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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Dieser Brief setzte Franzen in ein tiefes
Nachsinnen, er wollte seinem Gemüthe nicht
recht eindringen, und er fühlte fast et¬
was Fremdartiges in der Schreibart, das
sich seinem Geiste wiedersetzte. Es quälte
ihn, daß alles Neue mit einem zu gewalt¬
samen Eindrucke auf seine Seele fiel, und
ihr dadurch die freie Bewegung raubte.
So lag ihm wieder die Gesinnung und das
Betragen des Meister Lukas in den Gedan¬
ken, manches in Sebastians Briefe schien
ihm damit übereinzustimmen, und in solchen
Augenblicken des Gefühls kam er sich oft
in der Welt ganz einsam vor.

Wunderlich seltsam ist das Leben der
Jugend, die sich selbst nicht kennt. Sie
verlangt, daß die ganze übrige Welt, wie
ein einziges Instrument, mit ihren Empfin¬
dungen eines jeden Tages zusammenstimmen
soll, sie mißt sich mit der fremdartigsten

Dieſer Brief ſetzte Franzen in ein tiefes
Nachſinnen, er wollte ſeinem Gemüthe nicht
recht eindringen, und er fühlte faſt et¬
was Fremdartiges in der Schreibart, das
ſich ſeinem Geiſte wiederſetzte. Es quälte
ihn, daß alles Neue mit einem zu gewalt¬
ſamen Eindrucke auf ſeine Seele fiel, und
ihr dadurch die freie Bewegung raubte.
So lag ihm wieder die Geſinnung und das
Betragen des Meiſter Lukas in den Gedan¬
ken, manches in Sebaſtians Briefe ſchien
ihm damit übereinzuſtimmen, und in ſolchen
Augenblicken des Gefühls kam er ſich oft
in der Welt ganz einſam vor.

Wunderlich ſeltſam iſt das Leben der
Jugend, die ſich ſelbſt nicht kennt. Sie
verlangt, daß die ganze übrige Welt, wie
ein einziges Inſtrument, mit ihren Empfin¬
dungen eines jeden Tages zuſammenſtimmen
ſoll, ſie mißt ſich mit der fremdartigſten

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[252 [254]/0265] Dieſer Brief ſetzte Franzen in ein tiefes Nachſinnen, er wollte ſeinem Gemüthe nicht recht eindringen, und er fühlte faſt et¬ was Fremdartiges in der Schreibart, das ſich ſeinem Geiſte wiederſetzte. Es quälte ihn, daß alles Neue mit einem zu gewalt¬ ſamen Eindrucke auf ſeine Seele fiel, und ihr dadurch die freie Bewegung raubte. So lag ihm wieder die Geſinnung und das Betragen des Meiſter Lukas in den Gedan¬ ken, manches in Sebaſtians Briefe ſchien ihm damit übereinzuſtimmen, und in ſolchen Augenblicken des Gefühls kam er ſich oft in der Welt ganz einſam vor. Wunderlich ſeltſam iſt das Leben der Jugend, die ſich ſelbſt nicht kennt. Sie verlangt, daß die ganze übrige Welt, wie ein einziges Inſtrument, mit ihren Empfin¬ dungen eines jeden Tages zuſammenſtimmen ſoll, ſie mißt ſich mit der fremdartigſten

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 252 [254]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/265>, abgerufen am 25.11.2024.