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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Der Blaubart.
Agnes. So ziemlich! sie haben mich an die
Puppen meiner Kindheit erinnert.
Hugo. Das Leben von uns allen ist wohl
nur ein albernes Puppenspiel. -- Agnes, ich will
dir während meiner Abwesenheit alle meine Schlüs-
sel in Verwahrung geben. Hier. Ich denke in
einigen Tagen zurück zu kommen. Du magst dir
die Zwischenzeit damit verkürzen, daß du die Ge-
mächer betrachtest, in die ich dich noch nicht geführt
habe. Sechs Zimmer stehn dir gänzlich offen,
aber das siebente, welches dieser goldene Schlüssel
öffnet, bleibt dir verschlossen. -- Hast du mich
verstanden?
Agnes. Vollkommen.
Hugo. Agnes! laß dich nicht gelüsten, das
siebente Zimmer zu öffnen!
Agnes. Gewiß nicht.
Hugo. Ich könnte den Schlüssel mit mir
nehmen und es wäre dir unmöglich; aber ich will
dir trauen, du wirst nicht so thöricht seyn. --
Nun, lebe wohl!
Agnes. Lebe wohl!
Hugo. Wenn ich wieder komme, und du
bist in dem verbotenen Zimmer gewesen --
Agnes. Erhitze dich nicht so umsonst, ich
will nicht hinein gehn, und damit gut.
Hugo. Ob es gut ist, zeigt sich erst, wenn
ich zurück komme. --
(ab.)
Agnes. Nun steht es endlich in meiner Ge-
walt, die längst gewünschten Kostbarkeiten zu be-
trachten. -- Lächerlich, daß wenn uns sechs große
Der Blaubart.
Agnes. So ziemlich! ſie haben mich an die
Puppen meiner Kindheit erinnert.
Hugo. Das Leben von uns allen iſt wohl
nur ein albernes Puppenſpiel. — Agnes, ich will
dir waͤhrend meiner Abweſenheit alle meine Schluͤſ-
ſel in Verwahrung geben. Hier. Ich denke in
einigen Tagen zuruͤck zu kommen. Du magſt dir
die Zwiſchenzeit damit verkuͤrzen, daß du die Ge-
maͤcher betrachteſt, in die ich dich noch nicht gefuͤhrt
habe. Sechs Zimmer ſtehn dir gaͤnzlich offen,
aber das ſiebente, welches dieſer goldene Schluͤſſel
oͤffnet, bleibt dir verſchloſſen. — Haſt du mich
verſtanden?
Agnes. Vollkommen.
Hugo. Agnes! laß dich nicht geluͤſten, das
ſiebente Zimmer zu oͤffnen!
Agnes. Gewiß nicht.
Hugo. Ich koͤnnte den Schluͤſſel mit mir
nehmen und es waͤre dir unmoͤglich; aber ich will
dir trauen, du wirſt nicht ſo thoͤricht ſeyn. —
Nun, lebe wohl!
Agnes. Lebe wohl!
Hugo. Wenn ich wieder komme, und du
biſt in dem verbotenen Zimmer geweſen —
Agnes. Erhitze dich nicht ſo umſonſt, ich
will nicht hinein gehn, und damit gut.
Hugo. Ob es gut iſt, zeigt ſich erſt, wenn
ich zuruͤck komme. —
(ab.)
Agnes. Nun ſteht es endlich in meiner Ge-
walt, die laͤngſt gewuͤnſchten Koſtbarkeiten zu be-
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[87/0096] Der Blaubart. Agnes. So ziemlich! ſie haben mich an die Puppen meiner Kindheit erinnert. Hugo. Das Leben von uns allen iſt wohl nur ein albernes Puppenſpiel. — Agnes, ich will dir waͤhrend meiner Abweſenheit alle meine Schluͤſ- ſel in Verwahrung geben. Hier. Ich denke in einigen Tagen zuruͤck zu kommen. Du magſt dir die Zwiſchenzeit damit verkuͤrzen, daß du die Ge- maͤcher betrachteſt, in die ich dich noch nicht gefuͤhrt habe. Sechs Zimmer ſtehn dir gaͤnzlich offen, aber das ſiebente, welches dieſer goldene Schluͤſſel oͤffnet, bleibt dir verſchloſſen. — Haſt du mich verſtanden? Agnes. Vollkommen. Hugo. Agnes! laß dich nicht geluͤſten, das ſiebente Zimmer zu oͤffnen! Agnes. Gewiß nicht. Hugo. Ich koͤnnte den Schluͤſſel mit mir nehmen und es waͤre dir unmoͤglich; aber ich will dir trauen, du wirſt nicht ſo thoͤricht ſeyn. — Nun, lebe wohl! Agnes. Lebe wohl! Hugo. Wenn ich wieder komme, und du biſt in dem verbotenen Zimmer geweſen — Agnes. Erhitze dich nicht ſo umſonſt, ich will nicht hinein gehn, und damit gut. Hugo. Ob es gut iſt, zeigt ſich erſt, wenn ich zuruͤck komme. — (ab.) Agnes. Nun ſteht es endlich in meiner Ge- walt, die laͤngſt gewuͤnſchten Koſtbarkeiten zu be- trachten. — Laͤcherlich, daß wenn uns ſechs große

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/96>, abgerufen am 12.05.2024.