Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Die Schwärmerei, Kastein und Beten, alles;
Ihr seyd auf falschem Wege. Saht ihr wohl
Die neuen goldnen Münzen ausgegeben
Aus unserm Schatz? Wir habens, Freund, wir
habens!
Doch eur Merkur und Jovis Glanz und Venus,
Das alles ist nur Fabelei. Wißt ihr
Woraus denn die Materie besteht?
Reymund.
Wir suchen sie nun schon seit vielen Jahren
Zu läutern, zu verklären, zu erziehen
Durch Kunst zur goldnen Lilienblüthe --
König.
Nichts!
Viel simpler ists, ich hab' sie Freund, ich hab' sie --
Soll ichs euch nennen? he?
Reymund.
-- Mein hoher Herr --
König.
Nun sperrt den Sinn mal auf, sucht zu begreifen,
Ins Ohr will ichs euch sagen: -- Leder ists!
Reymund.
Vernehm' ich recht? Wie? Leder?
König.
Leder, ja!
Nicht wahr, das will euch nicht zu Kopf? Verduzt,
Verdummt steht ihr da vor mir, -- ja, mein Freund,
Kennt ihr nicht die Sentenz: es giebt manch Ding
Im Himmel und auf Erden, wovon eure
Schulweisheit sich nicht träumen läßt. -- Adieu.

(ab.)
Leibarzt. Nun, Mann der Weisheit? Seht,
wie gesund, vollständig, aufgeräumt der König jezt
Zweite Abtheilung.
Die Schwaͤrmerei, Kaſtein und Beten, alles;
Ihr ſeyd auf falſchem Wege. Saht ihr wohl
Die neuen goldnen Muͤnzen ausgegeben
Aus unſerm Schatz? Wir habens, Freund, wir
habens!
Doch eur Merkur und Jovis Glanz und Venus,
Das alles iſt nur Fabelei. Wißt ihr
Woraus denn die Materie beſteht?
Reymund.
Wir ſuchen ſie nun ſchon ſeit vielen Jahren
Zu laͤutern, zu verklaͤren, zu erziehen
Durch Kunſt zur goldnen Lilienbluͤthe —
Koͤnig.
Nichts!
Viel ſimpler iſts, ich hab' ſie Freund, ich hab' ſie —
Soll ichs euch nennen? he?
Reymund.
— Mein hoher Herr —
Koͤnig.
Nun ſperrt den Sinn mal auf, ſucht zu begreifen,
Ins Ohr will ichs euch ſagen: — Leder iſts!
Reymund.
Vernehm' ich recht? Wie? Leder?
Koͤnig.
Leder, ja!
Nicht wahr, das will euch nicht zu Kopf? Verduzt,
Verdummt ſteht ihr da vor mir, — ja, mein Freund,
Kennt ihr nicht die Sentenz: es giebt manch Ding
Im Himmel und auf Erden, wovon eure
Schulweisheit ſich nicht traͤumen laͤßt. — Adieu.

(ab.)
Leibarzt. Nun, Mann der Weisheit? Seht,
wie geſund, vollſtaͤndig, aufgeraͤumt der Koͤnig jezt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <p><pb facs="#f0352" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Die Schwa&#x0364;rmerei, Ka&#x017F;tein und Beten, alles;<lb/>
Ihr &#x017F;eyd auf fal&#x017F;chem Wege. Saht ihr wohl<lb/>
Die neuen goldnen Mu&#x0364;nzen ausgegeben<lb/>
Aus un&#x017F;erm Schatz? Wir habens, Freund, wir<lb/><hi rendition="#et">habens!</hi><lb/>
Doch eur Merkur und Jovis Glanz und Venus,<lb/>
Das alles i&#x017F;t nur Fabelei. Wißt ihr<lb/>
Woraus denn die Materie be&#x017F;teht?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Reymund">
                <speaker><hi rendition="#g">Reymund</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Wir &#x017F;uchen &#x017F;ie nun &#x017F;chon &#x017F;eit vielen Jahren<lb/>
Zu la&#x0364;utern, zu verkla&#x0364;ren, zu erziehen<lb/>
Durch Kun&#x017F;t zur goldnen Lilienblu&#x0364;the &#x2014;</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker><lb/>
                <p><hi rendition="#et">Nichts!</hi><lb/>
Viel &#x017F;impler i&#x017F;ts, ich hab' &#x017F;ie Freund, ich hab' &#x017F;ie &#x2014;<lb/>
Soll ichs euch nennen? he?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Reymund">
                <speaker><hi rendition="#g">Reymund</hi>.</speaker><lb/>
                <p> <hi rendition="#et"> &#x2014; Mein hoher Herr &#x2014;</hi> </p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nun &#x017F;perrt den Sinn mal auf, &#x017F;ucht zu begreifen,<lb/>
Ins Ohr will ichs euch &#x017F;agen: &#x2014; Leder i&#x017F;ts!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Reymund">
                <speaker><hi rendition="#g">Reymund</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Vernehm' ich recht? Wie? Leder?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker><lb/>
                <p><hi rendition="#et">Leder, ja!</hi><lb/>
Nicht wahr, das will euch nicht zu Kopf? Verduzt,<lb/>
Verdummt &#x017F;teht ihr da vor mir, &#x2014; ja, mein Freund,<lb/>
Kennt ihr nicht die Sentenz: es giebt manch Ding<lb/>
Im Himmel und auf Erden, wovon eure<lb/>
Schulweisheit &#x017F;ich nicht tra&#x0364;umen la&#x0364;ßt. &#x2014; Adieu.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#et">(ab.)</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Leibarzt">
                <speaker><hi rendition="#g">Leibarzt</hi>.</speaker>
                <p>Nun, Mann der Weisheit? Seht,<lb/>
wie ge&#x017F;und, voll&#x017F;ta&#x0364;ndig, aufgera&#x0364;umt der Ko&#x0364;nig jezt<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0352] Zweite Abtheilung. Die Schwaͤrmerei, Kaſtein und Beten, alles; Ihr ſeyd auf falſchem Wege. Saht ihr wohl Die neuen goldnen Muͤnzen ausgegeben Aus unſerm Schatz? Wir habens, Freund, wir habens! Doch eur Merkur und Jovis Glanz und Venus, Das alles iſt nur Fabelei. Wißt ihr Woraus denn die Materie beſteht? Reymund. Wir ſuchen ſie nun ſchon ſeit vielen Jahren Zu laͤutern, zu verklaͤren, zu erziehen Durch Kunſt zur goldnen Lilienbluͤthe — Koͤnig. Nichts! Viel ſimpler iſts, ich hab' ſie Freund, ich hab' ſie — Soll ichs euch nennen? he? Reymund. — Mein hoher Herr — Koͤnig. Nun ſperrt den Sinn mal auf, ſucht zu begreifen, Ins Ohr will ichs euch ſagen: — Leder iſts! Reymund. Vernehm' ich recht? Wie? Leder? Koͤnig. Leder, ja! Nicht wahr, das will euch nicht zu Kopf? Verduzt, Verdummt ſteht ihr da vor mir, — ja, mein Freund, Kennt ihr nicht die Sentenz: es giebt manch Ding Im Himmel und auf Erden, wovon eure Schulweisheit ſich nicht traͤumen laͤßt. — Adieu. (ab.) Leibarzt. Nun, Mann der Weisheit? Seht, wie geſund, vollſtaͤndig, aufgeraͤumt der Koͤnig jezt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/352
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/352>, abgerufen am 23.11.2024.