Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Begebenheiten, er sah über seine Zukunft
wie über ein glänzendes Blumenfeld hin,
und doch genügte ihm keine Freude, er war
unzufrieden mit allem was da kommen
konnte, und doch fühlte er sich so überselig.

Ausserdem enthielt das Taschenbuch nichts,
woraus er den Namen oder den Aufenthalt
seiner Geliebten hätte erfahren können. Auf
der einen Seite stand:

"zu Antwerpen ein schönes Bild von Lu¬
kas von Leyden gesehn."
und dicht darunter:

"eben daselbst, ein unbeschreib¬
lich schönes Crucifix vom gro¬
ßen Albert Dürer
."

Er küßte das Blatt zu wiederholtenmah¬
len, er konnte heut seine Empfindungen
durchaus nicht bemeistern. Es war ihm zu
seltsam und zu erfreulich, daß die Engels¬
gestalt, die er so fernab im Traum seiner

Begebenheiten, er ſah über ſeine Zukunft
wie über ein glänzendes Blumenfeld hin,
und doch genügte ihm keine Freude, er war
unzufrieden mit allem was da kommen
konnte, und doch fühlte er ſich ſo überſelig.

Auſſerdem enthielt das Taſchenbuch nichts,
woraus er den Namen oder den Aufenthalt
ſeiner Geliebten hätte erfahren können. Auf
der einen Seite ſtand:

«zu Antwerpen ein ſchönes Bild von Lu¬
kas von Leyden geſehn.»
und dicht darunter:

«eben daſelbſt, ein unbeſchreib¬
lich ſchönes Crucifix vom gro¬
ßen Albert Dürer

Er küßte das Blatt zu wiederholtenmah¬
len, er konnte heut ſeine Empfindungen
durchaus nicht bemeiſtern. Es war ihm zu
ſeltſam und zu erfreulich, daß die Engels¬
geſtalt, die er ſo fernab im Traum ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0149" n="138"/>
Begebenheiten, er &#x017F;ah über &#x017F;eine Zukunft<lb/>
wie über ein glänzendes Blumenfeld hin,<lb/>
und doch genügte ihm keine Freude, er war<lb/>
unzufrieden mit allem was da kommen<lb/>
konnte, und doch fühlte er &#x017F;ich &#x017F;o über&#x017F;elig.</p><lb/>
            <p>Au&#x017F;&#x017F;erdem enthielt das Ta&#x017F;chenbuch nichts,<lb/>
woraus er den Namen oder den Aufenthalt<lb/>
&#x017F;einer Geliebten hätte erfahren können. Auf<lb/>
der einen Seite &#x017F;tand:</p><lb/>
            <p>«zu Antwerpen ein &#x017F;chönes Bild von Lu¬<lb/>
kas von Leyden ge&#x017F;ehn.»<lb/>
und dicht darunter:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">«eben da&#x017F;elb&#x017F;t</hi>, <hi rendition="#g">ein unbe&#x017F;chreib¬<lb/>
lich &#x017F;chönes Crucifix vom gro¬<lb/>
ßen Albert Dürer</hi></p><lb/>
            <p>Er küßte das Blatt zu wiederholtenmah¬<lb/>
len, er konnte heut &#x017F;eine Empfindungen<lb/>
durchaus nicht bemei&#x017F;tern. Es war ihm zu<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;am und zu erfreulich, daß die Engels¬<lb/>
ge&#x017F;talt, die er &#x017F;o fernab im Traum &#x017F;einer<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0149] Begebenheiten, er ſah über ſeine Zukunft wie über ein glänzendes Blumenfeld hin, und doch genügte ihm keine Freude, er war unzufrieden mit allem was da kommen konnte, und doch fühlte er ſich ſo überſelig. Auſſerdem enthielt das Taſchenbuch nichts, woraus er den Namen oder den Aufenthalt ſeiner Geliebten hätte erfahren können. Auf der einen Seite ſtand: «zu Antwerpen ein ſchönes Bild von Lu¬ kas von Leyden geſehn.» und dicht darunter: «eben daſelbſt, ein unbeſchreib¬ lich ſchönes Crucifix vom gro¬ ßen Albert Dürer.» Er küßte das Blatt zu wiederholtenmah¬ len, er konnte heut ſeine Empfindungen durchaus nicht bemeiſtern. Es war ihm zu ſeltſam und zu erfreulich, daß die Engels¬ geſtalt, die er ſo fernab im Traum ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/149
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/149>, abgerufen am 22.11.2024.