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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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mit der Äbtissin des Klosters gemacht, Stern¬
bald war damit zufrieden. Sie gingen wie¬
der vor die Stadt hinaus, Bolz schien un¬
ruhig, und etwas zu haben, das er dem
jungen Mahler gern mittheilen möchte; er
brach aber immer wieder ab, und Stern¬
bald, der im Geiste schon mit seiner Mah¬
lerei beschäftigt war, achtete nicht darauf.

Es wurde finster. Sie hatten sich in
die benachbarten Berge hineingewendet, ihr
Gespräch fiel auf die Kunst. Ihr habt mich,
sagte Sternbald, auf die unsterblichen Werke
des großen Michael Angelo sehr begierig ge¬
macht, Ihr haltet sie für das Höchste, was
die Kunst bisher hervorgebracht hat.

Und hervorbringen kann! rief Bolz aus,
es ist bei ihnen nicht von der oder der Vor¬
trefflichkeit, von dieser oder jener Schönheit
die Rede, sondern sie sind durchaus schön,
durchaus vortrefflich. Alle übrigen Künstler

(2r Th.) T

mit der Äbtiſſin des Kloſters gemacht, Stern¬
bald war damit zufrieden. Sie gingen wie¬
der vor die Stadt hinaus, Bolz ſchien un¬
ruhig, und etwas zu haben, das er dem
jungen Mahler gern mittheilen möchte; er
brach aber immer wieder ab, und Stern¬
bald, der im Geiſte ſchon mit ſeiner Mah¬
lerei beſchäftigt war, achtete nicht darauf.

Es wurde finſter. Sie hatten ſich in
die benachbarten Berge hineingewendet, ihr
Geſpräch fiel auf die Kunſt. Ihr habt mich,
ſagte Sternbald, auf die unſterblichen Werke
des großen Michael Angelo ſehr begierig ge¬
macht, Ihr haltet ſie für das Höchſte, was
die Kunſt bisher hervorgebracht hat.

Und hervorbringen kann! rief Bolz aus,
es iſt bei ihnen nicht von der oder der Vor¬
trefflichkeit, von dieſer oder jener Schönheit
die Rede, ſondern ſie ſind durchaus ſchön,
durchaus vortrefflich. Alle übrigen Künſtler

(2r Th.) T
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[289/0297] mit der Äbtiſſin des Kloſters gemacht, Stern¬ bald war damit zufrieden. Sie gingen wie¬ der vor die Stadt hinaus, Bolz ſchien un¬ ruhig, und etwas zu haben, das er dem jungen Mahler gern mittheilen möchte; er brach aber immer wieder ab, und Stern¬ bald, der im Geiſte ſchon mit ſeiner Mah¬ lerei beſchäftigt war, achtete nicht darauf. Es wurde finſter. Sie hatten ſich in die benachbarten Berge hineingewendet, ihr Geſpräch fiel auf die Kunſt. Ihr habt mich, ſagte Sternbald, auf die unſterblichen Werke des großen Michael Angelo ſehr begierig ge¬ macht, Ihr haltet ſie für das Höchſte, was die Kunſt bisher hervorgebracht hat. Und hervorbringen kann! rief Bolz aus, es iſt bei ihnen nicht von der oder der Vor¬ trefflichkeit, von dieſer oder jener Schönheit die Rede, ſondern ſie ſind durchaus ſchön, durchaus vortrefflich. Alle übrigen Künſtler (2r Th.) T

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/297>, abgerufen am 22.11.2024.