Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Franz verließ ihn. Castellani war nach
Genua gereist, um dort einen Arzt, seinen
Freund, zu sehn, seine Geliebte war in Flo¬
renz zurückgeblieben. Franz bat um ihre
Gesellschaft auf den kommenden Schmaus,
die sie ihm auch zusagte, da sie sich wenig
um die Reden der Leute kümmerte.

Der Tag des Festes war gekommen.
Lenore hatte ihren schönsten Putz angelegt,
und war liebenswürdiger, als gewöhnlich.
Franz war zufrieden, daß sie Aufmerksam¬
keit und Flüstern erregte, als er sie durch
die Straßen der Stadt führte. Sie schien
sich auch an seiner Seite zu gefallen, denn
Franz war jetzt in der blühendsten Periode
seines Lebens, sein Ansehn war munter, sein
Auge feurig, seine Wangen roth, sein Schritt
und Gang edel, beinahe stolz. Er hatte die
Demuth und Schüchternheit fast ganz abge¬
legt, die ihn bis dahin immer noch als einen

Franz verließ ihn. Caſtellani war nach
Genua gereiſt, um dort einen Arzt, ſeinen
Freund, zu ſehn, ſeine Geliebte war in Flo¬
renz zurückgeblieben. Franz bat um ihre
Geſellſchaft auf den kommenden Schmaus,
die ſie ihm auch zuſagte, da ſie ſich wenig
um die Reden der Leute kümmerte.

Der Tag des Feſtes war gekommen.
Lenore hatte ihren ſchönſten Putz angelegt,
und war liebenswürdiger, als gewöhnlich.
Franz war zufrieden, daß ſie Aufmerkſam¬
keit und Flüſtern erregte, als er ſie durch
die Straßen der Stadt führte. Sie ſchien
ſich auch an ſeiner Seite zu gefallen, denn
Franz war jetzt in der blühendſten Periode
ſeines Lebens, ſein Anſehn war munter, ſein
Auge feurig, ſeine Wangen roth, ſein Schritt
und Gang edel, beinahe ſtolz. Er hatte die
Demuth und Schüchternheit faſt ganz abge¬
legt, die ihn bis dahin immer noch als einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0367" n="359"/>
          <p>Franz verließ ihn. Ca&#x017F;tellani war nach<lb/>
Genua gerei&#x017F;t, um dort einen Arzt, &#x017F;einen<lb/>
Freund, zu &#x017F;ehn, &#x017F;eine Geliebte war in Flo¬<lb/>
renz zurückgeblieben. Franz bat um ihre<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auf den kommenden Schmaus,<lb/>
die &#x017F;ie ihm auch zu&#x017F;agte, da &#x017F;ie &#x017F;ich wenig<lb/>
um die Reden der Leute kümmerte.</p><lb/>
          <p>Der Tag des Fe&#x017F;tes war gekommen.<lb/>
Lenore hatte ihren &#x017F;chön&#x017F;ten Putz angelegt,<lb/>
und war liebenswürdiger, als gewöhnlich.<lb/>
Franz war zufrieden, daß &#x017F;ie Aufmerk&#x017F;am¬<lb/>
keit und Flü&#x017F;tern erregte, als er &#x017F;ie durch<lb/>
die Straßen der Stadt führte. Sie &#x017F;chien<lb/>
&#x017F;ich auch an &#x017F;einer Seite zu gefallen, denn<lb/>
Franz war jetzt in der blühend&#x017F;ten Periode<lb/>
&#x017F;eines Lebens, &#x017F;ein An&#x017F;ehn war munter, &#x017F;ein<lb/>
Auge feurig, &#x017F;eine Wangen roth, &#x017F;ein Schritt<lb/>
und Gang edel, beinahe &#x017F;tolz. Er hatte die<lb/>
Demuth und Schüchternheit fa&#x017F;t ganz abge¬<lb/>
legt, die ihn bis dahin immer noch als einen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0367] Franz verließ ihn. Caſtellani war nach Genua gereiſt, um dort einen Arzt, ſeinen Freund, zu ſehn, ſeine Geliebte war in Flo¬ renz zurückgeblieben. Franz bat um ihre Geſellſchaft auf den kommenden Schmaus, die ſie ihm auch zuſagte, da ſie ſich wenig um die Reden der Leute kümmerte. Der Tag des Feſtes war gekommen. Lenore hatte ihren ſchönſten Putz angelegt, und war liebenswürdiger, als gewöhnlich. Franz war zufrieden, daß ſie Aufmerkſam¬ keit und Flüſtern erregte, als er ſie durch die Straßen der Stadt führte. Sie ſchien ſich auch an ſeiner Seite zu gefallen, denn Franz war jetzt in der blühendſten Periode ſeines Lebens, ſein Anſehn war munter, ſein Auge feurig, ſeine Wangen roth, ſein Schritt und Gang edel, beinahe ſtolz. Er hatte die Demuth und Schüchternheit faſt ganz abge¬ legt, die ihn bis dahin immer noch als einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/367
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/367>, abgerufen am 04.07.2024.