Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Die verkehrte Welt. Apoll. Mein Freund, willst Du Dich meinem Dienste weihen, So mußt Du derlei Mißverstand verzeihen; Wer faßt es, was entzückt der Sänger spricht? Zur Finsterniß wird Blöden helles Licht. Das Feuer was Du willst in ihnen zünden, Mußt Du doch schon in ihrer Asche finden, Und ach! die meisten sind schon ausgebrannt, Noch eh sie Licht und Feuer je gekannt. Ich wundre mich, daß dies den Mißmuth weckt, Und Dich aus Deiner heitern Laune neckt; Nein, solltest Du durch böse Schickung allen An einem schlimmen Tage einst gefallen, Dann komm zu dieser Flur zurück und sage Mir Deine große, höchst gerechte Klage. Poet. Beschämt und stolz geh' ich zur Stadt zurück, Getröstet hat mich dieser Augenblick. Apoll. Es muß, mein Freund in diesem ird'schen Leben Auch hin und wieder trübe Stunden geben, Sonst geht es Euch, ihr Menschen, gar zu gut, Und das verdirbt den allerkühnsten Muth. Seht, Herr Poet, ich bin ja selbst ein Gott, Und diene meinen Feinden doch zum Spott, Geschieht das mir zur Strafe meiner Sünden, Mögt Ihr Euch um so eh'r zurechte finden. (sie gehn.) Die verkehrte Welt. Apoll. Mein Freund, willſt Du Dich meinem Dienſte weihen, So mußt Du derlei Mißverſtand verzeihen; Wer faßt es, was entzuͤckt der Saͤnger ſpricht? Zur Finſterniß wird Bloͤden helles Licht. Das Feuer was Du willſt in ihnen zuͤnden, Mußt Du doch ſchon in ihrer Aſche finden, Und ach! die meiſten ſind ſchon ausgebrannt, Noch eh ſie Licht und Feuer je gekannt. Ich wundre mich, daß dies den Mißmuth weckt, Und Dich aus Deiner heitern Laune neckt; Nein, ſollteſt Du durch boͤſe Schickung allen An einem ſchlimmen Tage einſt gefallen, Dann komm zu dieſer Flur zuruͤck und ſage Mir Deine große, hoͤchſt gerechte Klage. Poet. Beſchaͤmt und ſtolz geh' ich zur Stadt zuruͤck, Getroͤſtet hat mich dieſer Augenblick. Apoll. Es muß, mein Freund in dieſem ird'ſchen Leben Auch hin und wieder truͤbe Stunden geben, Sonſt geht es Euch, ihr Menſchen, gar zu gut, Und das verdirbt den allerkuͤhnſten Muth. Seht, Herr Poet, ich bin ja ſelbſt ein Gott, Und diene meinen Feinden doch zum Spott, Geſchieht das mir zur Strafe meiner Suͤnden, Moͤgt Ihr Euch um ſo eh'r zurechte finden. (ſie gehn.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0312" n="303"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die verkehrte Welt</hi>.</fw><lb/> <sp who="#APO"> <speaker><hi rendition="#g">Apoll</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein Freund, willſt Du Dich meinem Dienſte<lb/><hi rendition="#et">weihen,</hi></p><lb/> <p>So mußt Du derlei Mißverſtand verzeihen;<lb/> Wer faßt es, was entzuͤckt der Saͤnger ſpricht?<lb/> Zur Finſterniß wird Bloͤden helles Licht.<lb/> Das Feuer was Du willſt in ihnen zuͤnden,<lb/> Mußt Du doch ſchon in ihrer Aſche finden,<lb/> Und ach! die meiſten ſind ſchon ausgebrannt,<lb/> Noch eh ſie Licht und Feuer je gekannt.<lb/> Ich wundre mich, daß dies den Mißmuth weckt,<lb/> Und Dich aus Deiner heitern Laune neckt;<lb/> Nein, ſollteſt Du durch boͤſe Schickung allen<lb/> An einem ſchlimmen Tage einſt gefallen,<lb/> Dann komm zu dieſer Flur zuruͤck und ſage<lb/> Mir Deine große, hoͤchſt gerechte Klage.</p> </sp><lb/> <sp who="#POE"> <speaker><hi rendition="#g">Poet</hi>.</speaker><lb/> <p>Beſchaͤmt und ſtolz geh' ich zur Stadt zuruͤck,<lb/> Getroͤſtet hat mich dieſer Augenblick.</p> </sp><lb/> <sp who="#APO"> <speaker><hi rendition="#g">Apoll</hi>.</speaker><lb/> <p>Es muß, mein Freund in dieſem ird'ſchen Leben<lb/> Auch hin und wieder truͤbe Stunden geben,<lb/> Sonſt geht es Euch, ihr Menſchen, gar zu gut,<lb/> Und das verdirbt den allerkuͤhnſten Muth.<lb/> Seht, Herr Poet, ich bin ja ſelbſt ein Gott,<lb/> Und diene meinen Feinden doch zum Spott,<lb/> Geſchieht das mir zur Strafe meiner Suͤnden,<lb/> Moͤgt Ihr Euch um ſo eh'r zurechte finden.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(ſie gehn.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [303/0312]
Die verkehrte Welt.
Apoll.
Mein Freund, willſt Du Dich meinem Dienſte
weihen,
So mußt Du derlei Mißverſtand verzeihen;
Wer faßt es, was entzuͤckt der Saͤnger ſpricht?
Zur Finſterniß wird Bloͤden helles Licht.
Das Feuer was Du willſt in ihnen zuͤnden,
Mußt Du doch ſchon in ihrer Aſche finden,
Und ach! die meiſten ſind ſchon ausgebrannt,
Noch eh ſie Licht und Feuer je gekannt.
Ich wundre mich, daß dies den Mißmuth weckt,
Und Dich aus Deiner heitern Laune neckt;
Nein, ſollteſt Du durch boͤſe Schickung allen
An einem ſchlimmen Tage einſt gefallen,
Dann komm zu dieſer Flur zuruͤck und ſage
Mir Deine große, hoͤchſt gerechte Klage.
Poet.
Beſchaͤmt und ſtolz geh' ich zur Stadt zuruͤck,
Getroͤſtet hat mich dieſer Augenblick.
Apoll.
Es muß, mein Freund in dieſem ird'ſchen Leben
Auch hin und wieder truͤbe Stunden geben,
Sonſt geht es Euch, ihr Menſchen, gar zu gut,
Und das verdirbt den allerkuͤhnſten Muth.
Seht, Herr Poet, ich bin ja ſelbſt ein Gott,
Und diene meinen Feinden doch zum Spott,
Geſchieht das mir zur Strafe meiner Suͤnden,
Moͤgt Ihr Euch um ſo eh'r zurechte finden.
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