Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Däumchen.
Der Ungebildete, gleich niedern Buben,
Hat er hier oft den Frosch hoch aufgeschnellt,
Gleich faßt er im Gemüthe den Beschluß,
Mich auf des Brettes vordre Kante setzend,
Drauf hinten mit der Keule heftig schlagend,
Zu seinem Spaß mich in die Luft zu schleudern:
Hoch steig' ich, in den Garten fall' ich nieder
Auf weichen Grund, zurück ihm muß ich eilen,
Und wiederum beginnt der schlechte Scherz.
So dien' ich ihm schon acht und vierzig Wochen,
Und doch ist er der Albernheit nicht satt.
Bald ging mein Kleid in dieser Uebung auf,
Da steckt' er mich in diesen Bauernrock.
Das war's, was ihr erst in der Luft gesehn,
Das war mein böser, himmelhoher Schwung.
Alfred. Nun sage mir eins, was man in
unsern Tagen erlebt! Bei der Geschichte sind ge-
wiß viel Pilze zu Grunde gegangen.
Semmelziege.
Ich sah Euch auf dem Felsenrücken stehn,
Drum wußt' ich nicht, warum mein Herz so schlug,
Vorahndung wars des nahen schönen Glücks,
Der Jugendfreunde Antlitz bald zu schaun.
Alfred. Nicht wahr, es giebt einen verfluch-
ten Preller, wenn das Brett so gegen den Hintern
schlägt, und die Erschütterung Dich in die Luft
führt?
Semmelziege.
Dies sagt Dir wohl die eigene Vernunft.
Alfred. Nun, man unterrichtet sich doch
gern. Gehts immer gleich hoch?

II. [ 30 ]
Daͤumchen.
Der Ungebildete, gleich niedern Buben,
Hat er hier oft den Froſch hoch aufgeſchnellt,
Gleich faßt er im Gemuͤthe den Beſchluß,
Mich auf des Brettes vordre Kante ſetzend,
Drauf hinten mit der Keule heftig ſchlagend,
Zu ſeinem Spaß mich in die Luft zu ſchleudern:
Hoch ſteig' ich, in den Garten fall' ich nieder
Auf weichen Grund, zuruͤck ihm muß ich eilen,
Und wiederum beginnt der ſchlechte Scherz.
So dien' ich ihm ſchon acht und vierzig Wochen,
Und doch iſt er der Albernheit nicht ſatt.
Bald ging mein Kleid in dieſer Uebung auf,
Da ſteckt' er mich in dieſen Bauernrock.
Das war's, was ihr erſt in der Luft geſehn,
Das war mein boͤſer, himmelhoher Schwung.
Alfred. Nun ſage mir eins, was man in
unſern Tagen erlebt! Bei der Geſchichte ſind ge-
wiß viel Pilze zu Grunde gegangen.
Semmelziege.
Ich ſah Euch auf dem Felſenruͤcken ſtehn,
Drum wußt' ich nicht, warum mein Herz ſo ſchlug,
Vorahndung wars des nahen ſchoͤnen Gluͤcks,
Der Jugendfreunde Antlitz bald zu ſchaun.
Alfred. Nicht wahr, es giebt einen verfluch-
ten Preller, wenn das Brett ſo gegen den Hintern
ſchlaͤgt, und die Erſchuͤtterung Dich in die Luft
fuͤhrt?
Semmelziege.
Dies ſagt Dir wohl die eigene Vernunft.
Alfred. Nun, man unterrichtet ſich doch
gern. Gehts immer gleich hoch?

