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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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dung im Wasser, noch weniger aber wollten
ihm die Striche auf dem Papiere genügen,
die durchaus nicht nachbildeten, was er vor
sich sah. Er war bisher noch nie darauf
gekommen eine Landschaft zu zeichnen, er
hatte sie immer nur als eine nothwendige
Zugabe zu manchen historischen Bildern an¬
gesehn, aber noch nie empfunden, daß die
leblose Natur etwas für sich Ganzes und
Vollendetes ausmachen könne, und so der
Darstellung würdig sey. Unbefriedigt gieng
er nach der Hütte seines Pflegevaters zu¬
rück.

Seine Mutter kam ihm entgegen, die
sich in der ungewohnten Einsamkeit nicht zu
lassen wuste. Sie setzten sich beide auf eine
Bank die vor dem Hause stand, und unter¬
redeten sich von mancherlei Dingen. Franz
ward durch jeden Gegenstand den er sah,
durch jedes Wort das er hörte, niedergeschla¬

dung im Waſſer, noch weniger aber wollten
ihm die Striche auf dem Papiere genügen,
die durchaus nicht nachbildeten, was er vor
ſich ſah. Er war bisher noch nie darauf
gekommen eine Landſchaft zu zeichnen, er
hatte ſie immer nur als eine nothwendige
Zugabe zu manchen hiſtoriſchen Bildern an¬
geſehn, aber noch nie empfunden, daß die
lebloſe Natur etwas für ſich Ganzes und
Vollendetes ausmachen könne, und ſo der
Darſtellung würdig ſey. Unbefriedigt gieng
er nach der Hütte ſeines Pflegevaters zu¬
rück.

Seine Mutter kam ihm entgegen, die
ſich in der ungewohnten Einſamkeit nicht zu
laſſen wuſte. Sie ſetzten ſich beide auf eine
Bank die vor dem Hauſe ſtand, und unter¬
redeten ſich von mancherlei Dingen. Franz
ward durch jeden Gegenſtand den er ſah,
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[89/0100] dung im Waſſer, noch weniger aber wollten ihm die Striche auf dem Papiere genügen, die durchaus nicht nachbildeten, was er vor ſich ſah. Er war bisher noch nie darauf gekommen eine Landſchaft zu zeichnen, er hatte ſie immer nur als eine nothwendige Zugabe zu manchen hiſtoriſchen Bildern an¬ geſehn, aber noch nie empfunden, daß die lebloſe Natur etwas für ſich Ganzes und Vollendetes ausmachen könne, und ſo der Darſtellung würdig ſey. Unbefriedigt gieng er nach der Hütte ſeines Pflegevaters zu¬ rück. Seine Mutter kam ihm entgegen, die ſich in der ungewohnten Einſamkeit nicht zu laſſen wuſte. Sie ſetzten ſich beide auf eine Bank die vor dem Hauſe ſtand, und unter¬ redeten ſich von mancherlei Dingen. Franz ward durch jeden Gegenſtand den er ſah, durch jedes Wort das er hörte, niedergeſchla¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/100>, abgerufen am 27.04.2024.