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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Fortunat.
gleich setz' dich hin! Du hast Dir doch seit kur-
zem die Haare nicht verschnitten?
Frau. Nein, aber --
Flint. Bringt nur schnell, schnell den gro-
ßen eckigen Reifrock und was dazu gehört, die Un-
terlage, das Gestell. -- Herunter mit der Haube,
Frau! -- Gesellen! die Pomaden, die Eisen, die
falschen Haare, die Wulste, die Kissen, in größter,
größter Eile herbei, und was fehlt, schnell, schnell
gemacht! Tummelt Euch! Unser Regiment ist da.
Schneider. Ich habe vorgearbeitet, weil
man mir schon heute Morgen einen Wink zukom-
men ließ.
Flint. So geht, und gleich wieder her! --
Hört, bleibt, seht! Gevatter, was hab' ich hier um
den Hals? Den kleinen Nasenorden, den mir des
Königs Majestät mit eigner Hand umgehängt hat. --
Nun rasch an die Arbeit!
(Hofschneider ab.)
Frau. Mann, du reißest mich entsetzlich in
den Haaren.
Flint. Hat nichts zu sagen, des Vaterlan-
des wegen. -- Die Pomade her; so aufgesteift! --
Frau, -- ach, Herr Leibarzt, ich bin jezt ein ande-
rer Mann, ich habe Rang, Ober-Geheimer Staats-
Haupt-Regulateur, -- das klingt -- das Brenn-
eisen her! -- nicht wahr? -- Helft die Wülste,
die Kissen unterlegen, -- gebt die Elle her, Maaß
zu nehmen, -- eine volle Elle hoch muß das Tuppe
seyn, -- mehr Pomade! Das erkleckt nicht, denn
es ist ein Thurmbau; -- der Herr Raimund, das
ist ein Mann! -- das Parlement hat eine neue
Etikette und Kleiderordnung publizirt, ich bin ver-
III. [ 26 ]
Fortunat.
gleich ſetz' dich hin! Du haſt Dir doch ſeit kur-
zem die Haare nicht verſchnitten?
Frau. Nein, aber —
Flint. Bringt nur ſchnell, ſchnell den gro-
ßen eckigen Reifrock und was dazu gehoͤrt, die Un-
terlage, das Geſtell. — Herunter mit der Haube,
Frau! — Geſellen! die Pomaden, die Eiſen, die
falſchen Haare, die Wulſte, die Kiſſen, in groͤßter,
groͤßter Eile herbei, und was fehlt, ſchnell, ſchnell
gemacht! Tummelt Euch! Unſer Regiment iſt da.
Schneider. Ich habe vorgearbeitet, weil
man mir ſchon heute Morgen einen Wink zukom-
men ließ.
Flint. So geht, und gleich wieder her! —
Hoͤrt, bleibt, ſeht! Gevatter, was hab' ich hier um
den Hals? Den kleinen Naſenorden, den mir des
Koͤnigs Majeſtaͤt mit eigner Hand umgehaͤngt hat. —
Nun raſch an die Arbeit!
(Hofſchneider ab.)
Frau. Mann, du reißeſt mich entſetzlich in
den Haaren.
Flint. Hat nichts zu ſagen, des Vaterlan-
des wegen. — Die Pomade her; ſo aufgeſteift! —
Frau, — ach, Herr Leibarzt, ich bin jezt ein ande-
rer Mann, ich habe Rang, Ober-Geheimer Staats-
Haupt-Regulateur, — das klingt — das Brenn-
eiſen her! — nicht wahr? — Helft die Wuͤlſte,
die Kiſſen unterlegen, — gebt die Elle her, Maaß
zu nehmen, — eine volle Elle hoch muß das Tuppé
ſeyn, — mehr Pomade! Das erkleckt nicht, denn
es iſt ein Thurmbau; — der Herr Raimund, das
iſt ein Mann! — das Parlement hat eine neue
Etikette und Kleiderordnung publizirt, ich bin ver-
III. [ 26 ]
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[401/0411] Fortunat. gleich ſetz' dich hin! Du haſt Dir doch ſeit kur- zem die Haare nicht verſchnitten? Frau. Nein, aber — Flint. Bringt nur ſchnell, ſchnell den gro- ßen eckigen Reifrock und was dazu gehoͤrt, die Un- terlage, das Geſtell. — Herunter mit der Haube, Frau! — Geſellen! die Pomaden, die Eiſen, die falſchen Haare, die Wulſte, die Kiſſen, in groͤßter, groͤßter Eile herbei, und was fehlt, ſchnell, ſchnell gemacht! Tummelt Euch! Unſer Regiment iſt da. Schneider. Ich habe vorgearbeitet, weil man mir ſchon heute Morgen einen Wink zukom- men ließ. Flint. So geht, und gleich wieder her! — Hoͤrt, bleibt, ſeht! Gevatter, was hab' ich hier um den Hals? Den kleinen Naſenorden, den mir des Koͤnigs Majeſtaͤt mit eigner Hand umgehaͤngt hat. — Nun raſch an die Arbeit! (Hofſchneider ab.) Frau. Mann, du reißeſt mich entſetzlich in den Haaren. Flint. Hat nichts zu ſagen, des Vaterlan- des wegen. — Die Pomade her; ſo aufgeſteift! — Frau, — ach, Herr Leibarzt, ich bin jezt ein ande- rer Mann, ich habe Rang, Ober-Geheimer Staats- Haupt-Regulateur, — das klingt — das Brenn- eiſen her! — nicht wahr? — Helft die Wuͤlſte, die Kiſſen unterlegen, — gebt die Elle her, Maaß zu nehmen, — eine volle Elle hoch muß das Tuppé ſeyn, — mehr Pomade! Das erkleckt nicht, denn es iſt ein Thurmbau; — der Herr Raimund, das iſt ein Mann! — das Parlement hat eine neue Etikette und Kleiderordnung publizirt, ich bin ver- III. [ 26 ]

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/411>, abgerufen am 30.11.2024.