System der gesellschaftlichen und kapitalistischen Produc- tion, als eine gesellschaftliche Dienstleistung aufgefasst wer- den, welche selber ihren Werth und Entgelt aus dem Waaren- markte fordern und entnehmen muss, indem gesetzt wird, dass auch alle übrigen, als Quasi-Productionen und Theile der gesellschaftlichen Gesammt-Production geordneten Dienst- leistungen daselbst erscheinen und sich in ihren Werth um- setzen. Und wiederum können alle Dienstleistungen ge- dacht werden als selber auf kapitalistische Weise hervor- gebracht und verwerthet, sofern sie nämlich, um sich geltend zu machen, durch Anstalten, Stoffe und Geräthe bedingt sind; so dass sie dann wiederum ihre Abtheilung des Ar- beitsmarktes voraussetzen, in welcher sie in ihrer rohen und nackten Potentialität erworben werden.
§ 40.
Indem nun der Krammarkt nur als eine nothwendige Consequenz betrachtet wird, welche der Waarenmarkt in- volvirt, so ist die wesentliche Structur der Gesellschaft durch die drei Acte beschrieben, deren Subject die Kapita- listenclasse ist, welche als solche mit dem Vermögen an Arbeitsmitteln ausgestattet gedacht wird (welche also nicht erst aus dem Markte geholt werden, sondern an ihrem Platze vorhanden sind): 1) Einkauf von Arbeitskräften, 2) Anwendung von Arbeitskräften, 3) Verkauf von Arbeits- kräften (in Gestalt von Werththeilen der Producte). An dem ersten Acte hat auch die Arbeiterclasse ihren wesentlichen Antheil, wenn auch nur, indem sie sich ihres Ueberflüssigen um des Nothwendigen willen entledigt. An dem zweiten Acte hat sie scheinbar nur als Object (als angewandte) Antheil, in Wirklichkeit liegt in ihr alle ma- teriale, in der Kapitalistenclasse alle formale Causalität des- selben. Im dritten Acte agirt diese wirklich ganz und gar allein, und jene ist nur noch in Gestalt des ihr gleichsam ausgepressten Werthes vorhanden. Insofern als die Arbeiter- classe agirt, so ist sie frei: und ihre Arbeit ist nur die Realisirung ihres Contractes, also Tausches, den sie aus er- kannter Nothwendigkeit vollzieht. Aller Tausch (und zwar Verkauf) ist aber die Form selber des Willküractes, wäh-
System der gesellschaftlichen und kapitalistischen Produc- tion, als eine gesellschaftliche Dienstleistung aufgefasst wer- den, welche selber ihren Werth und Entgelt aus dem Waaren- markte fordern und entnehmen muss, indem gesetzt wird, dass auch alle übrigen, als Quasi-Productionen und Theile der gesellschaftlichen Gesammt-Production geordneten Dienst- leistungen daselbst erscheinen und sich in ihren Werth um- setzen. Und wiederum können alle Dienstleistungen ge- dacht werden als selber auf kapitalistische Weise hervor- gebracht und verwerthet, sofern sie nämlich, um sich geltend zu machen, durch Anstalten, Stoffe und Geräthe bedingt sind; so dass sie dann wiederum ihre Abtheilung des Ar- beitsmarktes voraussetzen, in welcher sie in ihrer rohen und nackten Potentialität erworben werden.
§ 40.
Indem nun der Krammarkt nur als eine nothwendige Consequenz betrachtet wird, welche der Waarenmarkt in- volvirt, so ist die wesentliche Structur der Gesellschaft durch die drei Acte beschrieben, deren Subject die Kapita- listenclasse ist, welche als solche mit dem Vermögen an Arbeitsmitteln ausgestattet gedacht wird (welche also nicht erst aus dem Markte geholt werden, sondern an ihrem Platze vorhanden sind): 1) Einkauf von Arbeitskräften, 2) Anwendung von Arbeitskräften, 3) Verkauf von Arbeits- kräften (in Gestalt von Werththeilen der Producte). An dem ersten Acte hat auch die Arbeiterclasse ihren wesentlichen Antheil, wenn auch nur, indem sie sich ihres Ueberflüssigen um des Nothwendigen willen entledigt. An dem zweiten Acte hat sie scheinbar nur als Object (als angewandte) Antheil, in Wirklichkeit liegt in ihr alle ma- teriale, in der Kapitalistenclasse alle formale Causalität des- selben. Im dritten Acte agirt diese wirklich ganz und gar allein, und jene ist nur noch in Gestalt des ihr gleichsam ausgepressten Werthes vorhanden. Insofern als die Arbeiter- classe agirt, so ist sie frei: und ihre Arbeit ist nur die Realisirung ihres Contractes, also Tausches, den sie aus er- kannter Nothwendigkeit vollzieht. Aller Tausch (und zwar Verkauf) ist aber die Form selber des Willküractes, wäh-
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System der gesellschaftlichen und kapitalistischen Produc-
tion, als eine gesellschaftliche Dienstleistung aufgefasst wer-
den, welche selber ihren Werth und Entgelt aus dem Waaren-
markte fordern und entnehmen muss, indem gesetzt wird,
dass auch alle übrigen, als Quasi-Productionen und Theile
der gesellschaftlichen Gesammt-Production geordneten Dienst-
leistungen daselbst erscheinen und sich in ihren Werth um-
setzen. Und wiederum können alle Dienstleistungen ge-
dacht werden als selber auf kapitalistische Weise hervor-
gebracht und verwerthet, sofern sie nämlich, um sich geltend
zu machen, durch Anstalten, Stoffe und Geräthe bedingt
sind; so dass sie dann wiederum ihre Abtheilung des Ar-
beitsmarktes voraussetzen, in welcher sie in ihrer rohen
und nackten Potentialität erworben werden.
§ 40.
Indem nun der Krammarkt nur als eine nothwendige
Consequenz betrachtet wird, welche der Waarenmarkt in-
volvirt, so ist die wesentliche Structur der Gesellschaft
durch die drei Acte beschrieben, deren Subject die Kapita-
listenclasse ist, welche als solche mit dem Vermögen
an Arbeitsmitteln ausgestattet gedacht wird (welche also
nicht erst aus dem Markte geholt werden, sondern an ihrem
Platze vorhanden sind): 1) Einkauf von Arbeitskräften,
2) Anwendung von Arbeitskräften, 3) Verkauf von Arbeits-
kräften (in Gestalt von Werththeilen der Producte). An
dem ersten Acte hat auch die Arbeiterclasse ihren
wesentlichen Antheil, wenn auch nur, indem sie sich ihres
Ueberflüssigen um des Nothwendigen willen entledigt. An
dem zweiten Acte hat sie scheinbar nur als Object (als
angewandte) Antheil, in Wirklichkeit liegt in ihr alle ma-
teriale, in der Kapitalistenclasse alle formale Causalität des-
selben. Im dritten Acte agirt diese wirklich ganz und gar
allein, und jene ist nur noch in Gestalt des ihr gleichsam
ausgepressten Werthes vorhanden. Insofern als die Arbeiter-
classe agirt, so ist sie frei: und ihre Arbeit ist nur die
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/130>, abgerufen am 24.11.2024.
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