Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
und gut abzubrechen. Ihr taugt nicht für einan-
der. Er soll ein Kaufmann, ein ehrsamer Bürger
werden, Handel lernen, das Geld zu Rathe hal-
ten, Kleider schonen, jungen Wein trinken und
wenig: Ihr aber seyd hoch hinaus, seyd mir zu
vornehm, verderbt mir den Jungen, sezt ihm Al-
bernheiten und Hochmuth in den Kopf, und somit
bitt' ich Euch, laßt ihn laufen; haltet Euch zu
Eures Gleichen, zu jungen Adlichen, da mögt Ihr
von Pferden und Hunden sprechen und Euch über
uns Bürgersleute lustig machen. Seyd so gut und
nehmt mir meine Bitte nicht übel.
Fortunat. Was sollt' ich mit Euch anfan-
gen, wenn ich's thäte? Ihr wißt weder mit De-
gen noch Schild umzugehn, Ihr könnt mich nicht
beleidigen. -- Schöne Geselligkeit hier in meinem
Vaterlande. Bin ich doch noch in meinem Leben
nicht so durchdringlich gehofmeistert worden!

(geht ab.)
Hieronym. Wer ist der hübsche junge Mensch?
Ridolfo. Ein Windbeutel, oben hinaus; ich
habe die Ehre, durch seine Mutter mit ihm in
Verwandtschaft zu stehn. Er ist einer von denen,
deren es hier viele auf der Insel giebt, die von
der Luft, von Hoffnungen, oder Versprechungen
der Großen leben, Spanische Schlösser bauen und
Schulden darauf machen. Sein Großvater war
ein reicher Kaufmann, der seinen Sohn verzog,
und ihn endlich adeln ließ. Der war ein berühm-
ter Mann auf allen Turnieren und Ringelrennen,
der erste Tänzer im Lande, beredt und belesen,
machte
Zweite Abtheilung.
und gut abzubrechen. Ihr taugt nicht fuͤr einan-
der. Er ſoll ein Kaufmann, ein ehrſamer Buͤrger
werden, Handel lernen, das Geld zu Rathe hal-
ten, Kleider ſchonen, jungen Wein trinken und
wenig: Ihr aber ſeyd hoch hinaus, ſeyd mir zu
vornehm, verderbt mir den Jungen, ſezt ihm Al-
bernheiten und Hochmuth in den Kopf, und ſomit
bitt' ich Euch, laßt ihn laufen; haltet Euch zu
Eures Gleichen, zu jungen Adlichen, da moͤgt Ihr
von Pferden und Hunden ſprechen und Euch uͤber
uns Buͤrgersleute luſtig machen. Seyd ſo gut und
nehmt mir meine Bitte nicht uͤbel.
Fortunat. Was ſollt' ich mit Euch anfan-
gen, wenn ich's thaͤte? Ihr wißt weder mit De-
gen noch Schild umzugehn, Ihr koͤnnt mich nicht
beleidigen. — Schoͤne Geſelligkeit hier in meinem
Vaterlande. Bin ich doch noch in meinem Leben
nicht ſo durchdringlich gehofmeiſtert worden!

(geht ab.)
Hieronym. Wer iſt der huͤbſche junge Menſch?
