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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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schreiben und seine geänderte Meinung bekant machen wollen, samt andern Vorwürfen, die er theils leugnete, theils gänzlig oder mit Einschränkung zugab: (er solte gelehret haben, daß nicht nur dreie, sondern auch viere oder fünfe im götligen Wesen könten angenommen werden und auf gleiche Weise finde sich in der menschligen Sele oder einem andern endligen Geiste Gedächtnis, Verstand und Wille, alles Zukünftige geschehe nach bedingter Nothwendigkeit, das Wesen des Brodts würde nicht in den Leib des Gesalbten verwandelt; von welcherlei Säzen er zugab, daß sie den Seinen ähnlig lauteten und er in rechtem Verstande sie für wahr hielte, ob er gleich, wie sie jezt abgefaßet wären, sie nicht ganz für die Seinen erkennen könte.) Nachdem er im Gefängniße hierüber vernommen worden, ward er zum Verhöre den 23 Maj bei algemeiner Zusammenkunft vorgefüret, solte aber vorher schweren, wie er antworten wolte, deßen er sich weigerte und Erlaubnis verlangte frei vor der Versamlung zureden: Welche Unbilligkeit! sagte er, daß ihr in den 360 Tagen, da ich in hartem, unreinem, stinkendem Gefängniße gefeßelt gesässen, und Mangel an allem gelitten, beständig meine Gegner und Verläumder gehöret habet, mich aber nicht eine Stunde hören wollet; ihr seid gleichwol Menschen und nicht Göt-

schreiben und seine geänderte Meinung bekant machen wollen, samt andern Vorwürfen, die er theils leugnete, theils gänzlig oder mit Einschränkung zugab: (er solte gelehret haben, daß nicht nur dreie, sondern auch viere oder fünfe im götligen Wesen könten angenommen werden und auf gleiche Weise finde sich in der menschligen Sele oder einem andern endligen Geiste Gedächtnis, Verstand und Wille, alles Zukünftige geschehe nach bedingter Nothwendigkeit, das Wesen des Brodts würde nicht in den Leib des Gesalbten verwandelt; von welcherlei Säzen er zugab, daß sie den Seinen ähnlig lauteten und er in rechtem Verstande sie für wahr hielte, ob er gleich, wie sie jezt abgefaßet wären, sie nicht ganz für die Seinen erkennen könte.) Nachdem er im Gefängniße hierüber vernommen worden, ward er zum Verhöre den 23 Maj bei algemeiner Zusammenkunft vorgefüret, solte aber vorher schweren, wie er antworten wolte, deßen er sich weigerte und Erlaubnis verlangte frei vor der Versamlung zureden: Welche Unbilligkeit! sagte er, daß ihr in den 360 Tagen, da ich in hartem, unreinem, stinkendem Gefängniße gefeßelt gesässen, und Mangel an allem gelitten, beständig meine Gegner und Verläumder gehöret habet, mich aber nicht eine Stunde hören wollet; ihr seid gleichwol Menschen und nicht Göt-

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[569/0581] schreiben und seine geänderte Meinung bekant machen wollen, samt andern Vorwürfen, die er theils leugnete, theils gänzlig oder mit Einschränkung zugab: (er solte gelehret haben, daß nicht nur dreie, sondern auch viere oder fünfe im götligen Wesen könten angenommen werden und auf gleiche Weise finde sich in der menschligen Sele oder einem andern endligen Geiste Gedächtnis, Verstand und Wille, alles Zukünftige geschehe nach bedingter Nothwendigkeit, das Wesen des Brodts würde nicht in den Leib des Gesalbten verwandelt; von welcherlei Säzen er zugab, daß sie den Seinen ähnlig lauteten und er in rechtem Verstande sie für wahr hielte, ob er gleich, wie sie jezt abgefaßet wären, sie nicht ganz für die Seinen erkennen könte.) Nachdem er im Gefängniße hierüber vernommen worden, ward er zum Verhöre den 23 Maj bei algemeiner Zusammenkunft vorgefüret, solte aber vorher schweren, wie er antworten wolte, deßen er sich weigerte und Erlaubnis verlangte frei vor der Versamlung zureden: Welche Unbilligkeit! sagte er, daß ihr in den 360 Tagen, da ich in hartem, unreinem, stinkendem Gefängniße gefeßelt gesässen, und Mangel an allem gelitten, beständig meine Gegner und Verläumder gehöret habet, mich aber nicht eine Stunde hören wollet; ihr seid gleichwol Menschen und nicht Göt-

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/581>, abgerufen am 15.06.2024.