Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
Wirth. Ein kurioser Passagier. Da wett'
ich nun gleich um hundert Gulden, das sezt wie-
der eine Bettelei ab. Der klare Profit, wenn
solch Gesindel einkehrt.
Matthias. Prügelt's weg, hineingehauen,
noch ehe sie zur Rede kommen.
Wirth. Man thät's mehr, wenn uns die
Geistlichkeit nicht immer so viel von Mitleid und
Erbarmen predigte, die möchten, daß man keinen
Hund schlüge.
Matthias. Ach was! Geistlichkeit! Die Her-
ren selbst sollte man -- doch man muß schweigen,
das Zeitalter ist der rechten Einsicht noch nicht ge-
wachsen.

Fortunat tritt ein.
Wirth. Hab' ich's nicht gesagt? Da haben
wir die liebe theure Zeit.
Matthias. Laßt mich machen. -- Woher des
Wegs? Was wollt Ihr? Das Pferd hat Euch
wohl abgeworfen, und die Kälber auf der Weide
haben Euch hernach die Sporen gefressen? Nicht?
daß Ihr so lendenlahm die Beine hinter Euch
schleppt?
Fortunat. Seyd Ihr der Wirth?
Matthias. Himmeltausend Element! Wofür
seht Ihr mich an? Hab ich rothe Puckeln auf der
Nase? Ist mein Rücken krumm? Scharr ich mit
den Beinen aus? Ein Wirth! das hat mir noch
kein Mensch gesagt!
Wirth. Nun, nun, Gevatter, ein Wirth
Zweite Abtheilung.
Wirth. Ein kurioſer Paſſagier. Da wett'
ich nun gleich um hundert Gulden, das ſezt wie-
der eine Bettelei ab. Der klare Profit, wenn
ſolch Geſindel einkehrt.
Matthias. Pruͤgelt's weg, hineingehauen,
noch ehe ſie zur Rede kommen.
Wirth. Man thaͤt's mehr, wenn uns die
Geiſtlichkeit nicht immer ſo viel von Mitleid und
Erbarmen predigte, die moͤchten, daß man keinen
Hund ſchluͤge.
Matthias. Ach was! Geiſtlichkeit! Die Her-
ren ſelbſt ſollte man — doch man muß ſchweigen,
das Zeitalter iſt der rechten Einſicht noch nicht ge-
wachſen.

Fortunat tritt ein.
Wirth. Hab' ich's nicht geſagt? Da haben
wir die liebe theure Zeit.
Matthias. Laßt mich machen. — Woher des
Wegs? Was wollt Ihr? Das Pferd hat Euch
wohl abgeworfen, und die Kaͤlber auf der Weide
haben Euch hernach die Sporen gefreſſen? Nicht?
daß Ihr ſo lendenlahm die Beine hinter Euch
ſchleppt?
Fortunat. Seyd Ihr der Wirth?
Matthias. Himmeltauſend Element! Wofuͤr
ſeht Ihr mich an? Hab ich rothe Puckeln auf der
Naſe? Iſt mein Ruͤcken krumm? Scharr ich mit
den Beinen aus? Ein Wirth! das hat mir noch
kein Menſch geſagt!
Wirth. Nun, nun, Gevatter, ein Wirth
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0126" n="116"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
              <sp who="#Wirth">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Ein kurio&#x017F;er Pa&#x017F;&#x017F;agier. Da wett'<lb/>
ich nun gleich um hundert Gulden, das &#x017F;ezt wie-<lb/>
der eine Bettelei ab. Der klare Profit, wenn<lb/>
&#x017F;olch Ge&#x017F;indel einkehrt.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Matthias">
                <speaker><hi rendition="#g">Matthias</hi>.</speaker>
                <p>Pru&#x0364;gelt's weg, hineingehauen,<lb/>
noch ehe &#x017F;ie zur Rede kommen.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Wirth">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Man tha&#x0364;t's mehr, wenn uns die<lb/>
Gei&#x017F;tlichkeit nicht immer &#x017F;o viel von Mitleid und<lb/>
Erbarmen predigte, die mo&#x0364;chten, daß man keinen<lb/>
Hund &#x017F;chlu&#x0364;ge.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Matthias">
                <speaker><hi rendition="#g">Matthias</hi>.</speaker>
                <p>Ach was! Gei&#x017F;tlichkeit! Die Her-<lb/>
ren &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ollte man &#x2014; doch man muß &#x017F;chweigen,<lb/>
das Zeitalter i&#x017F;t der rechten Ein&#x017F;icht noch nicht ge-<lb/>
wach&#x017F;en.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fortunat</hi> tritt ein.</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Wirth">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Hab' ich's nicht ge&#x017F;agt? Da haben<lb/>
wir die liebe theure Zeit.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Matthias">
                <speaker><hi rendition="#g">Matthias</hi>.</speaker>
                <p>Laßt mich machen. &#x2014; Woher des<lb/>
Wegs? Was wollt Ihr? Das Pferd hat Euch<lb/>
wohl abgeworfen, und die Ka&#x0364;lber auf der Weide<lb/>
haben Euch hernach die Sporen gefre&#x017F;&#x017F;en? Nicht?<lb/>
daß Ihr &#x017F;o lendenlahm die Beine hinter Euch<lb/>
&#x017F;chleppt?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker>
                <p>Seyd Ihr der Wirth?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Matthias">
                <speaker><hi rendition="#g">Matthias</hi>.</speaker>
                <p>Himmeltau&#x017F;end Element! Wofu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;eht Ihr mich an? Hab ich rothe Puckeln auf der<lb/>
Na&#x017F;e? I&#x017F;t mein Ru&#x0364;cken krumm? Scharr ich mit<lb/>
den Beinen aus? Ein Wirth! das hat mir noch<lb/>
kein Men&#x017F;ch ge&#x017F;agt!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Wirth">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Nun, nun, Gevatter, ein Wirth<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0126] Zweite Abtheilung. Wirth. Ein kurioſer Paſſagier. Da wett' ich nun gleich um hundert Gulden, das ſezt wie- der eine Bettelei ab. Der klare Profit, wenn ſolch Geſindel einkehrt. Matthias. Pruͤgelt's weg, hineingehauen, noch ehe ſie zur Rede kommen. Wirth. Man thaͤt's mehr, wenn uns die Geiſtlichkeit nicht immer ſo viel von Mitleid und Erbarmen predigte, die moͤchten, daß man keinen Hund ſchluͤge. Matthias. Ach was! Geiſtlichkeit! Die Her- ren ſelbſt ſollte man — doch man muß ſchweigen, das Zeitalter iſt der rechten Einſicht noch nicht ge- wachſen. Fortunat tritt ein. Wirth. Hab' ich's nicht geſagt? Da haben wir die liebe theure Zeit. Matthias. Laßt mich machen. — Woher des Wegs? Was wollt Ihr? Das Pferd hat Euch wohl abgeworfen, und die Kaͤlber auf der Weide haben Euch hernach die Sporen gefreſſen? Nicht? daß Ihr ſo lendenlahm die Beine hinter Euch ſchleppt? Fortunat. Seyd Ihr der Wirth? Matthias. Himmeltauſend Element! Wofuͤr ſeht Ihr mich an? Hab ich rothe Puckeln auf der Naſe? Iſt mein Ruͤcken krumm? Scharr ich mit den Beinen aus? Ein Wirth! das hat mir noch kein Menſch geſagt! Wirth. Nun, nun, Gevatter, ein Wirth

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/126
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/126>, abgerufen am 24.11.2024.