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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Däumchen.
Wie jenes Spiel, wo man in Mehl ein Geld
Befestigt, jeder schneidet von dem Klump,
Der erst' hats gut, der zweit und dritte auch,
Der viert' und fünft' hälts Messer schon behutsam,
Nun wird es Kunst, noch was von abzukriegen,
Der letzte muß denn freilich trotz des Spatelns
Dem Ding den Garaus machen, und die Münze
Raus mit dem Munde fischen; wie die Eule
Ist er der Spott der kommenden Geschlechter.
Noch, Ihr Maj'stät, können wir kühnlich schneiden.
Ginevra.
Ihr stärkt mein Herz mit Eurem frohen Muth.
Kay.
Dann haben wir ja auch die Prophezeiung
Von Merlin her, daß dieses Reich zu Schaden
Nie kommt, und daß ein kleiner Zwerg
Es retten soll: darauf steht auch zu hoffen.
Artus.
Doch ist der Spruch, was das betrift, nicht klar.
Kay.
Ich weiß, mein König, wohin Ihr da zielt,
Den Zwerg läßt mancher Schriftgelehrt nicht gelten,
Und deutet aus der alten Celten-Sprache
Das wunderliche Wort in Stiefel um.
Wie? Stiefel? frag ich nur, darin ist ja
Kein menschlicher Verstand; doch mit dem Zwerg
Das läßt sich ehr begreifen, denkt man nach.
Artus.
Gawein, Du nimmst die Führung unsers Heeres
Welches in Westen steht: jenes in Süden
Sei Euch, mein Kay vertraut; laßt, werthe Freunde,
Daͤumchen.
Wie jenes Spiel, wo man in Mehl ein Geld
Befeſtigt, jeder ſchneidet von dem Klump,
Der erſt' hats gut, der zweit und dritte auch,
Der viert' und fuͤnft' haͤlts Meſſer ſchon behutſam,
Nun wird es Kunſt, noch was von abzukriegen,
Der letzte muß denn freilich trotz des Spatelns
Dem Ding den Garaus machen, und die Muͤnze
Raus mit dem Munde fiſchen; wie die Eule
Iſt er der Spott der kommenden Geſchlechter.
Noch, Ihr Maj'ſtaͤt, koͤnnen wir kuͤhnlich ſchneiden.
Ginevra.
Ihr ſtaͤrkt mein Herz mit Eurem frohen Muth.
Kay.
Dann haben wir ja auch die Prophezeiung
Von Merlin her, daß dieſes Reich zu Schaden
Nie kommt, und daß ein kleiner Zwerg
Es retten ſoll: darauf ſteht auch zu hoffen.
Artus.
Doch iſt der Spruch, was das betrift, nicht klar.
Kay.
Ich weiß, mein Koͤnig, wohin Ihr da zielt,
Den Zwerg laͤßt mancher Schriftgelehrt nicht gelten,
Und deutet aus der alten Celten-Sprache
Das wunderliche Wort in Stiefel um.
Wie? Stiefel? frag ich nur, darin iſt ja
Kein menſchlicher Verſtand; doch mit dem Zwerg
Das laͤßt ſich ehr begreifen, denkt man nach.
Artus.
Gawein, Du nimmſt die Fuͤhrung unſers Heeres
Welches in Weſten ſteht: jenes in Suͤden
Sei Euch, mein Kay vertraut; laßt, werthe Freunde,
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[487/0496] Daͤumchen. Wie jenes Spiel, wo man in Mehl ein Geld Befeſtigt, jeder ſchneidet von dem Klump, Der erſt' hats gut, der zweit und dritte auch, Der viert' und fuͤnft' haͤlts Meſſer ſchon behutſam, Nun wird es Kunſt, noch was von abzukriegen, Der letzte muß denn freilich trotz des Spatelns Dem Ding den Garaus machen, und die Muͤnze Raus mit dem Munde fiſchen; wie die Eule Iſt er der Spott der kommenden Geſchlechter. Noch, Ihr Maj'ſtaͤt, koͤnnen wir kuͤhnlich ſchneiden. Ginevra. Ihr ſtaͤrkt mein Herz mit Eurem frohen Muth. Kay. Dann haben wir ja auch die Prophezeiung Von Merlin her, daß dieſes Reich zu Schaden Nie kommt, und daß ein kleiner Zwerg Es retten ſoll: darauf ſteht auch zu hoffen. Artus. Doch iſt der Spruch, was das betrift, nicht klar. Kay. Ich weiß, mein Koͤnig, wohin Ihr da zielt, Den Zwerg laͤßt mancher Schriftgelehrt nicht gelten, Und deutet aus der alten Celten-Sprache Das wunderliche Wort in Stiefel um. Wie? Stiefel? frag ich nur, darin iſt ja Kein menſchlicher Verſtand; doch mit dem Zwerg Das laͤßt ſich ehr begreifen, denkt man nach. Artus. Gawein, Du nimmſt die Fuͤhrung unſers Heeres Welches in Weſten ſteht: jenes in Suͤden Sei Euch, mein Kay vertraut; laßt, werthe Freunde,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/496>, abgerufen am 25.11.2024.