II. [ 30 ]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#SEM">
                <p><pb facs="#f0474" n="465"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Da&#x0364;umchen</hi>.</fw><lb/>
Der Ungebildete, gleich niedern Buben,<lb/>
Hat er hier oft den Fro&#x017F;ch hoch aufge&#x017F;chnellt,<lb/>
Gleich faßt er im Gemu&#x0364;the den Be&#x017F;chluß,<lb/>
Mich auf des Brettes vordre Kante &#x017F;etzend,<lb/>
Drauf hinten mit der Keule heftig &#x017F;chlagend,<lb/>
Zu &#x017F;einem Spaß mich in die Luft zu &#x017F;chleudern:<lb/>
Hoch &#x017F;teig' ich, in den Garten fall' ich nieder<lb/>
Auf weichen Grund, zuru&#x0364;ck ihm muß ich eilen,<lb/>
Und wiederum beginnt der &#x017F;chlechte Scherz.<lb/>
So dien' ich ihm &#x017F;chon acht und vierzig Wochen,<lb/>
Und doch i&#x017F;t er der Albernheit nicht &#x017F;att.<lb/>
Bald ging mein Kleid in die&#x017F;er Uebung auf,<lb/>
Da &#x017F;teckt' er mich in die&#x017F;en Bauernrock.<lb/>
Das war's, was ihr er&#x017F;t in der Luft ge&#x017F;ehn,<lb/>
Das war mein bo&#x0364;&#x017F;er, himmelhoher Schwung.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ALF">
                <speaker><hi rendition="#g">Alfred</hi>.</speaker>
                <p>Nun &#x017F;age mir eins, was man in<lb/>
un&#x017F;ern Tagen erlebt! Bei der Ge&#x017F;chichte &#x017F;ind ge-<lb/>
wiß viel Pilze zu Grunde gegangen.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#SEM">
                <speaker><hi rendition="#g">Semmelziege</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Ich &#x017F;ah Euch auf dem Fel&#x017F;enru&#x0364;cken &#x017F;tehn,<lb/>
Drum wußt' ich nicht, warum mein Herz &#x017F;o &#x017F;chlug,<lb/>
Vorahndung wars des nahen &#x017F;cho&#x0364;nen Glu&#x0364;cks,<lb/>
Der Jugendfreunde Antlitz bald zu &#x017F;chaun.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ALF">
                <speaker><hi rendition="#g">Alfred</hi>.</speaker>
                <p>Nicht wahr, es giebt einen verfluch-<lb/>
ten Preller, wenn das Brett &#x017F;o gegen den Hintern<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gt, und die Er&#x017F;chu&#x0364;tterung Dich in die Luft<lb/>
fu&#x0364;hrt?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#SEM">
                <speaker><hi rendition="#g">Semmelziege</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Dies &#x017F;agt Dir wohl die eigene Vernunft.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ALF">
                <speaker><hi rendition="#g">Alfred</hi>.</speaker>
                <p>Nun, man unterrichtet &#x017F;ich doch<lb/>
gern. Gehts immer gleich hoch?</p>
              </sp><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. [ 30 ]</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0474] Daͤumchen. Der Ungebildete, gleich niedern Buben, Hat er hier oft den Froſch hoch aufgeſchnellt, Gleich faßt er im Gemuͤthe den Beſchluß, Mich auf des Brettes vordre Kante ſetzend, Drauf hinten mit der Keule heftig ſchlagend, Zu ſeinem Spaß mich in die Luft zu ſchleudern: Hoch ſteig' ich, in den Garten fall' ich nieder Auf weichen Grund, zuruͤck ihm muß ich eilen, Und wiederum beginnt der ſchlechte Scherz. So dien' ich ihm ſchon acht und vierzig Wochen, Und doch iſt er der Albernheit nicht ſatt. Bald ging mein Kleid in dieſer Uebung auf, Da ſteckt' er mich in dieſen Bauernrock. Das war's, was ihr erſt in der Luft geſehn, Das war mein boͤſer, himmelhoher Schwung. Alfred. Nun ſage mir eins, was man in unſern Tagen erlebt! Bei der Geſchichte ſind ge- wiß viel Pilze zu Grunde gegangen. Semmelziege. Ich ſah Euch auf dem Felſenruͤcken ſtehn, Drum wußt' ich nicht, warum mein Herz ſo ſchlug, Vorahndung wars des nahen ſchoͤnen Gluͤcks, Der Jugendfreunde Antlitz bald zu ſchaun. Alfred. Nicht wahr, es giebt einen verfluch- ten Preller, wenn das Brett ſo gegen den Hintern ſchlaͤgt, und die Erſchuͤtterung Dich in die Luft fuͤhrt? Semmelziege. Dies ſagt Dir wohl die eigene Vernunft. Alfred. Nun, man unterrichtet ſich doch gern. Gehts immer gleich hoch? II. [ 30 ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/474
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/474>, abgerufen am 23.11.2024.