Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

vor dem zu Constantinopel und faßeten das Urtheil über Dioskurum also ab, daß Leo Erzbischofs der großen Stadt Rom durch sie und gegenwärtiger Versamlung ihn absezte; auch wurde ihnen viel nachgegeben und waren viele der übergebenen Schriften an den allgemeinen Patriarchen der großen Stadt Rom und die algemeine Versamlung gerichtet; die damals festgesezte Lehre war, daß in Christo zwei Naturen vereinigt wären: der bewiesene Stolz des römischen Bischofs und seiner Gesandten, welche stets redeten und handelten, als ob alles von ihnen abhinge, erregte den Unwillen der versammleten Bischöfe und gab den zu Constantinopel Gelegenheit sich dem Römischen in allen Vorzügen und Rechten gleich erklären zulaßen, mit Bestätigung der zweiten Stelle und bereits angemaßeten patriarchalischen Gewalt über drei benachbarte Kreise. Die römischen Abgeordneten verließen die Versamlung, als dieses vorgetragen ward, man kerete sich aber sowenig daran, als an ihr nachmaliges Wiedersprechen, denn es schien dienlig dem römischen Stule einen andern entgegen zu stellen: da Leo sich heftig wiedersezte und Marcianus neue Unruhen befürchtete, vermochte dieser den Patriarchen dahin: daß er durch ein gar demüthiges Schreiben jenen etwas besänftigen muste. Also fürchtete man den römischen Papst nunmer nicht in Westen allein, sondern auch in Osten: wen bisher die Fürsten und Kirchen-

vor dem zu Constantinopel und faßeten das Urtheil über Dioskurum also ab, daß Leo Erzbischofs der großen Stadt Rom durch sie und gegenwärtiger Versamlung ihn absezte; auch wurde ihnen viel nachgegeben und waren viele der übergebenen Schriften an den allgemeinen Patriarchen der großen Stadt Rom und die algemeine Versamlung gerichtet; die damals festgesezte Lehre war, daß in Christo zwei Naturen vereinigt wären: der bewiesene Stolz des römischen Bischofs und seiner Gesandten, welche stets redeten und handelten, als ob alles von ihnen abhinge, erregte den Unwillen der versammleten Bischöfe und gab den zu Constantinopel Gelegenheit sich dem Römischen in allen Vorzügen und Rechten gleich erklären zulaßen, mit Bestätigung der zweiten Stelle und bereits angemaßeten patriarchalischen Gewalt über drei benachbarte Kreise. Die römischen Abgeordneten verließen die Versamlung, als dieses vorgetragen ward, man kerete sich aber sowenig daran, als an ihr nachmaliges Wiedersprechen, denn es schien dienlig dem römischen Stule einen andern entgegen zu stellen: da Leo sich heftig wiedersezte und Marcianus neue Unruhen befürchtete, vermochte dieser den Patriarchen dahin: daß er durch ein gar demüthiges Schreiben jenen etwas besänftigen muste. Also fürchtete man den römischen Papst nunmer nicht in Westen allein, sondern auch in Osten: wen bisher die Fürsten und Kirchen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0151" n="139"/>
vor dem zu Constantinopel und faßeten                      das Urtheil über Dioskurum also ab, daß Leo Erzbischofs der großen Stadt Rom                      durch sie und gegenwärtiger Versamlung ihn absezte; auch wurde ihnen viel                      nachgegeben und waren viele der übergebenen Schriften an den allgemeinen                      Patriarchen der großen Stadt Rom und die algemeine Versamlung gerichtet; die                      damals festgesezte Lehre war, daß in Christo zwei Naturen vereinigt wären: der                      bewiesene Stolz des römischen Bischofs und seiner Gesandten, welche stets                      redeten und handelten, als ob alles von ihnen abhinge, erregte den Unwillen der                      versammleten Bischöfe und gab den zu Constantinopel Gelegenheit sich dem                      Römischen in allen Vorzügen und Rechten gleich erklären zulaßen, mit Bestätigung                      der zweiten Stelle und bereits angemaßeten patriarchalischen Gewalt über drei                      benachbarte Kreise. Die römischen Abgeordneten verließen die Versamlung, als                      dieses vorgetragen ward, man kerete sich aber sowenig daran, als an ihr                      nachmaliges Wiedersprechen, denn es schien dienlig dem römischen Stule einen                      andern entgegen zu stellen: da Leo sich heftig wiedersezte und Marcianus neue                      Unruhen befürchtete, vermochte dieser den Patriarchen dahin: daß er durch ein                      gar demüthiges Schreiben jenen etwas besänftigen muste. Also fürchtete man den                      römischen Papst nunmer nicht in Westen allein, sondern auch in Osten: wen bisher                      die Fürsten und Kirchen-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0151] vor dem zu Constantinopel und faßeten das Urtheil über Dioskurum also ab, daß Leo Erzbischofs der großen Stadt Rom durch sie und gegenwärtiger Versamlung ihn absezte; auch wurde ihnen viel nachgegeben und waren viele der übergebenen Schriften an den allgemeinen Patriarchen der großen Stadt Rom und die algemeine Versamlung gerichtet; die damals festgesezte Lehre war, daß in Christo zwei Naturen vereinigt wären: der bewiesene Stolz des römischen Bischofs und seiner Gesandten, welche stets redeten und handelten, als ob alles von ihnen abhinge, erregte den Unwillen der versammleten Bischöfe und gab den zu Constantinopel Gelegenheit sich dem Römischen in allen Vorzügen und Rechten gleich erklären zulaßen, mit Bestätigung der zweiten Stelle und bereits angemaßeten patriarchalischen Gewalt über drei benachbarte Kreise. Die römischen Abgeordneten verließen die Versamlung, als dieses vorgetragen ward, man kerete sich aber sowenig daran, als an ihr nachmaliges Wiedersprechen, denn es schien dienlig dem römischen Stule einen andern entgegen zu stellen: da Leo sich heftig wiedersezte und Marcianus neue Unruhen befürchtete, vermochte dieser den Patriarchen dahin: daß er durch ein gar demüthiges Schreiben jenen etwas besänftigen muste. Also fürchtete man den römischen Papst nunmer nicht in Westen allein, sondern auch in Osten: wen bisher die Fürsten und Kirchen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/151
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/151>, abgerufen am 04.05.2024.