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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Däumchen.
Kirmes. Darauf ist denn ein großes Fest
gefeiert worden, wegen des herrlichen Sieges, der
fast ganz allein durch des kleinen Thoms Boten-
laufen ist zuwege gebracht worden: der König hat
alle seine Generale und große Prinzen zur Tafel
geladen, und wie sie im Speisen sind, thut sich --
was sagt ihr dazu? mitten auf dem Tisch die große
Pastete von einander, und wie ein Engel angezo-
gen sitzt der kleine Thoms drinne, erhebt sich, pre-
digt ihnen allen über den Raub weg, wie aus einer
Kanzel heraus, über das Glück des Friedens und
der Unterthanen, über Menschenrechte und Fürsten-
pflichten, über die Schädlichkeit der Accise und
dergleichen was daher, daß allen die Thränen in
den Augen stehn. Nach einer Weile laugen sie ihn
denn aus der Pastete heraus, und er muß mit an
der Tafel Platz nehmen. Vorher haben sie ihm aber
so ein drei bis vier Kissen untergelegt, daß er nur
hat hinaufreichen können.
Wahrmund. Frau, Frau, was uns der
Sohn für Freude macht! Was wir glücklich durch
ihn sind!
Else. Ich habs ja immer gesagt: in dem
Jungen steckt was Großes.
Wahrmund. Da kommt der gnädige Herr.
Kay tritt ein.
Kay. Seid ruhig, bleibt sitzen, das ist jetzt
vorbei, daß Ihr Euch zu fürchten braucht, Euer
Sohn, das kleine wantschapene Ding, hat mir
schöne Streiche gespielt: der König hat mich seit
Daͤumchen.
Kirmes. Darauf iſt denn ein großes Feſt
gefeiert worden, wegen des herrlichen Sieges, der
faſt ganz allein durch des kleinen Thoms Boten-
laufen iſt zuwege gebracht worden: der Koͤnig hat
alle ſeine Generale und große Prinzen zur Tafel
geladen, und wie ſie im Speiſen ſind, thut ſich —
was ſagt ihr dazu? mitten auf dem Tiſch die große
Paſtete von einander, und wie ein Engel angezo-
gen ſitzt der kleine Thoms drinne, erhebt ſich, pre-
digt ihnen allen uͤber den Raub weg, wie aus einer
Kanzel heraus, uͤber das Gluͤck des Friedens und
der Unterthanen, uͤber Menſchenrechte und Fuͤrſten-
pflichten, uͤber die Schaͤdlichkeit der Acciſe und
dergleichen was daher, daß allen die Thraͤnen in
den Augen ſtehn. Nach einer Weile laugen ſie ihn
denn aus der Paſtete heraus, und er muß mit an
der Tafel Platz nehmen. Vorher haben ſie ihm aber
ſo ein drei bis vier Kiſſen untergelegt, daß er nur
hat hinaufreichen koͤnnen.
Wahrmund. Frau, Frau, was uns der
Sohn fuͤr Freude macht! Was wir gluͤcklich durch
ihn ſind!
Elſe. Ich habs ja immer geſagt: in dem
Jungen ſteckt was Großes.
Wahrmund. Da kommt der gnaͤdige Herr.
Kay tritt ein.
Kay. Seid ruhig, bleibt ſitzen, das iſt jetzt
vorbei, daß Ihr Euch zu fuͤrchten braucht, Euer
Sohn, das kleine wantſchapene Ding, hat mir
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[533/0542] Daͤumchen. Kirmes. Darauf iſt denn ein großes Feſt gefeiert worden, wegen des herrlichen Sieges, der faſt ganz allein durch des kleinen Thoms Boten- laufen iſt zuwege gebracht worden: der Koͤnig hat alle ſeine Generale und große Prinzen zur Tafel geladen, und wie ſie im Speiſen ſind, thut ſich — was ſagt ihr dazu? mitten auf dem Tiſch die große Paſtete von einander, und wie ein Engel angezo- gen ſitzt der kleine Thoms drinne, erhebt ſich, pre- digt ihnen allen uͤber den Raub weg, wie aus einer Kanzel heraus, uͤber das Gluͤck des Friedens und der Unterthanen, uͤber Menſchenrechte und Fuͤrſten- pflichten, uͤber die Schaͤdlichkeit der Acciſe und dergleichen was daher, daß allen die Thraͤnen in den Augen ſtehn. Nach einer Weile laugen ſie ihn denn aus der Paſtete heraus, und er muß mit an der Tafel Platz nehmen. Vorher haben ſie ihm aber ſo ein drei bis vier Kiſſen untergelegt, daß er nur hat hinaufreichen koͤnnen. Wahrmund. Frau, Frau, was uns der Sohn fuͤr Freude macht! Was wir gluͤcklich durch ihn ſind! Elſe. Ich habs ja immer geſagt: in dem Jungen ſteckt was Großes. Wahrmund. Da kommt der gnaͤdige Herr. Kay tritt ein. Kay. Seid ruhig, bleibt ſitzen, das iſt jetzt vorbei, daß Ihr Euch zu fuͤrchten braucht, Euer Sohn, das kleine wantſchapene Ding, hat mir ſchoͤne Streiche geſpielt: der Koͤnig hat mich ſeit

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/542>, abgerufen am 27.11.2024.