſagung der Kämpfe und Leiden des kommenden Jahrzehnts, wenn einer der Beſten aus dem jungen Geſchlechte, der Kieler Hiſtoriker F. C. Dahlmann, zur Siegesfeier die in Form und Inhalt den Geiſt der Zeit bezeichnenden Worte ſprach: „Friede und Freude kann nicht ſicher wieder- kehren auf Erden, bis, wie die Kriege volksmäßig und dadurch ſiegreich geworden ſind, auch die Friedenszeiten es werden, bis auch in dieſen der Volksgeiſt gefragt und in Ehren gehalten wird, bis das Licht guter Ver- faſſungen herantritt und die kümmerlichen Lampen der Cabinette über- ſtrahlt.“ —

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Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Bis zum zweiten Pariser Frieden. Leipzig, 1879, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte01_1879/806>, abgerufen am 25.11.2024.