Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich wollte die Schweiz und Deutschland be¬
suchen, er wollte ohne meine Gesellschaft eine
andre Reise unternehmen, es war nichts ge¬
ringeres, als daß er nach Aegypten gehen
wollte, die seltsamen uralten Pyramiden,
das wunderbare rothe Meer, die Sandwü¬
sten mit ihren Sphinxen, der fruchtbare Nil,
diese Gegenstände, von denen man schon in
der Kindheit so viel hört, waren es, die ihn
dorthin riefen. Unser Abschied war überaus
zärtlich, er versprach mir, in einem Jahre
nach Italien zurückzukommen; ich nahm auf
eben so lange von meinen Eltern Urlaub,
und trat meine Reise nach Deutschland an.

Ich fühlte mich ohne meinen Gefährten
recht einsam und verlassen, der Muth wollte
sich anfangs gar nicht einstellen, der mich
sonst aufrecht gehalten hatte. Die hohen
Gebirge der Schweiz und in Tyrol, die
furchtbare Majestät der Natur, alles stimmte

Ich wollte die Schweiz und Deutſchland be¬
ſuchen, er wollte ohne meine Geſellſchaft eine
andre Reiſe unternehmen, es war nichts ge¬
ringeres, als daß er nach Aegypten gehen
wollte, die ſeltſamen uralten Pyramiden,
das wunderbare rothe Meer, die Sandwü¬
ſten mit ihren Sphinxen, der fruchtbare Nil,
dieſe Gegenſtände, von denen man ſchon in
der Kindheit ſo viel hört, waren es, die ihn
dorthin riefen. Unſer Abſchied war überaus
zärtlich, er verſprach mir, in einem Jahre
nach Italien zurückzukommen; ich nahm auf
eben ſo lange von meinen Eltern Urlaub,
und trat meine Reiſe nach Deutſchland an.

Ich fühlte mich ohne meinen Gefährten
recht einſam und verlaſſen, der Muth wollte
ſich anfangs gar nicht einſtellen, der mich
ſonſt aufrecht gehalten hatte. Die hohen
Gebirge der Schweiz und in Tyrol, die
furchtbare Majeſtät der Natur, alles ſtimmte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="204"/>
Ich wollte die Schweiz und Deut&#x017F;chland be¬<lb/>
&#x017F;uchen, er wollte ohne meine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft eine<lb/>
andre Rei&#x017F;e unternehmen, es war nichts ge¬<lb/>
ringeres, als daß er nach Aegypten gehen<lb/>
wollte, die &#x017F;elt&#x017F;amen uralten Pyramiden,<lb/>
das wunderbare rothe Meer, die Sandwü¬<lb/>
&#x017F;ten mit ihren Sphinxen, der fruchtbare Nil,<lb/>
die&#x017F;e Gegen&#x017F;tände, von denen man &#x017F;chon in<lb/>
der Kindheit &#x017F;o viel hört, waren es, die ihn<lb/>
dorthin riefen. Un&#x017F;er Ab&#x017F;chied war überaus<lb/>
zärtlich, er ver&#x017F;prach mir, in einem Jahre<lb/>
nach Italien zurückzukommen; ich nahm auf<lb/>
eben &#x017F;o lange von meinen Eltern Urlaub,<lb/>
und trat meine Rei&#x017F;e nach Deut&#x017F;chland an.<lb/></p>
          <p>Ich fühlte mich ohne meinen Gefährten<lb/>
recht ein&#x017F;am und verla&#x017F;&#x017F;en, der Muth wollte<lb/>
&#x017F;ich anfangs gar nicht ein&#x017F;tellen, der mich<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t aufrecht gehalten hatte. Die hohen<lb/>
Gebirge der Schweiz und in Tyrol, die<lb/>
furchtbare Maje&#x017F;tät der Natur, alles &#x017F;timmte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0212] Ich wollte die Schweiz und Deutſchland be¬ ſuchen, er wollte ohne meine Geſellſchaft eine andre Reiſe unternehmen, es war nichts ge¬ ringeres, als daß er nach Aegypten gehen wollte, die ſeltſamen uralten Pyramiden, das wunderbare rothe Meer, die Sandwü¬ ſten mit ihren Sphinxen, der fruchtbare Nil, dieſe Gegenſtände, von denen man ſchon in der Kindheit ſo viel hört, waren es, die ihn dorthin riefen. Unſer Abſchied war überaus zärtlich, er verſprach mir, in einem Jahre nach Italien zurückzukommen; ich nahm auf eben ſo lange von meinen Eltern Urlaub, und trat meine Reiſe nach Deutſchland an. Ich fühlte mich ohne meinen Gefährten recht einſam und verlaſſen, der Muth wollte ſich anfangs gar nicht einſtellen, der mich ſonſt aufrecht gehalten hatte. Die hohen Gebirge der Schweiz und in Tyrol, die furchtbare Majeſtät der Natur, alles ſtimmte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/212
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/212>, abgerufen am 20.04.2024.