Ridolfo. Ein Windbeutel, oben hinaus; ich
habe die Ehre, durch ſeine Mutter mit ihm in
Verwandtſchaft zu ſtehn. Er iſt einer von denen,
deren es hier viele auf der Inſel giebt, die von
der Luft, von Hoffnungen, oder Verſprechungen
der Großen leben, Spaniſche Schloͤſſer bauen und
Schulden darauf machen. Sein Großvater war
ein reicher Kaufmann, der ſeinen Sohn verzog,
und ihn endlich adeln ließ. Der war ein beruͤhm-
ter Mann auf allen Turnieren und Ringelrennen,
der erſte Taͤnzer im Lande, beredt und beleſen,
machte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#VAL">
                <p><pb facs="#f0026" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
und gut abzubrechen. Ihr taugt nicht fu&#x0364;r einan-<lb/>
der. Er &#x017F;oll ein Kaufmann, ein ehr&#x017F;amer Bu&#x0364;rger<lb/>
werden, Handel lernen, das Geld zu Rathe hal-<lb/>
ten, Kleider &#x017F;chonen, jungen Wein trinken und<lb/>
wenig: Ihr aber &#x017F;eyd hoch hinaus, &#x017F;eyd mir zu<lb/>
vornehm, verderbt mir den Jungen, &#x017F;ezt ihm Al-<lb/>
bernheiten und Hochmuth in den Kopf, und &#x017F;omit<lb/>
bitt' ich Euch, laßt ihn laufen; haltet Euch zu<lb/>
Eures Gleichen, zu jungen Adlichen, da mo&#x0364;gt Ihr<lb/>
von Pferden und Hunden &#x017F;prechen und Euch u&#x0364;ber<lb/>
uns Bu&#x0364;rgersleute lu&#x017F;tig machen. Seyd &#x017F;o gut und<lb/>
nehmt mir meine Bitte nicht u&#x0364;bel.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker>
                <p>Was &#x017F;ollt' ich mit Euch anfan-<lb/>
gen, wenn ich's tha&#x0364;te? Ihr wißt weder mit De-<lb/>
gen noch Schild umzugehn, Ihr ko&#x0364;nnt mich nicht<lb/>
beleidigen. &#x2014; Scho&#x0364;ne Ge&#x017F;elligkeit hier in meinem<lb/>
Vaterlande. Bin ich doch noch in meinem Leben<lb/>
nicht &#x017F;o durchdringlich gehofmei&#x017F;tert worden!</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HIERO">
                <speaker><hi rendition="#g">Hieronym</hi>.</speaker>
                <p>Wer i&#x017F;t der hu&#x0364;b&#x017F;che junge Men&#x017F;ch?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#RIDO">
                <speaker><hi rendition="#g">Ridolfo</hi>.</speaker>
                <p>Ein Windbeutel, oben hinaus; ich<lb/>
habe die Ehre, durch &#x017F;eine Mutter mit ihm in<lb/>
Verwandt&#x017F;chaft zu &#x017F;tehn. Er i&#x017F;t einer von denen,<lb/>
deren es hier viele auf der In&#x017F;el giebt, die von<lb/>
der Luft, von Hoffnungen, oder Ver&#x017F;prechungen<lb/>
der Großen leben, Spani&#x017F;che Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er bauen und<lb/>
Schulden darauf machen. Sein Großvater war<lb/>
ein reicher Kaufmann, der &#x017F;einen Sohn verzog,<lb/>
und ihn endlich adeln ließ. Der war ein beru&#x0364;hm-<lb/>
ter Mann auf allen Turnieren und Ringelrennen,<lb/>
der er&#x017F;te Ta&#x0364;nzer im Lande, beredt und bele&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">machte</fw><lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0026] Zweite Abtheilung. und gut abzubrechen. Ihr taugt nicht fuͤr einan- der. Er ſoll ein Kaufmann, ein ehrſamer Buͤrger werden, Handel lernen, das Geld zu Rathe hal- ten, Kleider ſchonen, jungen Wein trinken und wenig: Ihr aber ſeyd hoch hinaus, ſeyd mir zu vornehm, verderbt mir den Jungen, ſezt ihm Al- bernheiten und Hochmuth in den Kopf, und ſomit bitt' ich Euch, laßt ihn laufen; haltet Euch zu Eures Gleichen, zu jungen Adlichen, da moͤgt Ihr von Pferden und Hunden ſprechen und Euch uͤber uns Buͤrgersleute luſtig machen. Seyd ſo gut und nehmt mir meine Bitte nicht uͤbel. Fortunat. Was ſollt' ich mit Euch anfan- gen, wenn ich's thaͤte? Ihr wißt weder mit De- gen noch Schild umzugehn, Ihr koͤnnt mich nicht beleidigen. — Schoͤne Geſelligkeit hier in meinem Vaterlande. Bin ich doch noch in meinem Leben nicht ſo durchdringlich gehofmeiſtert worden! (geht ab.) Hieronym. Wer iſt der huͤbſche junge Menſch? Ridolfo. Ein Windbeutel, oben hinaus; ich habe die Ehre, durch ſeine Mutter mit ihm in Verwandtſchaft zu ſtehn. Er iſt einer von denen, deren es hier viele auf der Inſel giebt, die von der Luft, von Hoffnungen, oder Verſprechungen der Großen leben, Spaniſche Schloͤſſer bauen und Schulden darauf machen. Sein Großvater war ein reicher Kaufmann, der ſeinen Sohn verzog, und ihn endlich adeln ließ. Der war ein beruͤhm- ter Mann auf allen Turnieren und Ringelrennen, der erſte Taͤnzer im Lande, beredt und beleſen, machte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/26
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/26>, abgerufen am 07.10.2024.