mahlin, dort eins für die Tochter: in kurzem entwich ein großer Theil der Einwohner aus der Stadt, als wäre sie feindlig erobert: und wen dieses nun mit Verluste vieler Unterthanen vollendet war; so hies es: das ist nicht recht gemacht! es mus anders gebauet werden! man ris es nieder und bauete aufs neue, ohne zuwissen, ob nicht auch dieses wieder fallen solte: mit solcher Unbesonnenheit suhr er immer fort, weil er Nikomedien der Stadt Rom gleich machen wolte. Es war längst gewöhnlig und wurde, der klägligen Gewonheit wegen, fast für erlaubt gehalten, daß viele ihrer Güter und Schäze wegen umkamen: beim Diocletiano aber fand sich dieses besondere, daß falsche Anklagen und Lebens strafen für den Besizer bereitet waren, sobald er nur ein wohlgebauetes Feld oder hübsches Gebäude sah: als ob er die fremden Güter nicht hätte ohne Blutvergiessen rauben können. Nach dem Tode hatte man bisher alle Fürsten vergöttert: es war auch nichts ganz neues, daß dieser sich lebend götlig verehren lies und von den Unterthanen unser Herr und Gott genant wurde; C. Caligula, Domitianus, Aurelianus hatten dergleichen gefordert. Man muste dem Fürsten keine Berichte vorlegen, keine Bitschrift übergeben; es muste alles unterleget oder zu Füßen geleget werden: Deiner Gottheit lege ich dieses zu Füßen; das war die bräuchligste Redensart, deren sich alle Bedienten, welche die Welt
mahlin, dort eins für die Tochter: in kurzem entwich ein großer Theil der Einwohner aus der Stadt, als wäre sie feindlig erobert: und wen dieses nun mit Verluste vieler Unterthanen vollendet war; so hies es: das ist nicht recht gemacht! es mus anders gebauet werden! man ris es nieder und bauete aufs neue, ohne zuwissen, ob nicht auch dieses wieder fallen solte: mit solcher Unbesonnenheit suhr er immer fort, weil er Nikomedien der Stadt Rom gleich machen wolte. Es war längst gewöhnlig und wurde, der klägligen Gewonheit wegen, fast für erlaubt gehalten, daß viele ihrer Güter und Schäze wegen umkamen: beim Diocletiano aber fand sich dieses besondere, daß falsche Anklagen und Lebens strafen für den Besizer bereitet waren, sobald er nur ein wohlgebauetes Feld oder hübsches Gebäude sah: als ob er die fremden Güter nicht hätte ohne Blutvergiessen rauben können. Nach dem Tode hatte man bisher alle Fürsten vergöttert: es war auch nichts ganz neues, daß dieser sich lebend götlig verehren lies und von den Unterthanen unser Herr und Gott genant wurde; C. Caligula, Domitianus, Aurelianus hatten dergleichen gefordert. Man muste dem Fürsten keine Berichte vorlegen, keine Bitschrift übergeben; es muste alles unterleget oder zu Füßen geleget werden: Deiner Gottheit lege ich dieses zu Füßen; das war die bräuchligste Redensart, deren sich alle Bedienten, welche die Welt
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mahlin, dort eins für die Tochter: in kurzem entwich ein großer Theil der Einwohner aus der Stadt, als wäre sie feindlig erobert: und wen dieses nun mit Verluste vieler Unterthanen vollendet war; so hies es: das ist nicht recht gemacht! es mus anders gebauet werden! man ris es nieder und bauete aufs neue, ohne zuwissen, ob nicht auch dieses wieder fallen solte: mit solcher Unbesonnenheit suhr er immer fort, weil er Nikomedien der Stadt Rom gleich machen wolte. Es war längst gewöhnlig und wurde, der klägligen Gewonheit wegen, fast für erlaubt gehalten, daß viele ihrer Güter und Schäze wegen umkamen: beim Diocletiano aber fand sich dieses besondere, daß falsche Anklagen und Lebens strafen für den Besizer bereitet waren, sobald er nur ein wohlgebauetes Feld oder hübsches Gebäude sah: als ob er die fremden Güter nicht hätte ohne Blutvergiessen rauben können. Nach dem Tode hatte man bisher alle Fürsten vergöttert: es war auch nichts ganz neues, daß dieser sich lebend götlig verehren lies und von den Unterthanen unser Herr und Gott genant wurde; C. Caligula, Domitianus, Aurelianus hatten dergleichen gefordert. Man muste dem Fürsten keine Berichte vorlegen, keine Bitschrift übergeben; es muste alles unterleget oder zu Füßen geleget werden: Deiner Gottheit lege ich dieses zu Füßen; das war die bräuchligste Redensart, deren sich alle Bedienten, welche die Welt
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mahlin, dort eins für die Tochter: in kurzem entwich ein großer Theil der Einwohner aus der Stadt, als wäre sie feindlig erobert: und wen dieses nun mit Verluste vieler Unterthanen vollendet war; so hies es: das ist nicht recht gemacht! es mus anders gebauet werden! man ris es nieder und bauete aufs neue, ohne zuwissen, ob nicht auch dieses wieder fallen solte: mit solcher Unbesonnenheit suhr er immer fort, weil er Nikomedien der Stadt Rom gleich machen wolte. Es war längst gewöhnlig und wurde, der klägligen Gewonheit wegen, fast für erlaubt gehalten, daß viele ihrer Güter und Schäze wegen umkamen: beim Diocletiano aber fand sich dieses besondere, daß falsche Anklagen und Lebens strafen für den Besizer bereitet waren, sobald er nur ein wohlgebauetes Feld oder hübsches Gebäude sah: als ob er die fremden Güter nicht hätte ohne Blutvergiessen rauben können. Nach dem Tode hatte man bisher alle Fürsten vergöttert: es war auch nichts ganz neues, daß dieser sich lebend götlig verehren lies und von den Unterthanen unser Herr und Gott genant wurde; C. Caligula, Domitianus, Aurelianus hatten dergleichen gefordert. Man muste dem Fürsten keine Berichte vorlegen, keine Bitschrift übergeben; es muste alles unterleget oder zu Füßen geleget werden: Deiner Gottheit lege ich dieses zu Füßen; das war die bräuchligste Redensart, deren sich alle Bedienten, welche die Welt
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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/29>, abgerufen am 23.11.2024.
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