Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Der gestiefelte Kater.
beten und seine Größe erläutern. -- Reichen Sie
mir doch gefälligst den Knebel dort her, den ich
als ein Denkmal von der Barbarei meines Zeit-
alters und unsrer Landsleute aufbewahren will.
Dichter. Hier.
Bötticher. Ich werde mich Ihrer Gefällig-
keit immer mit Dankbarkeit erinnern.
(geht ab.)
Dichter. O du undankbares Jahrhundert!
(geht ab. Die wenigen, die noch im Theater waren, gehn
nach Hause.)
Völliger Schluß.


Clara und Auguste hatten sich an dieser
Vorlesung ergötzt, Rosalie hatte weniger gelacht
und Emilie war fast ernsthaft geblieben, welche
es tadelte, daß das Theater das Theater paro-
diren wolle, und man also ein Spiel mit dem
Spiele treibe.

Es ist ein Zirkel, sagte Wilibald, der in
sich selbst zurückkehrt, wo der Leser am Schluß
grade eben so weit ist, als am Anfange.

Und was ist hieran auszusetzen? fragte
Manfred: mit der Entstehung des Theaters ent-
steht auch der Scherz über das Theater, wie wir
schon im Aristophanes sehn, er kann es kaum
unterlassen, sich selbst zu ironisiren, was der übri-
gen Poesie ferner liegt, und noch mehr der

Der geſtiefelte Kater.
beten und ſeine Groͤße erlaͤutern. — Reichen Sie
mir doch gefaͤlligſt den Knebel dort her, den ich
als ein Denkmal von der Barbarei meines Zeit-
alters und unſrer Landsleute aufbewahren will.
Dichter. Hier.
Boͤtticher. Ich werde mich Ihrer Gefaͤllig-
keit immer mit Dankbarkeit erinnern.
(geht ab.)
Dichter. O du undankbares Jahrhundert!
(geht ab. Die wenigen, die noch im Theater waren, gehn
nach Hauſe.)
Voͤlliger Schluß.


Clara und Auguſte hatten ſich an dieſer
Vorleſung ergoͤtzt, Roſalie hatte weniger gelacht
und Emilie war faſt ernſthaft geblieben, welche
es tadelte, daß das Theater das Theater paro-
diren wolle, und man alſo ein Spiel mit dem
Spiele treibe.

Es iſt ein Zirkel, ſagte Wilibald, der in
ſich ſelbſt zuruͤckkehrt, wo der Leſer am Schluß
grade eben ſo weit iſt, als am Anfange.

Und was iſt hieran auszuſetzen? fragte
Manfred: mit der Entſtehung des Theaters ent-
ſteht auch der Scherz uͤber das Theater, wie wir
ſchon im Ariſtophanes ſehn, er kann es kaum
unterlaſſen, ſich ſelbſt zu ironiſiren, was der uͤbri-
gen Poeſie ferner liegt, und noch mehr der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#BOET">
              <p><pb facs="#f0258" n="249"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ge&#x017F;tiefelte Kater</hi>.</fw><lb/>
beten und &#x017F;eine Gro&#x0364;ße erla&#x0364;utern. &#x2014; Reichen Sie<lb/>
mir doch gefa&#x0364;llig&#x017F;t den Knebel dort her, den ich<lb/>
als ein Denkmal von der Barbarei meines Zeit-<lb/>
alters und un&#x017F;rer Landsleute aufbewahren will.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DICHT">
              <speaker><hi rendition="#g">Dichter</hi>.</speaker>
              <p>Hier.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BOET">
              <speaker><hi rendition="#g">Bo&#x0364;tticher</hi>.</speaker>
              <p>Ich werde mich Ihrer Gefa&#x0364;llig-<lb/>
keit immer mit Dankbarkeit erinnern.</p>
              <stage>(geht ab.)</stage>
            </sp><lb/>
            <sp who="#DICHT">
              <speaker><hi rendition="#g">Dichter</hi>.</speaker>
              <p>O du undankbares Jahrhundert!</p><lb/>
              <stage>(geht ab. Die wenigen, die noch im Theater waren, gehn<lb/>
nach Hau&#x017F;e.)</stage>
            </sp><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vo&#x0364;lliger Schluß</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <p>Clara und Augu&#x017F;te hatten &#x017F;ich an die&#x017F;er<lb/>
Vorle&#x017F;ung ergo&#x0364;tzt, Ro&#x017F;alie hatte weniger gelacht<lb/>
und Emilie war fa&#x017F;t ern&#x017F;thaft geblieben, welche<lb/>
es tadelte, daß das Theater das Theater paro-<lb/>
diren wolle, und man al&#x017F;o ein Spiel mit dem<lb/>
Spiele treibe.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t ein Zirkel, &#x017F;agte Wilibald, der in<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;ckkehrt, wo der Le&#x017F;er am Schluß<lb/>
grade eben &#x017F;o weit i&#x017F;t, als am Anfange.</p><lb/>
              <p>Und was i&#x017F;t hieran auszu&#x017F;etzen? fragte<lb/>
Manfred: mit der Ent&#x017F;tehung des Theaters ent-<lb/>
&#x017F;teht auch der Scherz u&#x0364;ber das Theater, wie wir<lb/>
&#x017F;chon im Ari&#x017F;tophanes &#x017F;ehn, er kann es kaum<lb/>
unterla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu ironi&#x017F;iren, was der u&#x0364;bri-<lb/>
gen Poe&#x017F;ie ferner liegt, und noch mehr der<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0258] Der geſtiefelte Kater. beten und ſeine Groͤße erlaͤutern. — Reichen Sie mir doch gefaͤlligſt den Knebel dort her, den ich als ein Denkmal von der Barbarei meines Zeit- alters und unſrer Landsleute aufbewahren will. Dichter. Hier. Boͤtticher. Ich werde mich Ihrer Gefaͤllig- keit immer mit Dankbarkeit erinnern. (geht ab.) Dichter. O du undankbares Jahrhundert! (geht ab. Die wenigen, die noch im Theater waren, gehn nach Hauſe.) Voͤlliger Schluß. Clara und Auguſte hatten ſich an dieſer Vorleſung ergoͤtzt, Roſalie hatte weniger gelacht und Emilie war faſt ernſthaft geblieben, welche es tadelte, daß das Theater das Theater paro- diren wolle, und man alſo ein Spiel mit dem Spiele treibe. Es iſt ein Zirkel, ſagte Wilibald, der in ſich ſelbſt zuruͤckkehrt, wo der Leſer am Schluß grade eben ſo weit iſt, als am Anfange. Und was iſt hieran auszuſetzen? fragte Manfred: mit der Entſtehung des Theaters ent- ſteht auch der Scherz uͤber das Theater, wie wir ſchon im Ariſtophanes ſehn, er kann es kaum unterlaſſen, ſich ſelbſt zu ironiſiren, was der uͤbri- gen Poeſie ferner liegt, und noch mehr der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/258
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/258>, abgerufen am 03.12.2024.