Das Selbst oder das Subject menschlichen Wesen- willens ist Einheit, wie die Form des Wesenwillens: näm- lich Einheit innerhalb einer Einheit und Einheit, welche Einheiten in sich begreift. Alles solches aber -- gleich einem Organismus und organischen Theile -- ist, insofern es Einheit ist, Einheit durch seine innere Bestimmtheit, unum per se (en kath auto), oder durch das Verhältniss seiner Theile zu ihm, als lebendigem, welches in ihrem Wechsel und durch ihren Wechsel sich erhält, alte ausscheidend und so ihres Lebens und ihrer besonderen Einheit beraubend, neue bildend oder aus der unorganischen Materie in sich aufnehmend und sich assimilirend. Daher ist nichts Ein- heit, insofern es Theil ist, und jegliches Einheit insofern es Ganzes ist. Als Ganzes ist es nicht blos wiederum Theil eines Ganzen und in dieser Abhängigkeit zu betrachten, sondern zugleich Exemplar seiner Art oder Gattung oder seines realen Begriffs, indem so alle organischen Wesen zuletzt in der Idee des Organismus enthalten sind, welche dann selber nur als ein Modus der unendlichen Energie oder
ERSTER ABSCHNITT. DEFINITIONEN UND THESEN.
§ 1.
Das Selbst oder das Subject menschlichen Wesen- willens ist Einheit, wie die Form des Wesenwillens: näm- lich Einheit innerhalb einer Einheit und Einheit, welche Einheiten in sich begreift. Alles solches aber — gleich einem Organismus und organischen Theile — ist, insofern es Einheit ist, Einheit durch seine innere Bestimmtheit, unum per se (ἓν καϑ̕ αὑτό), oder durch das Verhältniss seiner Theile zu ihm, als lebendigem, welches in ihrem Wechsel und durch ihren Wechsel sich erhält, alte ausscheidend und so ihres Lebens und ihrer besonderen Einheit beraubend, neue bildend oder aus der unorganischen Materie in sich aufnehmend und sich assimilirend. Daher ist nichts Ein- heit, insofern es Theil ist, und jegliches Einheit insofern es Ganzes ist. Als Ganzes ist es nicht blos wiederum Theil eines Ganzen und in dieser Abhängigkeit zu betrachten, sondern zugleich Exemplar seiner Art oder Gattung oder seines realen Begriffs, indem so alle organischen Wesen zuletzt in der Idee des Organismus enthalten sind, welche dann selber nur als ein Modus der unendlichen Energie oder
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[[197]/0233]
ERSTER ABSCHNITT.
DEFINITIONEN UND THESEN.
§ 1.
Das Selbst oder das Subject menschlichen Wesen-
willens ist Einheit, wie die Form des Wesenwillens: näm-
lich Einheit innerhalb einer Einheit und Einheit, welche
Einheiten in sich begreift. Alles solches aber — gleich
einem Organismus und organischen Theile — ist, insofern
es Einheit ist, Einheit durch seine innere Bestimmtheit,
unum per se (ἓν καϑ̕ αὑτό), oder durch das Verhältniss seiner
Theile zu ihm, als lebendigem, welches in ihrem Wechsel
und durch ihren Wechsel sich erhält, alte ausscheidend und
so ihres Lebens und ihrer besonderen Einheit beraubend,
neue bildend oder aus der unorganischen Materie in sich
aufnehmend und sich assimilirend. Daher ist nichts Ein-
heit, insofern es Theil ist, und jegliches Einheit insofern es
Ganzes ist. Als Ganzes ist es nicht blos wiederum Theil
eines Ganzen und in dieser Abhängigkeit zu betrachten,
sondern zugleich Exemplar seiner Art oder Gattung oder
seines realen Begriffs, indem so alle organischen Wesen
zuletzt in der Idee des Organismus enthalten sind, welche
dann selber nur als ein Modus der unendlichen Energie oder
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. [197]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/233>, abgerufen am 22.11.2024.
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