Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweite Abtheilung.
Und schütteln sich rauschend in frohem Gelach, ent-
zückter Eichbaum
Braußt sich verwundernd in allen Zweigen.
Nun bin ich zur Stelle, so gebt mir Trank und
Speise,
Da, Wirth, nimm hin mein Leben, und gieb da-
für den vollen Becher!

Fortuna tritt auf.
Fortuna.
Erwache! Jüngling!
Fortunat.
Sieh! ich wache! doch wozu?
Fortuna.
Mich treibt die Macht der Sterne zwingend zu
Dir her.
Fortunat.
Ja, Sterne sind's, die unsers Lebens Wagen
ziehn,
Vernunft genügt der fremden Rosse Lenkung nicht.
Fortuna.
Ergreif' im schnellen Augenblick Gelegenheit,
Fortuna bin ich, Göttinn alles Menschenstamms,
Zu mir ertönt der Flehenden Gebet wie sehr:
Mich zwingt kein Wunsch und kein Verdienst, nur
Eigensinn,
Mein Wankelmuth lacht diesem hold und jenem
nicht;
Ermanne Dich, und wähle rasch Dir ein Geschenk,
Das ich am Zweig sechsfache Frucht Dir bieten
darf,

Zweite Abtheilung.
Und ſchuͤtteln ſich rauſchend in frohem Gelach, ent-
zuͤckter Eichbaum
Braußt ſich verwundernd in allen Zweigen.
Nun bin ich zur Stelle, ſo gebt mir Trank und
Speiſe,
Da, Wirth, nimm hin mein Leben, und gieb da-
fuͤr den vollen Becher!

Fortuna tritt auf.
Fortuna.
Erwache! Juͤngling!
Fortunat.
Sieh! ich wache! doch wozu?
Fortuna.
Mich treibt die Macht der Sterne zwingend zu
Dir her.
Fortunat.
Ja, Sterne ſind's, die unſers Lebens Wagen
ziehn,
Vernunft genuͤgt der fremden Roſſe Lenkung nicht.
Fortuna.
Ergreif' im ſchnellen Augenblick Gelegenheit,
Fortuna bin ich, Goͤttinn alles Menſchenſtamms,
Zu mir ertoͤnt der Flehenden Gebet wie ſehr:
Mich zwingt kein Wunſch und kein Verdienſt, nur
Eigenſinn,
Mein Wankelmuth lacht dieſem hold und jenem
nicht;
Ermanne Dich, und waͤhle raſch Dir ein Geſchenk,
Das ich am Zweig ſechsfache Frucht Dir bieten
darf,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0120" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Und &#x017F;chu&#x0364;tteln &#x017F;ich rau&#x017F;chend in frohem Gelach, ent-<lb/><hi rendition="#et">zu&#x0364;ckter Eichbaum</hi><lb/>
Braußt &#x017F;ich verwundernd in allen Zweigen.<lb/>
Nun bin ich zur Stelle, &#x017F;o gebt mir Trank und<lb/><hi rendition="#et">Spei&#x017F;e,</hi><lb/>
Da, Wirth, nimm hin mein Leben, und gieb da-<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;r den vollen Becher!</hi></p><lb/>
              <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fortuna</hi> tritt auf.</hi> </stage><lb/>
              <sp who="#Fortuna">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortuna</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Erwache! Ju&#x0364;ngling!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/>
                <p> <hi rendition="#et">Sieh! ich wache! doch wozu?</hi> </p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Fortuna">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortuna</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Mich treibt die Macht der Sterne zwingend zu<lb/><hi rendition="#et">Dir her.</hi></p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Ja, Sterne &#x017F;ind's, die un&#x017F;ers Lebens Wagen<lb/><hi rendition="#et">ziehn,</hi><lb/>
Vernunft genu&#x0364;gt der fremden Ro&#x017F;&#x017F;e Lenkung nicht.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Fortuna">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortuna</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Ergreif' im &#x017F;chnellen Augenblick Gelegenheit,<lb/>
Fortuna bin ich, Go&#x0364;ttinn alles Men&#x017F;chen&#x017F;tamms,<lb/>
Zu mir erto&#x0364;nt der Flehenden Gebet wie &#x017F;ehr:<lb/>
Mich zwingt kein Wun&#x017F;ch und kein Verdien&#x017F;t, nur<lb/><hi rendition="#et">Eigen&#x017F;inn,</hi><lb/>
Mein Wankelmuth lacht die&#x017F;em hold und jenem<lb/><hi rendition="#et">nicht;</hi><lb/>
Ermanne Dich, und wa&#x0364;hle ra&#x017F;ch Dir ein Ge&#x017F;chenk,<lb/>
Das ich am Zweig &#x017F;echsfache Frucht Dir bieten<lb/><hi rendition="#et">darf,</hi><lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0120] Zweite Abtheilung. Und ſchuͤtteln ſich rauſchend in frohem Gelach, ent- zuͤckter Eichbaum Braußt ſich verwundernd in allen Zweigen. Nun bin ich zur Stelle, ſo gebt mir Trank und Speiſe, Da, Wirth, nimm hin mein Leben, und gieb da- fuͤr den vollen Becher! Fortuna tritt auf. Fortuna. Erwache! Juͤngling! Fortunat. Sieh! ich wache! doch wozu? Fortuna. Mich treibt die Macht der Sterne zwingend zu Dir her. Fortunat. Ja, Sterne ſind's, die unſers Lebens Wagen ziehn, Vernunft genuͤgt der fremden Roſſe Lenkung nicht. Fortuna. Ergreif' im ſchnellen Augenblick Gelegenheit, Fortuna bin ich, Goͤttinn alles Menſchenſtamms, Zu mir ertoͤnt der Flehenden Gebet wie ſehr: Mich zwingt kein Wunſch und kein Verdienſt, nur Eigenſinn, Mein Wankelmuth lacht dieſem hold und jenem nicht; Ermanne Dich, und waͤhle raſch Dir ein Geſchenk, Das ich am Zweig ſechsfache Frucht Dir bieten darf,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/120
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/120>, abgerufen am 25.11.2024.