Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. himmlische Müdigkeit, ein Ermatten wie das zumHimmel Entsterben der Heiligen rieselt, flutet, flüstert durch mein ganzes Wesen und singt dem Geist ein Wiegenlied, wie Venus es wohl dem Amor sang. Agrippina. Deine Reden fallen so lieblich in mein Ohr, wie im Frühling die Blüthen vom Baum. Andalosia. Wie schön gesagt, wie fried- lich -- wie sanft und -- und -- hold? nicht wahr? (gähnt) Verzeih, ich weiß nicht, warum ich Dich unterbreche. Agrippina. O mein Süßer, mein Trauter! Andalosia. Wahrlich, Du Engelsbild, noch nie -- (gähnt) Nie, niemals -- Was sagtest Du doch? Agrippina. Nichts, mein Theurer. Andalosia. Nichts? Nichts? (gähnt) Nichts, mein Engel, will viel sagen, denn -- (gähnt) Ich weiß nicht, -- es muß schon spät seyn, denn die Augen wollen wir zufallen -- aber Du sprichst auch gar nichts. Agrippina. Ich höre Dir zu, Du Wonne meines Herzens. Andalosia. (gähnt) Ja, es hört sich gut zu, wenn Leute so reden, -- vollends -- (gähnt) so recht begeistert über das Himmlische (gähnt) der Liebe, -- nur nicht Geschwätz, wenn ein Mensch schlafen will, denn alsdann -- mein Schatz, ist es zur Unzeit, -- und den Fehler scheinst Du mir zu haben. Agrippina. Ich? Ist Dir meine Liebe jetzt schon gleichgültig? Fortunat. himmliſche Muͤdigkeit, ein Ermatten wie das zumHimmel Entſterben der Heiligen rieſelt, flutet, fluͤſtert durch mein ganzes Weſen und ſingt dem Geiſt ein Wiegenlied, wie Venus es wohl dem Amor ſang. Agrippina. Deine Reden fallen ſo lieblich in mein Ohr, wie im Fruͤhling die Bluͤthen vom Baum. Andaloſia. Wie ſchoͤn geſagt, wie fried- lich — wie ſanft und — und — hold? nicht wahr? (gaͤhnt) Verzeih, ich weiß nicht, warum ich Dich unterbreche. Agrippina. O mein Suͤßer, mein Trauter! Andaloſia. Wahrlich, Du Engelsbild, noch nie — (gaͤhnt) Nie, niemals — Was ſagteſt Du doch? Agrippina. Nichts, mein Theurer. Andaloſia. Nichts? Nichts? (gaͤhnt) Nichts, mein Engel, will viel ſagen, denn — (gaͤhnt) Ich weiß nicht, — es muß ſchon ſpaͤt ſeyn, denn die Augen wollen wir zufallen — aber Du ſprichſt auch gar nichts. Agrippina. Ich hoͤre Dir zu, Du Wonne meines Herzens. Andaloſia. (gaͤhnt) Ja, es hoͤrt ſich gut zu, wenn Leute ſo reden, — vollends — (gaͤhnt) ſo recht begeiſtert uͤber das Himmliſche (gaͤhnt) der Liebe, — nur nicht Geſchwaͤtz, wenn ein Menſch ſchlafen will, denn alsdann — mein Schatz, iſt es zur Unzeit, — und den Fehler ſcheinſt Du mir zu haben. Agrippina. Ich? Iſt Dir meine Liebe jetzt ſchon gleichguͤltig? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Andaloſia"> <p><pb facs="#f0327" n="317"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> himmliſche Muͤdigkeit, ein Ermatten wie das zum<lb/> Himmel Entſterben der Heiligen rieſelt, flutet,<lb/> fluͤſtert durch mein ganzes Weſen und ſingt dem<lb/> Geiſt ein Wiegenlied, wie Venus es wohl dem<lb/> Amor ſang.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker> <p>Deine Reden fallen ſo lieblich<lb/> in mein Ohr, wie im Fruͤhling die Bluͤthen vom<lb/> Baum.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker> <p>Wie ſchoͤn geſagt, wie fried-<lb/> lich — wie ſanft und — und — hold? nicht<lb/> wahr? <stage>(gaͤhnt)</stage> Verzeih, ich weiß nicht, warum<lb/> ich Dich unterbreche.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker> <p>O mein Suͤßer, mein Trauter!</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker> <p>Wahrlich, Du Engelsbild, noch<lb/> nie — <stage>(gaͤhnt)</stage> Nie, niemals — Was ſagteſt Du<lb/> doch?</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker> <p>Nichts, mein Theurer.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker> <p>Nichts? Nichts? <stage>(gaͤhnt)</stage> Nichts,<lb/> mein Engel, will viel ſagen, denn — <stage>(gaͤhnt)</stage> Ich<lb/> weiß nicht, — es muß ſchon ſpaͤt ſeyn, denn die<lb/> Augen wollen wir zufallen — aber Du ſprichſt<lb/> auch gar nichts.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker> <p>Ich hoͤre Dir zu, Du Wonne<lb/> meines Herzens.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker> <stage>(gaͤhnt)</stage> <p>Ja, es hoͤrt ſich gut<lb/> zu, wenn Leute ſo reden, — vollends — <stage>(gaͤhnt)</stage><lb/> ſo recht begeiſtert uͤber das Himmliſche <stage>(gaͤhnt)</stage><lb/> der Liebe, — nur nicht Geſchwaͤtz, wenn ein Menſch<lb/> ſchlafen will, denn alsdann — mein Schatz, iſt es<lb/> zur Unzeit, — und den Fehler ſcheinſt Du mir zu<lb/> haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker> <p>Ich? Iſt Dir meine Liebe jetzt<lb/> ſchon gleichguͤltig?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0327]
Fortunat.
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Himmel Entſterben der Heiligen rieſelt, flutet,
fluͤſtert durch mein ganzes Weſen und ſingt dem
Geiſt ein Wiegenlied, wie Venus es wohl dem
Amor ſang.
Agrippina. Deine Reden fallen ſo lieblich
in mein Ohr, wie im Fruͤhling die Bluͤthen vom
Baum.
Andaloſia. Wie ſchoͤn geſagt, wie fried-
lich — wie ſanft und — und — hold? nicht
wahr? (gaͤhnt) Verzeih, ich weiß nicht, warum
ich Dich unterbreche.
Agrippina. O mein Suͤßer, mein Trauter!
Andaloſia. Wahrlich, Du Engelsbild, noch
nie — (gaͤhnt) Nie, niemals — Was ſagteſt Du
doch?
Agrippina. Nichts, mein Theurer.
Andaloſia. Nichts? Nichts? (gaͤhnt) Nichts,
mein Engel, will viel ſagen, denn — (gaͤhnt) Ich
weiß nicht, — es muß ſchon ſpaͤt ſeyn, denn die
Augen wollen wir zufallen — aber Du ſprichſt
auch gar nichts.
Agrippina. Ich hoͤre Dir zu, Du Wonne
meines Herzens.
Andaloſia. (gaͤhnt) Ja, es hoͤrt ſich gut
zu, wenn Leute ſo reden, — vollends — (gaͤhnt)
ſo recht begeiſtert uͤber das Himmliſche (gaͤhnt)
der Liebe, — nur nicht Geſchwaͤtz, wenn ein Menſch
ſchlafen will, denn alsdann — mein Schatz, iſt es
zur Unzeit, — und den Fehler ſcheinſt Du mir zu
haben.
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