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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-

gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-

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[328/0340] gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/340>, abgerufen am 15.05.2024.