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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Man wird, sagte Bolz, die unnützen
Bestrebungen, die schlechten Manieren ganz
niederlegen, und nur dem allmächtigen Buo¬
narotti folgen. Es ist in jeder ausgeübten
Kunst natürlich, daß sie sich vollendet, wenn
nur ein erhabener Geist aufgestanden ist,
der den Irrenden hat zurufen können: dort¬
hin, meine Freunde, geht der Weg! Das
hat Buonarotti gethan, und man wird nach¬
her nicht mehr zweifeln und fragen, was
Kunst sey. In jeglicher Darstellung wird
dann ein großer Sinn liegen, und man wird
die gewöhnlichen Mittel verschmähen, um
zu gefallen. Jetzt nehmen fast alle Künstler
die Sinnen in Anspruch, um nur ein In¬
teresse zu erregen, dann wird das Ideal
verstanden werden.

Indem war es ganz dunkel geworden.
Der Mond stieg eben unten am Horizont
herauf, sie hatten schon fernher Hammer¬

Man wird, ſagte Bolz, die unnützen
Beſtrebungen, die ſchlechten Manieren ganz
niederlegen, und nur dem allmächtigen Buo¬
narotti folgen. Es iſt in jeder ausgeübten
Kunſt natürlich, daß ſie ſich vollendet, wenn
nur ein erhabener Geiſt aufgeſtanden iſt,
der den Irrenden hat zurufen können: dort¬
hin, meine Freunde, geht der Weg! Das
hat Buonarotti gethan, und man wird nach¬
her nicht mehr zweifeln und fragen, was
Kunſt ſey. In jeglicher Darſtellung wird
dann ein großer Sinn liegen, und man wird
die gewöhnlichen Mittel verſchmähen, um
zu gefallen. Jetzt nehmen faſt alle Künſtler
die Sinnen in Anſpruch, um nur ein In¬
tereſſe zu erregen, dann wird das Ideal
verſtanden werden.

Indem war es ganz dunkel geworden.
Der Mond ſtieg eben unten am Horizont
herauf, ſie hatten ſchon fernher Hammer¬

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[292/0300] Man wird, ſagte Bolz, die unnützen Beſtrebungen, die ſchlechten Manieren ganz niederlegen, und nur dem allmächtigen Buo¬ narotti folgen. Es iſt in jeder ausgeübten Kunſt natürlich, daß ſie ſich vollendet, wenn nur ein erhabener Geiſt aufgeſtanden iſt, der den Irrenden hat zurufen können: dort¬ hin, meine Freunde, geht der Weg! Das hat Buonarotti gethan, und man wird nach¬ her nicht mehr zweifeln und fragen, was Kunſt ſey. In jeglicher Darſtellung wird dann ein großer Sinn liegen, und man wird die gewöhnlichen Mittel verſchmähen, um zu gefallen. Jetzt nehmen faſt alle Künſtler die Sinnen in Anſpruch, um nur ein In¬ tereſſe zu erregen, dann wird das Ideal verſtanden werden. Indem war es ganz dunkel geworden. Der Mond ſtieg eben unten am Horizont herauf, ſie hatten ſchon fernher Hammer¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/300>, abgerufen am 22.11.2024.