Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Thale verschwunden. Leute, die Nachts seine Nachfolger in der Seelsorge zu einem Kranken holten, wollen, wenn sie am Thore ihr Anliegen ausgesprochen, ein flatterndes Licht, einen Schatten, ein leises Pochen an die Fenster, trippelnde Schritte, kurz eine wesenlose und doch wahrnehmbare Unruhe in der Nähe des Pfarrhofes bemerkt haben, welche erst, nachdem sich der Pfarrer auf den Weg gemacht hatte, verschwand. Selbst wenn sie mit dem Meßner und dem Priester schon in den Bergen gingen, bemerkten sie an schmalen Stellen einen Vierten, der den Zug schloß und die Arme ausbreitete, als wolle er Jedem den Rückweg versperren. Wenn es in Winternächten weht und stöbert, oder in Sommernächten donnert, blitzt und Regenströme niedergießt, schwankt noch heute im Gebirge von einer Hütte zur andern ein einsames Licht; und liegt irgendwo eine schwache Wöchnerin, ein siecher Greis oder ein krankes Kind so schaut nicht selten, voll Besorgniß, ein blasses, fremdes, aber freundliches Gesicht durchs Fenster in die Krankenstube. Alte Leute sagen, das sei der Pfarrer Malachias. Thale verschwunden. Leute, die Nachts seine Nachfolger in der Seelsorge zu einem Kranken holten, wollen, wenn sie am Thore ihr Anliegen ausgesprochen, ein flatterndes Licht, einen Schatten, ein leises Pochen an die Fenster, trippelnde Schritte, kurz eine wesenlose und doch wahrnehmbare Unruhe in der Nähe des Pfarrhofes bemerkt haben, welche erst, nachdem sich der Pfarrer auf den Weg gemacht hatte, verschwand. Selbst wenn sie mit dem Meßner und dem Priester schon in den Bergen gingen, bemerkten sie an schmalen Stellen einen Vierten, der den Zug schloß und die Arme ausbreitete, als wolle er Jedem den Rückweg versperren. Wenn es in Winternächten weht und stöbert, oder in Sommernächten donnert, blitzt und Regenströme niedergießt, schwankt noch heute im Gebirge von einer Hütte zur andern ein einsames Licht; und liegt irgendwo eine schwache Wöchnerin, ein siecher Greis oder ein krankes Kind so schaut nicht selten, voll Besorgniß, ein blasses, fremdes, aber freundliches Gesicht durchs Fenster in die Krankenstube. Alte Leute sagen, das sei der Pfarrer Malachias. <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038"/> Thale verschwunden. Leute, die Nachts seine Nachfolger in der Seelsorge zu einem Kranken holten, wollen, wenn sie am Thore ihr Anliegen ausgesprochen, ein flatterndes Licht, einen Schatten, ein leises Pochen an die Fenster, trippelnde Schritte, kurz eine wesenlose und doch wahrnehmbare Unruhe in der Nähe des Pfarrhofes bemerkt haben, welche erst, nachdem sich der Pfarrer auf den Weg gemacht hatte, verschwand. Selbst wenn sie mit dem Meßner und dem Priester schon in den Bergen gingen, bemerkten sie an schmalen Stellen einen Vierten, der den Zug schloß und die Arme ausbreitete, als wolle er Jedem den Rückweg versperren.</p><lb/> <p>Wenn es in Winternächten weht und stöbert, oder in Sommernächten donnert, blitzt und Regenströme niedergießt, schwankt noch heute im Gebirge von einer Hütte zur andern ein einsames Licht; und liegt irgendwo eine schwache Wöchnerin, ein siecher Greis oder ein krankes Kind so schaut nicht selten, voll Besorgniß, ein blasses, fremdes, aber freundliches Gesicht durchs Fenster in die Krankenstube. Alte Leute sagen, das sei der Pfarrer Malachias.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Thale verschwunden. Leute, die Nachts seine Nachfolger in der Seelsorge zu einem Kranken holten, wollen, wenn sie am Thore ihr Anliegen ausgesprochen, ein flatterndes Licht, einen Schatten, ein leises Pochen an die Fenster, trippelnde Schritte, kurz eine wesenlose und doch wahrnehmbare Unruhe in der Nähe des Pfarrhofes bemerkt haben, welche erst, nachdem sich der Pfarrer auf den Weg gemacht hatte, verschwand. Selbst wenn sie mit dem Meßner und dem Priester schon in den Bergen gingen, bemerkten sie an schmalen Stellen einen Vierten, der den Zug schloß und die Arme ausbreitete, als wolle er Jedem den Rückweg versperren.
Wenn es in Winternächten weht und stöbert, oder in Sommernächten donnert, blitzt und Regenströme niedergießt, schwankt noch heute im Gebirge von einer Hütte zur andern ein einsames Licht; und liegt irgendwo eine schwache Wöchnerin, ein siecher Greis oder ein krankes Kind so schaut nicht selten, voll Besorgniß, ein blasses, fremdes, aber freundliches Gesicht durchs Fenster in die Krankenstube. Alte Leute sagen, das sei der Pfarrer Malachias.
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Zitationshilfe: | Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/traun_gebirgspfarrer_1910/38>, abgerufen am 16.02.2025. |